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Niyol
Und was, wenn ich fliegen kann?


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Niyol ist offline
02.09.2024 17:05

Hmm. Der Kleine war wohl ein ziemlicher Angsthase und definitiv nicht der schnellste. Als er endlich die ersten Worte seiner Antwort über sie Lefzen gebracht hatte, verließ ihn schon wieder der Mut und er stammelte nur eine weitere Entschuldigung. Immerhin traute er sich eine Bitte vorzutragen, auch wenn Niyol sie als ziemlich unnötig empfand und sich daher eine Gegenfrage nicht verkneifen konnte.

"Meinst du, ich würde mich verhalten, wie ich es tue, wenn ich vorhätte, dich aus unserem Revier zu vertreiben?"

Unwillkürlich musste er wieder den Kopf schief legen. Der Fremde schaute ständig in die Ferne. Sicherlich auch ein wenig, um eine Konfrontation zu vermeiden, aber es war überdeutlich, dass er seinen Kopf nicht unter Kontrolle hatte. Die Bilder, die er dort zu sehen schien, gehörten mit Sicherheit zu den Dingen, über welche er nicht bereit war zu sprechen. Also sparte sich Niyol eine weitere Frage. Bestätigung für seine Einschätzung schaffte eins von diesen Raben Dingern, das sich sich in der Nähe niedergelassen hatte. Irgendwie komisch. Was wollte der hier und noch dazu alleine? Anouk reagierte nicht einmal darauf.
War es eine Gute Idee ihn mit zu schleppen? Andererseits gab er wirklich ein armseliges Bild ab, vielleicht würde es einige im Rudel ja auch zusammenschweißen, ihn ein wenig zu betüddeln. Als gefährlich würde der Graue ihn zumindest nicht einstufen und das war schließlich die Hauptsache oder?

(Anouk | südöstliches Ufer Kristallsee)

"Der Wind wird dein Begleiter sein;
Und du wirst ihn vermissen, wenn völlige Ruhe herrscht."

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Anouk
Gefangener des Schicksals


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Anouk ist offline
03.09.2024 17:17

Worte - in den verschiedensten Formen gab es sie, unendlich viele, und mindestens genau so viele Bedeutungen konnten sie haben. Worte konnten sehr verletzend sein, einen zermürben, zerschmettern, doch konnten sie auch genau so wohltuend sein, heilend, umhüllend. Beide Arten hatte er schon erlebt, dabei die erste Variante zur Genüge. Viel hatte er sich anhören müssen - und man sollte meinen, die Worte würden mit der Zeit ihre Wirkung verlieren..doch dem war nicht so. Es gab aber auch beschwichtigende Worte, Worte, die einen wach rüttelten, einen zum nachdenken brachten, aber auch jene, die einem Vernunft beibrachten. Und eine Mischung aus diesen Dingen waren die Worte, die der graue Rüde nun von sich gab.
Anouks Ohren zuckten, nachdem der Fremde geendet hatte. Er hatte Recht..so würde er sich nicht verhalten, wenn er ihn vertreiben wollen würde. Seine ganze Art wäre dann feindseliger, und nach dem Auftritt, den er sich geleistet hatte..wäre das vielleicht schon passiert. Oder der Fremde würde einfach gehen, weil ihm sein Verhalten zu seltsam erschien. Doch nicht dieser Rüde, nein - er war geblieben. Und er redete mit ihm, war nicht abweisend. Nur..war da ein Wort, das in sein Gedächtnis eindrang, ein Wort, das bis in sein tiefstes Inneres vorpreschte und dort ein seltsames Gefühl auslöste. Ein Gefühl, welches dafür sorgte, dass es ihm leicht die Kehle zuschnürte. "Aus unserem Revier".., hallten die Kopf in seinem Kopf wider, die er gerade eben noch gehört hatte. Langsam sah er zu ihm, vermied aber weiterhin den direkten Blickkontakt. "Euer Revier..?", fragte er dann und man hörte deutlich, wie verunsichert er war. "Hier..leben also noch..andere Wölfe?"
Es war nicht so, dass er nicht damit gerechnet hatte - schließlich musste der Leichnam des schneeweißen Wolfes irgendwo hergekommen sein. Zwar konnte er auch ein Einzelgänger sein, doch..auf Anouk hatte er den Anschein gemacht, als hatte er seine letzten Momente auf Erden nicht allein verbringen müssen. Allerdings war das nur ein Gefühl..also nichts, was eine große Aussage hatte. Es war nur eher so, dass er nicht mehr damit gerechnet hatte, hier noch auf weiteres Leben zu treffen. Wenn diese Krankheit ihm bis hierher gefolgt war..dann wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn sie hier bereits jedes Lebewesen dahingerafft hatte, um hier ein neues Ödland zu formen. Um ihm wieder jede Chance auf Hoffnung zu nehmen, diesmal sogar, bevor diese überhaupt zu ihm hatte durchdringen können.
"Seid ihr also..ein Rudel?", fragte er dann noch. Ihm war bewusst, dass diese Frage überflüssig war, wenn er von einem gemeinsamen Revier sprach, aber..er wollte lieber ganz sicher gehen. Denn dieser Gedanke brachte noch etwas ganz anderes mit sich - der Fremde mochte ihm gegenüber nicht feindselig eingestellt sein, doch was war mit den anderen Wölfen? Was war, wenn sie nicht so waren, wie der Graue, sondern..so kalt, wie die Wölfe aus seinem eigenen Rudel? Was war, wenn sie ihn nicht duldeten? Allein der Gedanke daran sorgte dafür, dass er unweigerlich die Ohren anlegte. Er wollte nicht wieder das durchleben müssen, was er hinter sich gelassen hatte. Er wollte nicht wieder strafenden Blicken ausgesetzt sein. Blicke, die kalt waren. Verachtende Blicke.

Er hatte einen guten Punkt gewählt, um sich niederzulassen, denn von hier aus konnte er wunderbar das Gespräch der beiden belauschen. Und was er hörte, war äußerst interessant - der Fremde sprach von "unserem Revier", das hieß also, dass es hier noch andere Wölfe geben musste, nicht? Und das wiederum konnte ja nur heißen, dass sie ein Rudel waren. Allerdings konnte es aber natürlich auch sein, dass der graue Rüde hier ein eigenes Revier mit einem anderen hatte, vielleicht mit seiner Gefährtin. Nannte man das dann immer noch "Rudel"? Anouk schien dieser Teil seiner Antwort nicht entgangen zu sein und er fragte auch gleich danach, jetzt hieß es also: abwarten.
Zwar war sein gewählter Standort gut, um mitzubekommen, was die beiden da sprachen - nicht aber, um von Anouk gesehen zu werden. Er war perfekt in der Sicht des Grauen, dieser musste ihn schon mitbekommen haben, aber der kleine Wolf hatte ihn noch nicht gesehen, saß er doch zu dessen anderer Seite etwas entfernt auf einem Stein, in diese Richtung hatte er noch nicht geschaut. So fragte er sich abermals: Wann war wohl der richtige Moment, um sich bemerkbar zu machen? Sollte er warten, bis Anouk auffiel, dass er fehlte oder sollte er dem zuvorkommen? Verstohlen sah er zu dem grauen Rüden und musterte diesen kurz. Bisher hatte er sich freundlich verhalten, von ihm schien also keine Gefahr auszugehen. Allerdings wollte er aber auch kein Risiko eingehen, in das Gespräch platzen und ihn so womöglich verärgern. Gleichzeitig wollte er aber auch für Anouk da sein. Es war aber auch verflixt! Hätten sie sich doch nur nicht getrennt, dann wäre er jetzt an der Seite seines Freundes und es würde ihm vielleicht leichter fallen, mit dem Fremden zu sprechen. Verärgert über seine Zerrissenheit und die Machtlosigkeit, die er fühlte, sprang er von seinem Stein, schnappte sich mit seinem Schnabel einen kleinen Kiesel und warf ihn zur Seite, Richtung See. Sehr weit flog er nicht, er erreichte nicht mal das Wasser, stattdessen kullerte er kurz auf dem Boden entlang und kam dann zum erliegen. Nimm das, du..Stein! Erzähl all deinen Steinfreunden, und besonders den Höhlen, dass ihr uns besser nicht nochmal trennt, denn sonst..passiert..das! Ja, dem hatte er es aber gehörig gezeigt! Wer hatte dieser Höhle auch erlaubt, ihn von Anouk zu trennen?


[bei Niyol | Kristallsee, südöstliches Ufer]

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Niyol
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Niyol ist offline
03.09.2024 21:01

So langsam schien der kleine Träumer wach zu werden. Zwar antwortete er nicht auf Niyols Frage, aber die war letztendlich ohnehin eher rhetorisch gewesen. Nein, er hatte doch tatsächlich die kleine Zusatzinfo mitbekommen. Und wie zu erwarten schien er nicht besonders begeistert zu sein. Unwillkürlich musste Niyol bei seiner wiederholten Frage grinsen.
Er holte grade Luft zum Antworten, als der Rabe begann mit Steinen um sich zu werfen. Mit gerunzelter Stirn musterte er ihn kurz. Dieses Federvieh war trotz seiner bisherigen Wortlosigkeit wohl trotzdem von dem Arteigenem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom nicht verschont geblieben. Da er jedoch keinen zweiten Stein zu suchen schien, wandte sich Niyol wieder dem Fremden zu.

"Man könnte unseren Haufen wohl irgendwie trotz allem als Rudel bezeichnen.",

sagte er also mit einem Nicken und stand auf. Es würde wohl besser sein, den Kleinen gleich ins kalte Wasser zu schmeißen, solange er wach war. Seine Augen hatten soeben schonwieder verdächtig ihren Fokus verloren. Zwar nur kurz, aber man konnte ja nie wissen. Es gab mit Sicherheit andere im Rudel, die sich besser um ihn kümmern konnten.

"Schau es dir am besten selbst an. Dann kannst du entscheiden, ob du deine Rast bei uns auf längere Zeit ausdehnen willst, oder doch lieber mit dem Endlosen Winter vorlieb nimmst."


