Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Drinnen war es still. Der Wind blieb draußen, und mit ihm ein Teil der Anspannung, die sich wie Eiskristalle in ihr festgesetzt hatte. Die Höhle war eng, roch feucht und nach altem Laub – aber für Eden war sie ein Geschenk.
Chester hatte den Eingang freigegeben, und obwohl sie ihm noch nicht recht einschätzen konnte, spürte sie eine gewisse Sicherheit in seiner Art, die sie beruhigte. Und selbst Venryn schien begeistert von ihrem Fund. Hier würden sie erstmal unterkommen können.
Eden ließ sich nahe der Höhlenwand nieder, ihr dünnes Fell noch klamm vom Fluss. Jeder Muskel schmerzte. Doch das war nebensächlich, als sie sah, wie Enaid eintrat. Langsam. Mühsam. Er sah müder aus als je zuvor. Sie beobachtete ihn und machte ihm leise Platz an ihrer Seite. Er zögerte nicht lange. Als er sich niederließ, schob sie sich wortlos ein Stück näher. Die Wärme seiner Nähe war wie ein Versprechen – dass sie es geschafft hatten. Zumindest heute. Sie war nicht sicher, was morgen brachte. Aber das musste sie auch nicht. Nicht jetzt.
„Ruh dich aus… ich pass auf dich auf.“, murmelte sie ihm leise zu. Eine solche Äußerung aus ihrem halbstarken Maul musste lächerlich klingen, aber es fühlte sich richtig an, es zu sagen.
Auch die beiden anderen Rüden lud sie mit einer freundlichen Geste ein, sich zu ihnen zu gesellen. Sie waren sicher ebenfalls erschöpft und würden von etwas Ruhe und Geselligkeit profitieren.
[bei Venryn und Chester, neben Enaid | Kältesturmhalbinsel]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Es war still um sie herum. Abgesehen von ihren knirschenden Schritten und ihrem leisen Gespräch, war nichts zu hören. Doch das war auch wenig überraschend, wenn man bedachte, wo sie sich befanden - in einer Einöde, in denen Schneestürmen die Vorherrschaft oblag. Es gab nur sehr wenige Tiere und Pflanzen, die sich hier überhaupt aufhielten und wenn war die Fläche der Schneedecke so groß, dass man ihnen nicht begegnete.
Venryn, der zurückgezogenere der beiden neuen Wölfe, reagierte äußerst besorgt auf ihre Schilderungen zu dem Angriff, der sie letztendlich in den Fluss verfrachtet hatte. Vorsichtig äußerte er eine Vermutung. Eden überlegte. Der körperliche Zustand des Schattenwolfs hatte denen ihrer verstorbenen Rudelmitglieder zwar geähnelt, allerdings waren diese bei Erreichen dieser Phase längst tot gewesen und hatten nie derartiges Verhalten gezeigt. Trotzdem konnte sie nicht von der Pfote weisen, dass sein beißender Gestank ihr in Teilen bekannt vor gekommen war. Es war nur schwer genauer zu definieren was, da er in der Nase gebrannt hatte wie Feuer.
"Ja, vielleicht.", sagte sie nachdenklich. "Manche Krankheiten sind schlau und können sich anpassen." Gerade mangelte es ihr an den richtigen Worten, um besser zu erklären, was genau sie meinte.
Ein Krächzen zerriss die Stille, als ein Rabe über ihre Köpfe hinweg zog, in seinen Krallen baumelten Reste einer Wühlmaus. Der schwarzgefiederte Vogel ließ sich unweit von ihnen auf einer Felsformation nieder, die wie alles andere auch von einer dicken Schneeschicht überzogen war.
Der Blick der jungen Wölfin folgte ihm neugierig, hatte man ihr doch beigebracht, dass es sich häufig lohnte ihnen etwas Aufmerksamkeit zu schenken. Und tatsächlich öffnete sich der Fels unter den dürren Vogelbeinen zu einem schmalen Höhleneingang.
"Eine Höhle!", rief sie erfreut und erleichtert zugleich und blickte begeistert in die Runde, bevor sie losstürmte, um ihren Fund zu inspizieren. Der Rabe sah unterdessen argwöhnisch auf sie herab und hatte sich daran gemacht sein Beutestück feinsäuberlich in schnabelgerechte Happen zu reißen.
[bei Enaid, Venryn und Chester | Höhleneingang | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Neuigkeiten & kleinere Meldungen |
Auch hier nochmal herzlichen Glückwunsch, Anouk. Ich bin mir sicher, dass du dich als Co-Moderator hervorragend eingliedern wirst! c:
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Ihr war nicht entgangen, dass Enaid den zu ihnen Gestoßenen nicht viel abgewinnen konnte. Besonders der extrovertiertere von beiden schien mit seinen lässigen Bemerkungen bei ihm auf Granit zu beißen. Die Art wie der in Weiß gehüllte Rüde den unbekannten Artgenossen jetzt begegnete stellte einen auffälligen Kontrast zu ihrem Aufeinandertreffen mit ihm dar. Und das obwohl nur einige Stunden dazwischen lagen.
Eden konnte es ihm nicht verdenken. Nicht nachdem er kurz zuvor für seine offene Art beinahe einen fatalen Preis bezahlt hätte. Es war also klar, dass ihr erneutes Zusammentreffen mit Artgenossen nun Argwohn in ihm hervor rief. Noch dazu in ihrem geschwächten Zustand. Einer weiteren Attacke würden sie nicht standhalten können.
Zu ihrem Glück schienen die beiden hochgewachsenen Rüden nichts dergleichen im Schilde zu führen. Über die Krankheit, die sich offenbar bis hierher, weit außerhalb ihrer Heimat, ausgebreitet hatte, wussten sie allerdings nichts zu sagen, was der heranwachsenden Fähe einen Stich der Enttäuschung versetzte. Es schien sogar so, als habe Chester - so hatte er sich vorgestellt - bisher keinerlei Berührungspunkte mit dieser grausamen, wolfsfressenden Seuche gehabt zu haben. Andernfalls hätte er nicht so lapidar darüber hinweg gewitzelt, da war sie sich sicher.
Nichtsdestotrotz freute sie sich, als entschieden wurde, dass sie von nun an wohl gemeinsam weiter ziehen würden. Zumindest bis sie einen Unterschlupf gefunden und sich etwas erholt hatten. Eden entgegnete Chesters Zwinkern mit einem interessierten Blick, bevor sie sich mit ihm und Enaid in Bewegung setzte. Auch dem anderen Wolf