Entschieden drehte er sich vom Ufer weg und drehte den Kopf nach hinten zu dem Hellen. Mit aufforderndem Blick sah er ihn an und wartete auf die entsprechende Reaktion, unsicher, ob er ihn so leicht überrumpelt konnte.
~Aber naja, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.~

(Anouk | südöstliches Ufer Kristallsee)

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Anouk
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Anouk ist offline
05.09.2024 16:50

Ein Rudel..tatsächlich. Der fremde, graue Wolf bestätigte ihm, was er schon vermutet und auch befürchtet hatte. Eigentlich hätte er sich auch freuen sollen, denn das hieß, dass die Krankheit hier nicht so schlimm gewütet hatte, wie er annahm. Dass sie nicht alles Leben genommen hatte. Dass das hier nicht das Ende war. Doch..er konnte sich nicht freuen. Das Gefühl, welches ihm zuvor schon die Kehle zugeschnürt hatte, drang nun tiefer in sein Innerstes ein, in die Untiefen seiner Seele, direkt in sein Herz. Dort breitete es sich explosionsartig aus und es fühlte sich so an, als würde er von einer Erschütterung ergriffen werden. Eine Erschütterung die so stark war, dass sie seinen ganzen Leib beben ließ. Eine Welle aus Angst übermannte ihn und ließ seine Beine wurden schwach. Er konnte nicht anders, als sich auf seinem Bauch nieder zu lassen. Schließlich rollte er sich noch zusammen und vergrub seine Schnauze unter dem Schweif. Verstecken wollte er sich. Verstecken vor dem Wolf vor ihm, vor den anderen Wölfen, vor dem Rudel, vor seinen eigenen Gefühlen - vor der Welt. Zu groß war die Angst davor, auf andere Wölfe zu treffen. Andere Wölfe, die vielleicht nicht so waren, wie dieser Wolf hier vor ihm. Er wollte nicht, dass sich seine Vergangenheit wiederholte.

Langsam drangen ihm nun die anderen Worte des Fremden in die Ohren. Hatte er ihm..einen Platz im Rudel angeboten? Ja..aber er ließ ihm auch die freie Wahl, wieder zu gehen. All das war Grund zur Freude, niemand zwang ihn zu irgendwas, und dieser Wolf vor ihm hatte sich durchweg freundlich verhalten, hatte sich nicht einfach abgewandt. Doch..die Angst war größer, sie übertünchte die Freude, verdeckte sie, machte es ihr unmöglich, Anouk zu erreichen. Seine Angst hatte ihn vollkommen im Griff, ließ ihn nun am ganzen Körper zittern während er eingerollt da lag und durch den Fremden hindurch sah. "I..Ich.., fing er an, doch seine Kehle fühlte sich staubtrocken an. Noch dazu raubte ihm jedes gesprochene Wort den Atem. ..k..kann nicht.., endete er dann und verfiel schließlich in Schweigen. Stattdessen verließ ihn unweigerlich ein Winseln, als die Angst sein Herz so fest umschlang, dass es ihn schmerzte. Dem folgte ein weiterer, stärkerer Zitteranfall.

Kaum hatte er es dem Stein so richtig gezeigt, da spürte er auch schon den Blick des Fremden auf sich und rügte sich innerlich für seinen Gefühlsausbruch. Was gab er denn bitte für ein Bild ab?! Ein besonders guter, erster Eindruck war das ja nicht. Beschämt sah er auf den Boden, betrachtete die anderen Kiesel und nutzte diese Beschäftigung als Vorwand, um in Ruhe weiter dem Gespräch der beiden lauschen zu können. Hätte er nun Ohren, die auch sichtbar waren, so würde man sehen, wie sie sich pfeilgerade aufstellten. Denn er konnte kaum glauben, was der Fremde da von sich gab - er bot Anouk an, sich das Rudel anzusehen und Zeit mit ihnen zu verbringen! Ganz ungezwungen - also..im Grunde bot er ihm damit sogar einen Platz im Rudel an! Er musste sich schon sehr beherrschen, nicht in freudiges Krächzen zu verfallen. Zum einen, da er nicht noch seltsamer erscheinen wollte, aber zum anderen auch, da er unbedingt Anouks Antwort hören wollte. Sag ja, bitte, sag ja..es wird dir gut tun!

Doch alle Freude sollte sich schnell in Wohlgefallen auflösen. Denn Anouk reagierte so, wie er es eigentlich hatte voraussehen müssen. Er war so geblendet von dieser fantastischen Nachricht gewesen, dass er den Ernst der Lage für einen Moment vergessen hatte. Doch dieser holte ihn jetzt wieder schmerzlich ein, als Anouk zu zittern begann und sich schließlich auf dem Boden zusammenrollte. Oh nein..nein, nein, nein.. Was nun? Sollte er zu ihm? Oder würde der Fremde ihn vielleicht sogar davon scheuchen weil er ihn für irgendeinen daher geflogenen Raben hielt, der sich jetzt alles neugierig aus nächster Nähe ansehen wollte? Vogeldreck!, fluchte er und flatterte mit den Flügeln. Er musste es jetzt einfach drauf ankommen lassen, sein kleiner Freund brauchte ihn!


Dunkle Gestalten huschten vor seinem inneren Auge entlang. Er sah kalte Augen, sah stechende, gelbe Augen, und alle starrten sie ihn an, manche hasserfüllt, manche verabscheuend. Er sah aufblitzende Fänge, sah spitze, scharfe Zähne von denen der Speichel tropfte. Zähne, die ihn packen wollten. Mäuler, die ihn mit ihren Worten erniedrigen wollten. Er schloss die Augen, flüsterte "N..Nein..b..bitte nicht..", wollte in die Dunkelheit eintauchen, sich wieder in ihr verlieren, nichts mehr fühlen. Und er spürte auch schon ihren eisigen Griff, ihre betäubende Erlösung, doch dann..drangen Worte an sein Ohr. "Anouk..hörst du mich?", sprach eine ihm vertraute Stimme. Eine Stimme, welche die Dunkelheit zurück hielt. "Ich bin es..Karasu..", fuhr diese Stimme dann in einem weichen, ruhigen Ton fort. Karasu.., wiederholte er in Gedanken. Ein Name, der die Dunkelheit weiter zurück drängte, sie in Zaum hielt. Ein Name, der wie eine helle Lichtkugel vor ihm aufleuchtete. Beruhigend war ihr Schein, warm ihre Ausstrahlung. Das Leuchten, welches von ihr ausging, wurde immer stärker, immer intensiver, breitete sich immer weiter aus..bis es ihn komplett umhüllte. Und plötzlich..fühlte er sich nicht mehr ganz so einsam, nicht mehr ganz so verloren. "K..Karasu!", keuchte er dann und öffnete die Augen schlagartig. Vor sich erblickte er den Raben, welcher ihn besorgt ansah, und hinter ihm war der Fremde.

"Anouk!", krächzte er mit einem erfreuten Glitzern in den Augen. Er hatte es geschafft! Anouks Augen wirkten bereits jetzt schon etwas anders, nicht mehr ganz so trüb, wie zuvor. Das hieß also, dass er zu ihm durchgedrungen war - endlich! Zur Begrüßung berührte ihn der kleine Wolf mit der Nasenspitze am Kopf, dabei entging ihm nicht, wie sein Schweif hin und her zuckte, wenn auch nur ganz leicht. Er entgegnete diese freudige Geste, indem er seinen Kopf kurz an der Schnauze des cremefarbenen Rüden rieb. Den Fremden vergaß er dabei in diesem Moment komplett, aber selbst wenn das nicht der Fall wäre - es wäre ihm egal, viel zu groß war seine Freude darüber, dass er Anouk hatte erreichen können.

[bei Niyol | Kristallsee, südöstliches Ufer]

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Ayjana
Herzenswärme


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Ayjana ist offline
09.09.2024 15:39

Ayjana war verwirrt. Ein Teil dieser Verwirrung spiegelte sich auch in ihrer Mimik und ihrer Körperhaltung. Der aufmunternde Blick war einem fragenden, ja beinahe schon irritierten Ausdruck gewichen. Die Rute, welche vorhin noch so freundlich hin und her geschwungen war, hing nun bewegungslos gegen den Boden und die spitzen Ohren waren leicht zur Seite geklappt. Irritiert und zugleich entschuldigend blickte sie Kachnik an, welcher sich zuerst von Pan und ihr abgewendet hatte und sich aber endlich umdrehte, als er ihre liebevoll mahnenden Worte hörte. Doch er schien ihre Worte wohl in den völlig falschen Hals gekriegt zu haben. Kachnik wirkte eingeschüchtert, noch eingeschüchterte und schien, als wolle er im Boden versinken zu wollen. Das war das letzte, was die friedliebende und harmoniebedürftige Fähe gewollt hatte. Zerknischt warf sie dem jungen Wolf einen Blick zu und drehte den Kopf schliesslich schon fast hilfesuchend zu Pan um. Ihr waren die Worte weggeblieben. Lieber sagte sie nichts mehr als den jungen Wolf weiterhin zu verunsichert. Sie hatte ihn deutlich falsch eingeschätzt, er hatte taff gewirkt, als er mit Avon im Klinsch gelegen war. So wie er sich nun gab, konnte ihn Ayjana überhaupt nicht einschätzen. Auch Pan schien irritiert und wusste wohl gerade nicht wohin mit sich und der Situation.

Glück im Unglück, als der verzweifelte Ruf die Stille durchschnitt und sie alle in Alarmbereitschaft versetzte. Ayjana, welche zuerst einige Sätze in die Richtung des Heulens getan hatte, war unsicher stehen geblieben. Pan aber zog sie schliesslich mit, als er ihr mit einem grossen Sprung nachsetzte und ihr zurief, dass sie laufen sollten. Einen Atemzug lang berührten sich die beiden einander fremden Wölfe und Jana schien Kraft zu tanken. Sie war nicht allein und sie würden sich gemeinsam der Gefahr stellen. Sie waren eine Gemeinschaft und füreinander da! Shiro hatte währenddessen keine Zeit verstreichen lassen und war mit grossen Sätzen davongerast und hatte den drei noch zwischen Tür und Angel zugerufen, dass es sich beim Rufenden um Takata handelte. Sofort machte sich Unsicherheit in ihr breit, Takata war eine starke Wölfin oder hatte zumindest so getan, als sie ihre Fellschwester eingeschüchtert hatte. Was mochte passiert sein, dass solch ein Heulen, welches ihr immer noch das Fell aufstellte, ihren Fang verlassen hatte. Hör auf zu denken! knurrte sie sich innerlich selbst an und hetzte schliesslich der schwarzen Wölfin, Pan und Kachnik hinterher. Ihr Lauf endete jäh, als sie beinahe in Shiro geprallt wäre. Die schwarze Wölfin strahlte eine Aura grosser Wut aus und unwillkürlich wich Jana einige Schritte zurück, ehe sie sich endlich dem Szenario widmete. Das gab es nicht. Nicht schon wieder solche eine Situation. Sie japste nach Luft und ihre Augen wurden gross als sie sah, dass der Bär nicht nur von Takata angegriffen wurde oder eher umgekehrt, nein auch Roghir befand sich inmitten des gefährlichen Szenarios. Jana heulte erschrocken auf. Roghir hatte recht, Takata musste weg hier, sie schien nicht bei Sinnen so wie sie den Bären attackierte… hatte sie Todeswünsche oder was lief falsch in ihrem Kopf?

»Avon?! japste die Wölfin.

Ayjana traute ihren Augen kaum. Sie hatte die Szene weiterhin mit ihren Augen erfasst und einzuschätzen versucht, als ihr Blick auf die vertraute Gestalt fiel, welche mit Valdis etwas entfernt verharrte und dem Schauspiel zuschaute. Täuschte sie sich oder sah sie Begeisterung? Sie musste sich täuschen, vielleicht war ihre Sehkraft nicht mehr ausreichend. Warum war Avon immer in der Nähe, wenn Ärger passierte. Sie wäre beinahe im See ertrunken wegen des Jungwolfes, nun kämpften Roghir und Takata um ihr Leben. Letzte schien mittlerweile bewusstlos zu sein, Jana hatte nicht genau gesehen, was geschehen war, doch sie mussten etwas tun. Ayjana fasste sich ihr ganzes Herz und kratzte ihren ganzen Mut zusammen, als sie in einem sicheren Abstand zu dem tobenden Biest einen Halbkreis schlug und irgendwie zu der weissen Wölfin am Boden gelangte. Entschlossen packte Ayjana ihre Fellschwester am Nackenfell und begann sie aus der Schusslinie zu ziehen. Ihr Herz, welches pochte und rasend schnell schlug, musste meilenweit zu hören sein. Sie durften nicht noch jemanden verlieren, auch wenn es Takata war!

[zuerst am Mondscheinsee bei Pan und Kachnik danach beim Bären, Roghir, Shiro, Pan und Kachnik, Takata aus der Schussbahn ziehend | In der Nähe von Avon, Valdis | Bärenhöhle, Nähe des Mondscheinsees]




Lyrics © Maggie Stiefvater Buchreihe "Die Wölfe von Mercy Falls"
Bild © Elli S. Dawnthieves

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Chester
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Chester ist offline
10.09.2024 10:32

Selbstbewusst trabte Chester voraus und stellte mit einem zufriedenen Schulterblick fest, dass Venryn ihm tatsächlich folgte. Sie befanden sich eindeutig im Vorteil, der Wind trug ihnen nun immer deutlicher den Geruch von Artgenossen zu. Der Geruch nach Furcht war schwächer geworden, jedoch lag noch etwas anderes in der Luft. Eine Mischung aus Verwesung und irgendetwas sonderbarem, was Chester nicht greifen konnte. Doch von Verwesten ging selten Gefahr aus, daher ignorierte er das komische Bauchgefühl, dass sich in ihm breit machen wollte.

Seine kräftigen Beine trugen ihn über eine sanfte Anhöhe und vor ihnen offenbarte sich der Fluss, dessen Rauschen ihn schon lange angekündigt hatte. Und an dessen Ufer tappten zwei junge Wölfe daher, völlig schutz- und ahnungslos. Gut, der Rüde machte zumindest körperlich noch ein wenig her. Doch die kleine Fähe war noch so sehr Welpe, dass Chester kaum glauben konnte, dass sie bisher hier draußen überlebt hatte. Und der andere schien kein Verwandter zu sein.

Nun gut, nicht das Rudel, was Chester sich erhofft hatte aber zumindest Artgenossen. Und vielleicht konnte man wenigstens den Weißen gebrauchen. Chesters Schritte führten ihn geradewegs Richtung Flussufer, wo er die letzten Worte der Fähe noch geradeso im Plätschern des Wassers heraushören konnte.

“Mehr weiß worüber? Mein Kumpel Ven und ich sind recht klug würde ich sagen. Wie können wir euch helfen?“, fragte er bemüht höflich und ließ sich selbstbewusst auf sein Hinterteil plumpsen. Er erwartete von den beiden Halbstarken keine Gefahr und wollte zumindest versuchen, etwas weniger bedrohlich zu wirken.


[bei Venryn, Enaid & Eden | Kältesturmhalbinsel]

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Niyol
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Niyol ist offline
11.09.2024 01:45

Okay, dieser Rüden hatte definitiv Probleme. Niyol war natürlich davon ausgegangen, dass die Möglichkeit bestand, dass der Kleine wieder herumstotterte und nicht mit wollte, als er sich jedoch nun hinter ihm zusammen rollte, rutschte dem Grauen doch ein ungläubigen "Ähhh..." heraus. Den Rest der Frage sparte er sich dann doch, denn der Junge würde wohl kaum auf eine Frage wie "Was wird denn das jetzt?" antworten. Mein Gott, wie hatte dieses apathische Wesen, dort auf dem Boden denn bisher überleben können?
So richtig etwas mit ihm anfangen konnte Niyol nicht. Ohnehin war er noch nie ein guter Tröster gewesen und er hatte bei weitem keine Lust, ausgerechnet jetzt damit anzufangen. Sein Bedürfnis, sich in irgendwelche Dramen mitreißen zu lassen war vollkommen ausreichend befriedigt. Ungewollt hatte er sich zuletzt ja auchnoch sein eigenes geschaffen.
Vielleicht sollte er einfach zu den anderen zurückgehen und fragen, wer sich des kleinen Nervenbündels an der Reviergrenze annehmen wollte? Sicherlich würde sich irgendwer finden.
Zu seiner Überraschung fand sich jedoch jemand ganz anderes, noch bevor Niyol den Hellen verlassen konnte: Der seltsame Rabe, welcher schon die ganze Zeit hier herumturnte. Um sich nicht die ganze Zeit den Hals zu verrenken, drehte sich Niyol automatisch mit dem ganzen Körper wieder leicht zurück. Die beiden kannten sich offenbar und nachdem das Federtier ihn mit seinem Namen angezettelt hatte, schlug der helle Rüde die Augen auf und wiederholten eben jenen.
~War ja klar, dass ich so ein verrücktes Paar abschleppen werde.~, dachte Niyol mit einem schnaufen. Sollte Takata wieder zurück kommen, würde sie ihm für die beiden bestimmt an die Kehle springen. Nicht auszumalen, wenn der schwarze Vögelchen die Widergeburt ihres Tihars wäre. ~Okay, ich übertreibe, so verrückt wird sie doch auch nicht sein oder?~ ...irgendwie war er sich nicht ganz sicher.
Einmal mehr, dachte er schmerzlich an Skadi zurück. Würde sie noch immer mit ihrem klaren Geist das Rudel leiten, bräuchte er sich über so etwas abstrusen keine Gedanken machen. Nun jedoch fragte er sich wirklich, wie die Meute reagieren würde und ob er sich dafür wirklich einsetzen wollte. Wenn er den Rüden anschleppte, das wusste er jetzt schon, würde er sich zumindest im ersten Moment doch irgendwie verantwortlich für ihn fühlen.
Andererseits: Was überlegte er noch? Vertrieben hätte er ihn ohnehin nicht und einfach an der Rudelgrenze ohne Aufsicht herumdümpeln lassen konnte er ihn ja auch schlecht. Ob geistig umnachtet oder auch im Doppelpack mit einem Raben, vorerst würde er ihn mitnehmen müssen. Nur ein einziger Grund, wäre wirklich ein Ausschlusskriterium...
Langsam, um ihn nicht zu erschrecken, ging Niyol an den Rüden und seinen schwarzen Freund heran und hielt prüfenden seine Nase in verschiedene Richtungen seines Körpers: Nein. Was auch immer die Ursache für sein Verhalten war, von der ominösen Krankheit konnte Niyol nichts an ihm riechen, so sehr er sich auch bemühte. Mit einem Schulterzucken ging er wieder auf Abstand, sparte sich jedoch eine Erklärung, die den Kleinen sicherlich sowieso überfordert hätte.

"Seid ihr Zwei bereit? Können wir dann gehen? Ich bin wirklich nicht der richtige, wenn du einen Seelentröster brauchst."
,

sagte er stattdessen und drehte sich ein weiteres Mal demonstrativ in die Richtung, in welche er den Rüden führen wollte. Ob nun mit oder ohne Rabe, ihm war schon alles egal.

(Anouk | südöstliches Ufer Kristallsee)

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Pantalaimon
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Pantalaimon ist offline
13.09.2024 20:28

"Das ist Takata!", schallte eine Stimme zu ihnen herüber. Einen Augenblick später tauchte die schwarze Shiro neben ihnen auf, ebenfalls alarmiert von dem panischen Geheul. Mit einer letzten schnellen Bemerkung, die einer unausgesprochenen Aufforderung glich, stob sie auch schon an ihnen vorbei - hin zu der Quelle des ganzen Trubels. Auch Ayjana war aus ihrer Starre gewacht und hatte sich wie er an die Fersen der souveränen Fähe geheftet. Und sogar den betröppelte Jungrüde hörte er hinter sich durchs Unterholz springen. Sie alle waren bereit Takata und den anderen zur Hilfe zu eilen.

Und die brauchten sie offenbar dringend. Als er Shiro einholte, die bebend vor Rage am Rande einer Lichtung gestoppt hatte, offenbarte sich ihm ein unglaubliches Szenario. In der Mitte der Lichtung bäumte sich ein riesiger Bär auf und schlug wütend um sich. Um ihn herum rannte Roghir, der wohl versuchte ihn abzulenken. Abzulenken von dem weißen Körper, der dicht neben dem Kollos am Boden lag - das war Takata! Sie schien ohne bewusstsein, vielleicht sogar tot. Doch von Avon und Valdis fehlte jede Spur. Vermutlich war das auch besser so.
Der Braunpelz wollte helfen, bevor auch noch Roghir zu Schaden kam und das Rudel zwei weitere sinnlose Tode betrauern musste, nachdem es vor kurzem erst ihre Anführerin hatten zu Grabe tragen müssen. Trotzdem hielt er sich an Shiros unmissverständliches, wenn auch stummes, Geheiß und blieb wo er war. Einem Bären hatte der vom Hunger gezeichnete Rüde ohnehin nicht viel entgegenzusetzen. Auf seinen Reisen war er den großen, braunen Tieren schon ein ums andere Mal über den Weg gelaufen, doch zu einer Auseinandersetzung war es glücklicherweise nie gekommen.

Neben ihm stieß Ayjana ein ungläubiges Japsen aus. Hatte sie da gerade Avon gesagt? Verwirrt folgte Pan ihrem Blick und tatsächlich - auf einer Anhöhe, abseits der Gefahr, stand der alberne Rüde zusammen mit Valdis. Die beiden allerdings machten in keinster Weise den Anschein sich zu sorgen. Im Gegenteil, sie schienen geradezu unbekümmert. "Das darf doch nicht wahr sein...", murmelte er vor sich hin. Nun war es an Pan wütend zu sein. Besonders auf Valdis. Von Avon hatte er nicht viel erwarten können, er hatte bisher ja nicht viel von ihm gesehen. Und auch wenn er Valdis ebenfalls nur flüchtig kannte und wusste, dass sie und Takata wohl keine besten Freunde werden würden, war er enttäuscht darüber, dass sie sie und Roghir, der nun schon wieder versuchen musste die Lage zu retten einfach bei ihrem potenziellen Todeskampf beobachtete ohne mit der Wimper zu zucken.

Die weiße Fähe neben ihm unterdes war hinunter in die Senke geschossen und hatte Takata im losen Nackenfell gepackt und machte sich daran, sie in Sicherheit zu zerren. Pan spannte sich an, bereit ebenfalls in Aktion zu treten, sollte es noch eine Ablenkung brauchen. Mit Kraft konnte er zwar nicht dienen, aber flink war er und würde Roghir und den beiden Fähen zumindest etwas Zeit verschaffen können.

[ neben Shiro; in der Nähe von Ayjana, Roghir, Takata, Avon, Valdis | Bärenhöhle, Nähe Mondscheinsee]

'You crave the applause, yet hate the attention, then miss it - Your act is a ruse.'

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Anouk
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Anouk ist offline
15.09.2024 19:20

Niemand würde je in der Lage sein, den Platz einzunehmen, den Karasu innehatte. Er war nicht einfach nur ein Freund..er war jemand, von dem er wusste, dass er ihn verstand, dass er ihn nicht verurteilte. Jemand, dem er alles anvertrauen konnte. Er war seine Stütze, er gab ihm Sicherheit..er hielt die Dunkelheit fern. Der fremde Wolf hingegen..war im Moment nicht mehr, als das. Ein Fremder. Jedoch einer, der ein Versprechen mit sich brachte. Ein unausgesprochenes Versprechen..eine Aussicht auf Hoffnung. Er bot ihm an, das Rudel kennenzulernen, das hier sein Revier hatte - und das ganz ohne Verpflichtungen, denn es stand ihm frei, jederzeit wieder gehen zu können. Besser konnte es doch nicht laufen, oder? Selbst seine Angst, die Krankheit könnte sich hier ausgebreitet haben, hatte sich bisher nicht bewahrheitet. Denn sonst hätte er ihm doch dieses Angebot nicht gemacht, oder? Kaum war dieser Gedanke gefasst, kam der Fremde auch schon zu ihm und beschnupperte ihn an verschiedenen Stellen, was er zunächst wortlos hinnahm. Was hatte das zu bedeuten? Langsam richtete er sich auf, seine Beine waren noch etwas zittrig, doch er wollte nicht noch einmal zu Boden gehen und atmete tief durch, bevor er nun in die Richtung des Fremden sah. Als dieser dann noch etwas sagte..musste er allerdings schlucken. Zum einen schien er es eilig zu haben, und zum anderen..der letzte Teil seines Satzes versetzte ihm einen leichten Stich. Seufzend sah er zur Seite. War er bereit? Er wusste es nicht..wie auch, wenn er nicht mal wusste, was er wollte? Wenn er nicht mal wusste, ob er zum Rudel wollte? "Ich..weiß es nicht..", brachte er dann murmelnd hervor. Und über seine Unschlüssigkeit ärgerte er sich auch selbst..er hielt diesen Wolf nicht nur davon ab, zu seinem Rudel zurück zu kehren, nein, er hatte ihn auch mit seinen Problemen belastet - warum sonst hatte er das mit dem "Seelentröster" gesagt?

Er schien genau den richtigen Moment gewählt zu haben, Anouk richtete sich schließlich sogar wieder auf und sprach zu dem Fremden. Doch..es war eindeutig, dass er sich mit der ganzen Sache nicht wohl fühlte, was er nicht zuletzt daran merkte, dass er den Blick abwandte und nur knapp antwortete. Doch es war ihm nicht zu verübeln, der Fremde..hatte nicht gerade die besten Worte gewählt. Worte besaßen eine Menge Macht, war ihm das denn nicht bewusst? Er sah nun auch zu dem Fremden und räusperte sich. "Entschuldigung..aber kann es sein, dass dir.." ..Feinfühligkeit ein Fremdwort ist?, beendete er dann den Satz in Gedanken. Nein, so durfte er nicht anfangen. Der Fremde war gastfreundlich, das durfte er jetzt nicht verspielen. "..gerade eben etwas..herausgerutscht ist?", fragte er stattdessen.

"Du meintest, dass man euren 'Haufen trotz allem als Rudel bezeichnen kann', was hat es damit auf sich? Wie viele seid ihr denn? Und..bist du ihr..Anführer? Entschuldige all diese Fragen, aber..wenn ihr ein 'Haufen' seid klingt das so, als wäre euer Zusammenhalt..nicht der beste, und wir wollen natürlich niemandem zur Last fallen..oder noch mehr Unruhe oder Probleme in eure Gemeinschaft bringen, wenn ihr sowieso schon Schwierigkeiten habt. Ich frage, da wir.." Nein, das war nicht richtig. Er selbst hatte diese Erfahrungen nicht gemacht. Aber er konnte jetzt auch nicht einfach für Anouk sprechen..zumindest noch nicht. Und vielleicht auch nicht mit dem grauen Wolf. "..schlechte Erfahrungen gemacht haben. Und gerade in Zeiten, wie diesen kann man nicht sicher genug sein. Gemeinsam ist man zwar stärker..aber ein Rudel ist auch nur wirklich eines, wenn sich einer auf den anderen verlassen kann. Ansonsten..kann nur von einer Meute die Rede sein. Seid ihr also nun eher eine Meute..oder doch ein Rudel?"


Er lauschte den Worten Karasus und zuckte schlussendlich innerlich zusammen. Was stellte er ihm da für Fragen? Klar, sie waren berechtigt, aber..sollte er so etwas fragen? Wie würde der Fremde wohl darauf reagieren? Er zwang sich nun, in seine Richtung zu schauen, um nicht unhöflich zu wirken und die Situation im Zweifelsfall noch schlimmer zu machen. Bisher hatte er den Fremden noch gar nicht richtig betrachtet geschweige denn, ihm in die Augen gesehen. Doch..dazu sollte er jetzt auch nicht kommen, denn nachwievor ging ihm das fremde Rudel nicht aus dem Kopf. War er dazu bereit, ein Fremdes Rudel zu treffen? Wollte er das überhaupt? Beides waren Fragen, auf die er keine klare Antwort wusste. Alles, was er wusste und verspürte war das beklemmende Gefühl, das ihn beschlich und ihm die Kehle zuschnürte, wenn er an ein fremdes Rudel dachte. Die Angst, die sich in ihm breit machte und es ihm unmöglich machte, einen klaren Gedanken zu fassen - und so auch die Beantwortung dieser Fragen verhinderte.

[bei Niyol | Kristallsee, südöstliches Ufer]

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Niyol ist offline
16.09.2024 14:36

'Ich weiß es nicht.', na immerhin, das war doch mal eine normale Antwort. Niyol reichte sie vollkommen aus, um zu einem leisen Lächeln zurück zu finden. Bevor er jedoch eine weitere Aufforderung aussprechen konnte, plusterte sich der schwarze Vogel auf. Wollte er ihm jetzt wirklich eine Standpauke halten? Ein bisschen genervt, aber auch belustigt legte er grinsend den Kopf schief und wartete, bis das Federtier mit seinem Wortschwall fertig war. Dann senkte er den Kopf auf dessen Höhe und trat weiterhin die Zähne zeigend an ihn heran.

"Sei froh, dass ich keinerlei Ambitionen zu einem Alpha habe, sonst könntest du mit dieser Art Schwierigkeiten bekommen."

Nach dem letzten Wort ließ er seinen Kiefer geräuschvoll zusammenklappen, bevor er mit einem kichern, kopfschüttelnd wieder zurück trat und mit ernsterem Ton weitersprach:

"Es suchen hier viele Schutz vor dem Eis, deswegen sind die Bande der Wölfe noch unterschiedlich stark geknüpft. Unsere Alpha ist bei der Jagd verunglückt, sodass unsere Meute derzeit keine feste Führungsposition mehr inne hat."

Er konnte nicht anders, seine Stimme wurde automatisch dunkler, als er so distanziert von Skadi sprach. Aber er würde den Teufel tun, mit jemandem über dieses Thema zu reden und schon gar nicht mit einem verzweifeltem Wolf und seinem Vogel.

"Du scheinst irgendeine Garantie zu wollen. Falls es dir hilft, kann ich dir versprechen, dass ich Sorge dafür trage, dass ihr problemlos wieder gehen könnt, sofern ihr das möchtet. Reicht das?"

Fast hätte er auch körperliche Unversehrtheit hinzugefügt, denn wer würde die beiden schon mit Gewalt vorm Gehen abhalten wollen? Allerdings war dieses verflixte Krankheitsding zu präsent, als dass er sich hier in irgendwas verwickeln lassen würde. So schlecht er sich auch fühlte, er würde sich nicht selbst und seine Werte verraten. Sollten sie jetzt weiterhin Probleme haben, würden sie eben wieder zurück in den Schnee gehen müssen. Er war sich ohnehin nicht mal sicher, ob das nicht sogar die bessere Option wäre. Nur der Gedanke, dass Skadi sich für die Wölfe in dieser grünen Oase entschieden hatte trieb ihn so schnell zurück. Noch war er nicht bereit, die Erinnerung an die Sandfarbene infrage zu stellen. Noch wollte er einfach ihren Entscheidungen folgen und damit ihrem Geist so nah sein, wie er es irgendwie konnte.

(Anouk | südöstliches Ufer Kristallsee)

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Anouk
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Anouk ist offline
17.09.2024 20:23

Eigentlich war es nicht seine Absicht, hier irgendjemanden zu beleidigen. Was hatte dem Fremden denn nun so aufgestoßen, dass er sich hier wie der Alpha aufspielen musste, der er nach eigenen Aussagen nicht war? Oder viel mehr..der er nicht sein wollte? Er hörte seinen Worten aufmerksam zu und zuckte auch nicht zurück, als der Graue ihn mit seinem Zähneklappern einschüchtern wollte. Denn große Töne spucken konnte jeder. Und er kannte diesen Wolf zwar kaum, doch schon jetzt wusste er, dass er sich nur aufspielte - mit Betonung auf das "spielen". Er wollte sehen, wie er reagierte. Er war ganz wie ein Rabe, der andere provozierte, um ihre Reaktionen zu sehen. In diesem Wolf steckte also mehr Rabe, als in ihm selbst, denn er war nicht so. Er hielt nicht viel davon, andere zur eigenen Belustigung zu provozieren. Als er dann endlich geendet hatte atmete er tief durch. Unangenehmer Zeitgenosse..dabei wirkte er anfangs noch ganz anders. Aber man sollte sich eben nie vom ersten Eindruck täuschen lassen.

"Zunächst..mein Beileid für den Verlust eurer Alpha. So etwas ist für ein Rudel nie leicht..aber..wenn ihr bisher noch nicht daran zerbrochen seid..dann stehen die Zeichen gut, dass ihr das auch weiterhin nicht werdet. Außerdem..möchte ich mich entschuldigen. Es war nicht meine Absicht, euer Rudel als Meute zu bezeichnen, ich wollte lediglich fragen, wie es um euch steht. So entstand dann wohl ein..Missverständnis." Kurz räusperte er sich und wollte dann wieder ansetzen, doch..dazu kam er gar nicht, denn plötzlich schob sich eine Wand aus cremefarbenem Fell zwischen ihn und den Fremden - Anouk.


Er hatte ja mit allem gerechnet - aber nicht mit der Reaktion des Fremden. Und sein Verhalten, seine Körpersprache, seine Aktionen..all das brachte ihn zum schaudern. Wie er ihm entgegen grinste, wie er dann an ihn heran trat, sein Gebiss zuschlagen ließ und dann noch kicherte..für einen Moment wandelte sich dass Fell des Fremden von grau in schwarz um und seine Augen wurden stechend gelb. Er sah Nirays teuflisches Grinsen, sah seine Zähne aufblitzen, hörte ihn lachen..ohne, dass er es kontrollieren konnte stieg in ihm ein Knurren auf. Wie ferngesteuert, wie von einer fremden Kraft gesteuert, setzte er sich in Bewegung und drängte sich zwischen Karasu und den Fremden, welchen er nun fest ansah. Wortlos behielt er den Grauen im Blick. Das Knurren war schon längst wieder verebbt, auch sonst zeigte er keine Drohgebärden. Er sah ihn einfach nur an und es dauerte einen Moment, bis er dann schließlich etwas sagte.

"Eine Frage habe ich aber auch noch. Nicht weit von hier, da fand ich einen schneeweißen Wolf auf dem eisigen Boden..er war tot. Doch er ist nicht auf natürliche Weise gestorben..an seinen Lefzen klebte getrocknetes Blut und er hatte einen Geruch an sich.." Nun stockte er und blinzelte. Allein der Gedanke an diesen Geruch reichte schon, um ihm wieder einen heftigen Stich zu versetzen. Leise seufzte er und ließ dann schließlich den Blick von ihm ab. "Einen Geruch..dem ich vorher schon begegnet bin..der Geruch..einer Krankheit. Seid ihr von dieser Krankheit verschont geblieben und dieser Wolf war nur ein Einzelfall..oder..?" Oder was? "Oder hat sie schon mehr von euch getötet?" Das wollte er nicht fragen. "Oder war es diese Krankheit, die eure Alpha getötet hat?" Das konnte er auf gar keinen Fall fragen, zumal er auch keinen Grund hatte, daran zu zweifeln, dass sie bei einer Jagd gestorben war. Andererseits..hatte er ihn ja auch so seltsam beschnuppert, doch warum sollte er die Krankheit geheim halten? Es kam wohl nun ganz darauf an, was er antworten würde.

[bei Niyol | Kristallsee, südöstliches Ufer]

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Niyol
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Niyol ist offline
21.09.2024 21:38

Der Vogel zeigte interessanter Weise keinen Schrecken und vertraute offenbar darauf, nicht angegriffen zu werden. Interessant. Niyol war gespannt, ob ihm das bei einigen anderen zum Verhängnis werden könnte. Trotzdem rudert er etwas zurück und schien die Wogen glätten zu wollen. ~Äußerst diplomatisch für einen Raben.~, bemerkte Niyol und nickte einfach nur, um zu signalisieren, dass er das Thema damit auch gerne einfach auf sich beruhen lassen wollte. Das Federtier holte grade Luft, offensichtlich um weiter zu sprechen, als sein Fellfreund plötzlich zum Leben erwachte und sich nun mit einem Knurren zwischen sie schob. Etwas irritiert über diese verspätete Reaktion, runzelte Niyol die Stirn.

"Es ist ja schön, endlich eine selbstbewusstere Reaktion von dir zu bekommen, aber bist du nicht irgendwie etwas spät dran? In der Zeit hätte ich ihm doch locker den Kopf abgebissen, wenn das meine Absicht gewesen wäre."

Ja, er war definitiv kein Diplomat. Es gab Gedanken, die trug seine Zunge einfach ungefiltert nach draußen. Vielleicht hatte er es deswegen auch irgendwann einfach zu seiner persönlichen Kunst erkoren, auch an anderer Stelle auf diese Weise zu sprechen. Vermutlich würde es ihn einige Anstrengungen Kosten, wenn er dieses Verhalten ändern wollte. Zum Glück war dies jedoch nicht der Fall denn er hatte die Reaktionen darauf lieben gelernt.
Während sich Anouk beruhigte, legte Niyol ihn musternd den Kopf schräg. Hätte er gewusst, dass er den Rüden damit aus der Reserve locken konnte, hätte er schon früher mit seinem schwarzen Freund Fangen gespielt.
Leider wechselte er nun unvermittelt das Thema. Undzwar in eine Richtung, die Niyol so gar nicht gefallen wollte. Mit einem Seufzen ließ er sich auf seinen Hintern plumsen.

"Das klingt wirklich nicht gut."

Tja, was war schon ein natürlicher Tod? Irgendwie hatte Niyol in seiner Lebenszeit feststellen müssen, dass es dieses angeblich friedvolle Einschlafen, welches dieses 'natürlich' wohl irgendwie ausdrücken sollte, eigentlich nicht wirklich gab. Wo sollte er mit diesem Krankheitsthema anfangen? Am Ende konnte er hier keine gute Antwort geben, denn was nicht war, konnte immernoch werden.
Nach kurzem Überlegen entschied er sich für eine Kurzfassung.

"Es ist leider nicht der erste Wolf von dem ich höre. Es gab deswegen ernsthafte Disskussionen im Rudel, die aber am Ende zu nichts führten, weil wir, bis auf den Geruch an den Toten, nicht wissen worauf wir achten müssen und ob man etwas gegen diese Krankheit tun kann. Wir mussten feststellen, dass unsere Alpha nach ihrem gewaltsamen Tod auch nach jener Krankheit roch, ohne dass zuvor etwas zu bemerken war. Dementsprechend könnte jeder krank sein,oder auch nicht."

Automatisch schüttelte er sich und stand bereits wieder auf.

"Falls du uns irgendwelche weiteren Hinweise dazu geben kannst, wären die anderen sicherlich auch froh deine Worte zu hören."

Auf keinen Fall wollte er dieses Gespräch doppelt führen, also machte er einmal mehr eine auffordernde Geste, endlich aufzubrechen, um die anderen zu treffen.
Außer natürlich der Kleine wollte nun niemanden mehr kennenlernen. Dann würde Niyol wohl oder übel allein schauen müssen, ob Anouk noch etwas hilfreiches wusste.

(Anouk | südöstliches Ufer Kristallsee)

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Enaid
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Enaid ist offline
22.09.2024 16:16

Sie liefen weiter, durch den Schnee, fort vom Fluss, fort von dem was ihnen eine solche Angst gemacht hatte. Unterwegs schüttelte Enaid nochmals das Wasser aus seinem Fell, die kristallenen Eiszapfen lösten sich nur mit leichtem Ziepen aus seinem Fell. Ein Bad im Fluss war definitiv nichts was bei den Temperaturen zu empfehlen war. Sein Blick fokussierte nur selten etwas direkt, die Erschöpfung steckte in jedem Muskel, jedem Knochen und eigentlich wollte sich der Rüde nur noch hinlegen und schlafen. Aber das musste warten, bis sie in Sicherheit waren.

Unruhig huschte sein Blick über die Umgebung bis er an zwei Gestalten hängen blieb, die er nicht wittern konnte aber zumindest sehen konnte. Wölfe, von dem was er sah. Normale oder wie der Schattenwolf? Sie schienen sich normal zu bewegen. Er richtete den Blick kurz auf Eden und deutete mit der Schnauze nach vorne. "Eden, schau. Dann lauschte er wieder ihren Worten und blickte nach vorne, wo die Wölfe bereits nahe genug waren damit sie ihre Stimmen hören konnten.

Er machte einen Satz nach vorne und stellte sich ein Stück vor Eden damit diese im Falle der Fälle fliehen könnte, das Nackenfell war gesträubt und ein warnendes knurren glitt aus seinem Rachen. Auch wenn er nichts riechen konnte was ihn an Verwesung erinnerte, würde er kein Risiko mehr eingehen, nicht nach dem letzten mal.

"Wieso solltet ihr uns helfen wollen? Wer seid ihr überhaupt?" Immerhin, dass musste er dem anderen lassen, konnte er Sätze sprechen - das konnte der Schattenwolf nicht. Aber Sicher sein mussten sie. Er musste Eden beschützen - und hoffte gleichsam das es nicht ihr Schicksal sein würde ständig zu fliehen, sie war so jung. Und auch Enaid war sich darüber im klaren, dass er jünger war als die beiden Wölfe vor ihm und alleine vermutlich keine Chance hatte, aber er würde nicht einfach aufgeben - nie wieder. Sie beide, Eden und er, wollten Hilfe holen, eine Lösung finden und er würde nicht aufgeben bevor das nicht erreicht war, koste es was es wollte.

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Anouk
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Anouk ist offline
23.09.2024 18:48

Die Antwort des Fremden auf sein Knurren ließ ihn stutzig werden, so sah er ihn für einen Moment verständnislos an. Verstand er wirklich nicht, worum es ging? Nein..natürlich nicht.., beantwortete er sich die Frage dann kurz darauf selbst. Er konnte nicht wissen, warum Anouk so gehandelt hatte. Er konnte nicht wissen, was in seinem Kopf vorging. Wie auch? Doch ungerechtfertigt war sein Handeln dennoch nicht. Denn auch, wenn der Fremde gar nicht vorgehabt hatte, Karasu weh zu tun, so hatte er ihm doch gedroht und sich dann einen Spaß daraus gemacht. Aber warum? Was brachte einen Wolf dazu, so etwas zu tun? Das war eine Frage, die er sich oft gestellt hatte - besonders bei Niray. Ihn und den Fremden unterschied zwar noch so einiges, doch in dieser einen Sache glichen sie sich in diesem Moment. Beide fanden sie Gefallen an dem Leid anderer. Und dabei waren sie sich der Wirkung ihrer Taten durchaus bewusst. Dem Fremden schien es dabei um die eigene Belustigung zu gehen. Doch wieder war da diese Frage..warum? Was bewegte ihn dazu? Fast war er gewillt, nachzufragen, doch er quittierte das ganze dann mit einem leisen Seufzer, wenn auch eher für sich selbst. Denn er war nicht in der Position, danach zu fragen, und auch nicht in der Lage..nicht hier, nicht jetzt. Zudem war er auch niemand, der Streit suchte, vielmehr suchte er den Frieden. Und schon allein aus diesem Grund beschloss er, sich nicht weiter zu äußern.

Er lauschte nun den Worten des Fremden aufmerksam, doch als er dann davon berichtete, dass die Alpha nach ihrem gewaltsamen Tod nach der Krankheit gerochen hatte..spürte er wieder den altbekannten Stich. Ein schmerzliches Gefühl, das sein Herz umfasste und seine Gedanken vernebelte. Er hörte dann noch, wie er sagte, dass die anderen auch gern hören würden, wenn er irgendwelche Hinweise hatte. Doch hatte er die? Es wäre wahrscheinlich hilfreich zu erfahren, was die anderen bereits wussten, doch dafür..musste er zum Rudel. Und da war es auch schon wieder, das leidliche Thema..das Rudel. Der Fremde unternahm noch dazu einen weiteren Versuch, ihn zum mitkommen aufzufordern und ihm wurde klar - er würde jetzt eine Entscheidung treffen müssen.

Mit einem erneuten Seufzer setzte er sich und sah auf seine Pfoten. Die Pfoten, die ihn schon so weit gebracht hatten..die ihn hierher gebracht hatten, ganz von allein, so, als schienen sie ein Ziel zu verfolgen, das er nicht kannte. Erst, als er hier angekommen war, hatten sie gestoppt. Hieß das also..das hier war ihr Ziel? Sein Ziel? Doch warum? Was wollte er hier? Wie konnte das sein Ziel sein..wenn er sich nicht mal fühlte, als wäre er angekommen? Wenn er nicht mal wusste, ob er bleiben wollte? War das Rudel sein Ziel? War es seine Bestimmung, auf diesen fremden Wolf und durch ihn auf das Rudel zu treffen? Langsam blickte er auf und sah den Fremden an, seine Augen wirkten fast schon etwas hilfesuchend. Doch ihm war bewusst, dass der Fremde ihm nicht helfen konnte..wobei er das eigentlich schon gemacht hatte. Er hatte versucht, ihn zu überreden, zum Rudel zu kommen, ihm die Angst und die Sorgen zu nehmen.
Langsam blinzelte er. Ja, er hatte versucht, ihm zu helfen. Aber wie konnte das sein? Wie konnte ein Wolf einen Wesenszug wie den Nirays besitzen und gleichzeitig Hilfsbereitschaft in sich vereinen? Doch das war nicht das einzige, das ihn verwirrte und ihm zu denken gab..warum hatte er versucht, ihn zu überreden? Hätte er selbst sich nicht dafür einsetzen müssen, in das Rudel aufgenommen werden zu dürfen? Dieser Wolf hatte bereits jetzt schon viel für ihn getan..und er hatte es nicht mal gemerkt.

"Ich..komme mit..", entfuhr es ihm dann und er zuckte bei seiner eigenen Antwort leicht zusammen. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Er würde ihn begleiten..und das Rudel kennenlernen. Wenn das hier wirklich sein Ziel sein sollte..dann wollte er dem ganzen eine Chance geben. Was er sich davon versprach..das wusste er nicht. Er wusste nicht, wie es für ihn hier weitergehen sollte, was er sich erhoffte, zu finden. Doch eines wusste er..er wollte später nicht bereuen, dass er sich die Chance hatte entgehen lassen, etwas zu finden, von dem er nicht wusste, was es war. Und vielleicht half ihm der Aufenthalt hier auch herauszufinden, was das war. Doch hatte er noch ein weiteres Anliegen..dieser Wolf hatte ihm geholfen. Ihm, einem fremden Wolf. Er wollte das wieder gut machen, wollte sich bei ihm bedanken, ihm helfen..dem Rudel helfen. Denn sie alle hatten einen gemeinsamen Feind. Einen unsichtbaren Feind, der Leid über sie gebracht hatte. Und wer weiß..vielleicht würde es ihnen auch gelingen, diesen zusammen zu..besiegen?

All diese Gedanken waren Antrieb genug, um ihn schließlich wieder aufstehen zu lassen. In der Dunkelheit, die ihm innewohnte, in der endlosen Leere, war nun ein Funken Hoffnung aufgeleuchtet. Sein persönliches Licht, das ihm den Weg durch die Finsternis seiner Gedankenwelt zeigen würde. Er sah zu Karasu hinab und bedeutete ihm, auf seinem Rücken Platz zu nehmen, indem er mit der Nase dorthin zeigte. Das ließ sich der Rabe auch nicht zweimal sagen, erhob sich mit ein paar Flügelschlägen in die Lüfte und landete dann auf seinem Rücken, wo er oft Platz nahm. Manchmal saß er auch zwischen seinen Schulterblättern und ab und zu sogar auf seinem Kopf. Doch ihn störte das nicht im geringsten. Karasu war sein bester Freund, das Licht, das ihm immer bleiben würde, egal, was war. Dann sah er wieder zum Fremden und tat einige, wenn auch vorsichtige, Schritte auf ihn zu. Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen zeichnete sich sogar ein zaghaftes Lächeln auf seinen Lefzen ab.

[bei Niyol | Kristallsee, südöstliches Ufer]

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Eden
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Eden ist offline
25.09.2024 11:38

Gerade noch hatten sie darüber gesprochen, dass sie in ungünstiger Windrichtung liefen, da zeigte sich schon die Konsequenz dessen in Gestalt zweier Wölfe, die nun von einer Anhöhe aus auf sie hinab blickten. Sie hatte die beiden erst bemerkt, als einer von ihnen - ein hochgewachsener, grauer Rüde das Wort an sie richtete und Enaid neben ihr sie darauf aufmerksam machte.

Unter normalen Umständen wäre sie auf die Fremden vermutlich ebenso naiv und freudig zugegangen, wie es bei ihrem weißen Beschützer der Fall gewesen war. Doch ihre letzte unliebsame Begegnung mit dem Schattenwolf - wie Enaid ihn nannte - steckte ihr noch tief in den Knochen. Also ordnete sie sich bereitwillig hinter ihrem Begleiter ein, schielte aber seitlich an ihm vorbei. Ihre Ohren hatte sie flach angelegt, die Rute zwischen den Beinen eingeklemmt und den Kopf gesenkt. Mit großen Augen, an deren Rändern das Weiße gerade deutlich hervortrat behielt sie die Neuankömmlinge im Blick. Ihre Lefzen zuckten immer wieder leicht nach oben, als wäre sie sich selbst noch nicht ganz einig, ob sie die Zähen fletschen wollte, oder nicht. Natürlich war der jungen Fähe bewusst, dass Enaid und sie im Nachteil wären, würde es tatsächlich zu einem Kampf kommen.

Zu ihrer großen Erleichterung stellte sich schnell heraus, dass es sich bei den Fremden zumindest nicht um weitere kranke Wolfshüllen handelte. Sie stanken nicht nach faulem Fleisch, stierten nicht aus wirren Augen heraus zu ihnen herüber und sahen auch nicht aus, als würde der Tod längst an ihnen nagen. Sie entspannte sich etwas. Besonders als der forsche Graue Hilfe anbot, ließ die kleine Fähe sich etwas aus der Reserve locken. Zumindest fühlte sie sich nun sicher genug, dass sie etwas aus Enaids Schatten heraus treten und einen kleinen Schritt nach vorn gehen konnte. Trotzdem pendelte ihre Rute unschlüssig und aufgeregt von links nach rechts. Rückversichernd sah sie zu Enaid auf, der erstmal skeptisch blieb und die beiden körpersprachlich auf Abstand hielt.

[neben Enaid; bei Chester und Venryn | Kältesturm-Halbinsel]

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30.09.2024 18:32



Geschafft! Die weiße Nervensäge mit der Kreischstimme hatte er ausgeschaltet. Sie ging zu Boden wie eine zerschlagene Fliege. Er hätte jetzt auf sie drauftreten und ihr den Brustkorb brechen können, doch war es nicht in seinem Interesse, irgendjemanden aus irgendeinem Blutdurst heraus zu töten. Zwar war es nur Wolfsblut und es war ihm schlicht egal, ob diese Kreaturen starben, doch scherte es ihn schlicht nicht. Hinzu kam, dass die Meute aus Spitzohren immer größer wurde. Jetzt tragen noch zwei männliche Exemplare auf die Bühne, von denen das eine etwas heruntergekommen wirkte. Der allein hätte ihm niemals etwas anhaben können, doch in der Gruppe wurden sie zur echten Last. Inzwischen war auch er etwas aus der Piste und er sank erschöpft zurück auf alle Viere. Erstmals fiel ihm auf, dass – außer der Weißen – kein Wolf gezielte Angriffe gegen ihn austeilte. Der dunkle Wolf schien zwar wütend und drohte ihm mit seinem lächerlichen kleinen Gebiss, hielt aber dennoch Abstand. Die Heuler kommunizierten miteinander, sprachen sich vermutlich ab. Wer wusste, was sie als nächstes planten! Es konnte nichts Gutes sein. Da! Das Quasi-Ebenbild der weißen Unruhestifterin schnellte vor und wollte ihm ... Er war schon dabei, erneut auszuholen und auch ihr den Blick auf die Sterne zu ermöglichen, als ihm bewusst wurde, dass sie ihre Fellschwester nur aus der Gefahrenzone zog. Speichel tropfte seinen Lefzen herunter, als er die Szene beobachtete. Es war wirklich rührend. Nein, Im Ernst! Es beeindruckte ihn fast ein bisschen, wie die nervtötenden schmalen Caniden zusammenhielten. Es war genau das, was sie auszeichnete und ein ganz kleines bisschen beneidete er sie darum. Nichtsdestotrotz wollte er jetzt seine Ruhe haben. Er befürchtete nur, sobald er sich umdrehte, um zurück in seine Höhle zu gehen, würden die durchgeknallten Heuler ihn attackieren. Vielleicht schätzte er sie falsch ein und sie waren nicht allesamt so dämlich wie der weiße Plüschwolf, denn wenn sie ihn weiter drangsalierten, würde es ihm bald nicht mehr egal sein, ob jemand zermatscht wurde von ihnen oder nicht ... dann betrachtete er dies als legitimes Mittel, um endlich seine Ruhe zurückzuerlangen. Er schnaufte, stieß Laute aus, die klar machten, dass er bereit war, es mit jedem aufzunehmen, der sich mit ihm anlegte. Ein wütender Blick galt dem Schwarzen, der ihm am nächsten stand. Auch seiner Fellschwester, dem dunklen Weibchen, das aufgeregt herumquietschte, schenkte er für einen Moment einen provokanten Blick aus seinen braunen Augen. Auch sie sollte es nicht wagen, ihm zu nahe zu kommen, sonst gab es doch noch Wolfsmatsch. Langsam jedoch zog er sich rückwärts zurück in den Höhleneingang. Er versuchte sich in einer Drohgebärde zu üben, die der der Wölfe nicht unähnlich war, damit sie unmissverständlich kapierten, dass er nicht zögern würde. Bald schon wurde das Brauns eines Pelzes wieder eins mit dem Schwarz der Höhle. Das Grunzen und Röcheln aus seiner tiefen Kehle hallte noch in den steinernen Wänden, gab aber auch Aufschluss darüber, wie weit er sich schon vom Ort des Geschehens entfernt hatte. Sollten sie ihm bloß diese irre Weiße vom Leib halten ...! Noch einmal würde er nicht zögern, sie zu zerquetschen, wenn sich ihm die Gelegenheit bot ...

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Kachnik ist offline
02.10.2024 17:45

Zwar war die Strecke für seine Beine keinerlei Herausforderung, doch es benötigte seine ganze Konzentration, um die exakte Richtung beizubehalten, aus der der schrille Ruf vorhin gekommen war, ohne die Bäume umzurennen. Sie durften keine Zeit verlieren. Seine Ohren folgten angespannt jedem Tritt des Wolfes vor ihm. Mehr oder weniger gekonnt folgten seine eigene Pfoten ein paar Momente später, bis seine Nase allmählich die seltsamsten Gerüche zu identifizieren meinte. Seine Ohren legten sich an. Etwas sträubte sich in ihm bei einem gewissen klobigen dunklen Duft, doch seine Beine rannten gedankenlos weiter, während links und rechts böswillige Zweige durch sein mitgenommenes Fell streiften - er durfte die Angst nicht die Oberhand haben lassen - bis er es knapp schaffte vor den stehengebliebenen Wölfen vor ihm abzubremsen, auszuweichen und knapp links von der Schwarzen zu einem holprigen Halt zu kommem. Der Geruch stach ihm nun so intensiv in die Nase und ließ seine Fellhaare aufstehen - das Tier war scheinbar nicht nur auf Durchreise hier - und die Geräusche waren so unverkennlich, doch verstehen tat er immer noch nicht. Warum würde jemand freiwillig so nah an diese Gestankswolke herankommen? Sowohl Avon, seine neue Freundin, Takata, als auch Roghir ... Roghir? Was war das hier für eine Versammlung an unwahrscheinlichen Gerüchen? Dutzende Fragen rasten durch seinen Kopf.
Da er weder von Avon, Takata, noch Valdis hörte ... war das doch eine Falle um nach Roghirs Leben zu trachten? Oder war der Dunkelfellige hier um seine Kameraden zu retten? Zu rächen? Oder beides? Er wusste es! Dem Schicksal war der letzte Tod wohl schon wieder zu lange her! Kachnik schüttelte sich irritiert und versuchte seinen Atem zu beruhigen. Das waren keine Gedanken, die er gerade denken sollte! Es war wertvolle Zeit verloren gegangen. Doch Zeit wofür? Was konnte er denn überhaupt? Er verstand eigentlich sowieso nicht, was sie hier wollten! Konnten sie nicht einfach alle weg? Jetzt? Sofort? Etwas wackelig auf den Beinen starrte der Jungwolf angestrengt in die Richtung der Bewegung und der Laute. Zumindest Roghir und Shiro schienen wohlauf, meinte er feststellen zu können. Waren sie dabei, das Tier weiter aufzustacheln? Ayjana war auch da ... Doch das war nicht viel. Wo waren die anderen, die er riechen konnte? Hatte eben jemand nicht noch Takata erwähnt? Er zuckte wieder zusammen, als die schwarze Fähe laut ausrief. An wen war das gerichtet? Er machte langsam ein paar Schritte rückwärts. Er kannte diesen Geruch und er wollte nicht den gleichen Fehler wiederholen.
Schnell wie eine schäumende Strömung sprang jemand an ihm vorbei. Und genauso kalt war der Anblick der ihn traf. Er hatte das Gefühl sein Herz im Kopf zu spüren, als sein Blick auf den Leichnam von Takata fiel. Er riss seinen Blick los. Instinktiv fing er an zu knurren, obwohl er wusste, dass er hier ein Drohen nicht mit Taten folgen könnte. Er hatte das Gefühl, dass alles in seinem Kopf verschwamm, wie ein Bild im Wasser. Kein anderer Gedanke verblieb, als dass schon wieder jemand vor ihm das Leben gelassen hatte. Avon und die Neue lagen bestimmt auch gerade irgendwo. Allein. Leblos. War es weichlich und erbärmlich von ihm, dass er sich nicht daran gewöhnen konnte? Benommen knurrte er kraftlos vor sich hin, während die Bilder von den leblosen Körpern vor seinem inneren Auge umherwaberten.

Die gewaltigen Schritte verebbten irgendwann, stellte er fest ... Vielleicht sollten sie jetzt zurück in ... Sicherheit? Oh, Sicherheit ... was war das? Doch sein Inneres fühlte sich an, als würde es sich in unansehnlichen Brei auflösen. Noch jemand tot. Ein verzweifeltes Wimmern stieg leise in ihm auf. Es war ihm jetzt sowas von egal, dass seine Eltern ihm eingeflößt hatten, keine Schwäche zu zeigen. "W...warum? Warum müssen a ... alle ... sterben?" Seine Stimme zitterte. Doch er wusste bereits, dass es seine Schuld sein musste. Welches Recht hatte er sich das zu fragen, wenn er es war, der nicht rechtzeitig da gewesen war, der nichts gegen das Tier unternommen hatte?

[bei Pan, Ayjana, Roghir, Takata, in der Nähe von Avon, Valdis | Bärenhöhle, Nähe Mondscheinsee]

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Niyol
Und was, wenn ich fliegen kann?


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Niyol ist offline
04.10.2024 13:04

Seine Frage wurde lediglich mit einem verständnislosem Blick beantwortet. Was auch immer diesbezüglich in dem Kleinen vor sich ging, blieb also zumindest vorerst für Niyol verborgen. Ob er sich allerdings wirklich wieder in seine Spiele stürzen wollte, da war sich der Graue selbst noch nicht sicher, also beließ er es einfach dabei und ging einfach weiter im Text.
Als der Helle sich nun schon wieder auf den Boden pflanzte, konnte sich Niyol ein seufzen nicht verkneifen. Irgendwie hatte der Knirps offensichtlich ein Problem mit dem voran kommen. Dumm nur, dass Niyol aus den gegebenen Umständen heraus nicht gewillt war, sich mehr als nur oberflächlich mit allem zu befassen. Er hatte vor möglichst nur anwesend zu sein und Skadis Rudel zu beobachten. Leider klappte dieser Vorsatz bereits vor dem Zusammentreffen mit den anderen nicht. Falls es einen Gott oder soetwas gab, hielt er offensichtlich nichts von Niyols Vorsätzen.
Ungeduldig zuckte Niyols rechtes Ohr also mal hier, mal dort hin und er hörte förmlich wie die Zeit verging, während der Neuling einmal mehr seine Gedanken sortierte. Als dann endlich eine Antwort den Fang des Rüden verließ, hüpfte Niyol teils vor Überraschung, teils erfreut über die Antwort selbst, leicht in die Luft.
Es dauerte noch einen Moment, bis er am Ende startklar war. Dem Raben gab er die Aufforderung, sich auf ihn zu setzen und Niyol konnte nicht umhin das ganze skeptisch zu beobachten. Verrückter Weise, war es nicht das erste Mal, dass er so eine irrwitzige Wolf-Rabe-Kombination erlebte, doch trotzdem kam es ihm seltsam vor.
Kurz überlegte er, ob er sich und Anouk ankündigen sollte. Eigentlich wäre es definitiv angebracht, aber irgendwie hatte er nicht wirklich Lust herum zu heulen. Wer würde auch schon antworten? Waren sie überhaupt noch beisammen? Er war eine ganze Weile weg gewesen, er wusste nicht mal was aus Roghir und dem anderen Neuling geworden war, nachdem er sie losgeschickt hatte, weiter nach Takata zu suchen. Einmal mehr beschlich ihn in diesem Zusammenhang ein schlechtes Gewissen. Hoffentlich waren sie bereits wieder heil zurück.
Zögerlich ging er ein paar Schritte vor. Auch weil er sich nicht ganz sicher war, ob Anouks Entscheidung nun tatsächlich endgültig war, oder ihm gleich wieder etwas anderes in den Sinn kam. Irgendwie erinnerte er ihn an ein anderes Thema, bei welchem sich Niyol schuldig fühlte: Catori. Vielleicht wollte er sich auch deswegen nicht damit beschäftigen? Auch sie hatte kurz vor ihrem Verschwinden angefangen seltsame Aussetzer zu haben und Dinge zu sehen oder zu hören, die keiner sonst wahrnahm. Er hatte sich nicht auf die Suche nach ihr begeben. Vielleicht auch um sich selbst zu beweisen, dass ihm nichts an irgendjemandem lag. Jetzt war es zu spät und er hoffte einmal mehr, dass sie doch noch einen besseren Ort oder wenigstens ein kurzes, friedliches Ende gefunden hatte.
Schnell versuchte er diese Gedanken wieder abzuschütteln und schaute zu Anouk, der nun sogar den Hauch eines Lächelns im Gesicht trug. Erstaunt hielt Niyol inne. Dann hob er den Kopf zum Himmel und seufzte.

"Ich glaube, ich sollte uns besser ankündigen. Vielleicht bekommen wir ja eine Antwort, wo sich der Rest des Rudels aufhält."

Ja, diese Erklärung war wohl nicht zwangsläufig notwendig gewesen, aber er wollte den anderen Rüden lieber vorwarnen, bevor er in voller Lautstärke herumschrie. Vielleicht aber auch musste er sich noch immer selbst überzeugen, so offiziell das Rudel zu rufen, in dem es nun keine Skadi mehr gab, die antworten würde. Irgendwie hatte er ein bisschen Angst vor der Stimme, die ihm womöglich antworten würde. Egal wer es war, es würde nicht die Stimme sein, die er hören wollte.
Er holte tief Luft und folgte dann dem Motto 'Augen zu und durch':

"Ich bin zurück und bringe jemand Neues mit."

Mit einem Seufzen öffnete er die Augen und wandte sich, bereits halb im gehen, nocheinmal zu Anouk:

"Falls sich niemand meldet, gehen wir einfach erstmal zum Rudelplatz."

Und er hoffte, es würde sich niemand melden. Allein deswegen hatte er auch gar nicht erst die Frage nach ihrem Aufenthaltsort, mit der heimlichen Ausrede 'Irgendwer wird sowieso beim Mondscheinsee sein.' , hinzugefügt.

"Wielange seid ihr in der Eiswüste unterwegs gewesen?"

Warf er über seinen Rücken, um sich von seinen Gedanken über Skadis Abwesenheit abzulenken.

(Anouk | zwischen Kristall- und Mondscheinsee)

"Der Wind wird dein Begleiter sein;
Und du wirst ihn vermissen, wenn völlige Ruhe herrscht."

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Anouk
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Anouk ist offline
04.10.2024 19:10

So einen erhöhten Platz zu haben war schon etwas feines. Klar, er war ein Rabe und flog durch die Lüfte wodurch er sich meist sogar in noch größeren Höhen befand. Aber wenn er mal nicht dort oben war, dann war er unten und musste meist zu allen aufsehen. Doch von Anouks Rücken aus war er fast auf Augenhöhe mit den Wölfen - das ermöglichte einem ganz neue Perspektiven. Beispielsweise konnte er so wunderbar beobachten, wie der Graue mit sich zu hadern schien. Erst, als sie losgehen wollten und dann, als er heulen wollte um den anderen Bescheid zu geben. Gab es jemals einen Moment, in welchem er in den Kopf eines anderen sehen wollte, dann war es dieser. Denn gerade bei diesem Wolf fand er es äußerst interessant, was in dessen Kopf vorging.

Die nächsten Worte des Fremden machten ihn etwas stutzig. Wo sich der Rest des Rudels aufhält? Kam er denn nicht gerade von ihnen? Vielleicht ja nicht direkt, vielleicht waren sie gerade auf einer Jagd gewesen, hatten sich aufgeteilt und er wusste nun nicht genau, wo sie waren. Aufmerksam lauschte er dann schließlich seinem Heulen - doch auch dieses gab ihm Rätsel auf. "Ich bin zurück"? War er etwa weg gewesen? Doch er kam gar nicht dazu, diese Frage zu stellen. denn der graue Wolf stellte nun ihm eine - eine, die wiederum ihn nachdenklich machte.

"Wie lange wir in der Eiswüste unterwegs waren?", wiederholte er die Frage und blickte in die eisigen Weiten der Gegend, die er hinter sich gelassen hatte. Endlos waren sie. Endlos und unbarmherzig. Nur die Einsamkeit regierte hier..die Einsamkeit und die Ödnis. Aber wie lang waren sie denn unterwegs gewesen? Er versuchte, sich zu erinnern. Versuchte, sich in Erinnerung zu rufen, wie lange es gedauert hatte, wie lange ihn seine Pfoten durch das Ödland getragen hatten. Doch..da war nichts. Versuchte er, sich eine ungefähre Vorstellung der Zeit zu machen, die verstrichen war..dann stieß er nur auf eine undurchdringbare Wand aus dichtem, grauen Nebel.
Und wie lang war es her, dass..?
Nein. Er schüttelte schnell den Kopf, um auch diesen Gedanken abzuschütteln. Er wollte sich nicht wieder daran erinnern..denn das würde nur erneuten Schmerz mit sich bringen. Er musste im Hier und Jetzt bleiben.

"Ich..weiß es nicht..", beantwortete er die Frage dann schließlich mit einem Seufzen. "Da draußen..hat man kein Gefühl für Zeit. Sie ist ebenso eingefroren, wie der Boden, auf dem man läuft.." Dieser Gedanke bedrückte ihn etwas, so wollte er versuchen, das Thema wieder zu wechseln.
"Sag..wie heißt du eigentlich? Wir..haben uns noch nicht richtig vorgestellt. Und..wie lang bist du eigentlich schon hier?" Er hoffte, ihn mit dieser Frage nicht zu nerven. Die Wölfe aus seinem eigenen Rudel hielten nie viel von irgendwelchen Gesprächen, so blieb er meist still und tat sich manchmal etwas schwer, die richtigen Fragen zu finden. Und vor allem jetzt war das, was er am wenigsten wollte, abgewiesen zu werden. Er hatte gerade den Entschluss gefasst, ihn zum Rudel zu begleiten. Zu sehen, was sich daraus ergab. Diesen kleinen Schimmer an Hoffnung wollte er nicht sofort wieder verlieren. So beschloss er, ihn auch erst Mal nicht danach zu fragen, was es damit auf sich hatte, dass er den anderen mitgeteilt hatte, er sei zurück.

[Niyol | Zwischen Kristall- und Mondscheinsee]

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Ayjana
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Ayjana ist offline
11.10.2024 12:41

Adrenalin wurde durch den Körper der Wölfin gepumpt, ihr Herz pochte wild im Takt eines wilden Stakkatos. Sie hielt das Nackenfell ihrer Fellschwester fest zwischen den Zähnen und zog die Wölfin ruckartig hinter sich her. Gar nicht so einfach das Gewicht einer ausgewachsenen Wölfin allein zu stemmen. Die Geräusche des tobenden Bären nahm die Fähe nur wie durch Watte wahr, das Blut pochte laut in ihren Ohren und schien alles zu übertönen. Dem Adrenalin sei Dank, setzte Ayjana Kräfte frei, welche sie sonst nicht gehabt hätte, und so bewegte sich der Körper Takatas schrittweise weg vom tobenden Bären. Aus dem Augenwinkel nahm Jana einen Schatten wahr und erschrocken liess sie Takata einen Augenblick los und duckte sich auf den Boden. Der Bär hatte seine bedrohliche Pranke erhoben, bereit zum Schlag auszuholen. Jana heulte auf, wartete auf den Schmerz, den sie ereilen würde, wenn der Prankenschlag sie treffen würde. Doch es geschah… nichts. Vorsichtig öffnete sie ihre Augen, welche sie in Erwartung des kommenden geschlossen hatte, und blinzelte ein, zweimal heftig. Der Bär hatte innegehalten, musterte sie mit seinen kleinen Knopfaugen. Es hatte etwas bizarres das Ungetüm dort so ruhig stehen zu sehen, geifernd musterte der Bär sie einen Augenblick, ehe sein Blick zu ihren Artgenossen schweifte, bevor er sich einige Augenblicke später in seine Höhle zurückzuziehen begann. Perplex und auch etwas ehrfürchtig schaute Jana dem grossen Tier hinterher, er hatte ihnen gar nichts tun wollen. Was hatte Takata getan, dass sie den Zorn des Bären zu spüren bekommen hatte? Jana wusste selbst um die angreifende Art der Fellschwester, sie hatte diese Hautnahe zu spüren bekommen, doch jetzt war der falsche Zeitpunkt um über solche Details zu sinnieren. Hilfesuchend blickte sie sich um, ehe sie sich wieder Takata zuwandte. Lebte sie noch? Die Weisse lag immer noch reglos am Boden, es dauerte einen Moment bis Jana sah, dass sich der Brustkorb der Wölfin senkte und hob, sie schien bewusstlos. Hilflos stupste Ayjana die Wölfin zu ihren Pfoten mit der Schnauze an und winselte leise.

»Takata?...» ihre Stimme war nicht laut, vielleicht nicht laut genug, doch nun schien ihr Körper zu streiken. Das Adrenalin schien weniger zu werden und ihre Beine begannen zu zittern und für einen kurzen Moment wurde das Bild vor ihren Augen unscharf. Ihre Gedanken jagten sich. Was hatte sie sich dabei gedacht. Sie hätte gerade eben sterben können und für was? Für eine Wölfin, die sie nicht kannte, die sie zuvor noch dermassen eingeschüchtert hatte, dass Ayjana nichts weiter mit ihr zu tun haben wollte. Sie war gerade eine hauchdünne Kralle davor entfernt gewesen zu sterben oder zumindest verletzt zu werden. Taumelnd machte sie einige Schritte rückwärts und begann hektisch zu hecheln, ehe sie ehe sie sich etwas unfreiwillig auf den Hintern setzte, da ihre Beine zu versagen drohten. Mit zunehmendem Verstreichen der Momente normalisierte sich ihr Herzschlag wieder, das Blut schien leiser zu werden und das Zittern würde auch noch nachlassen. Ihre Artgenossen schienen in diesem Moment weit fort zu sein, nur Takata lag noch in ihrem Fokus.

[bei Kachnik, Shiro, Pan, Roghir, Takata, in der Nähe von Avon, Valdis | Bärenhöhle, Nähe Mondscheinsee]




Lyrics © Maggie Stiefvater Buchreihe "Die Wölfe von Mercy Falls"
Bild © Elli S. Dawnthieves

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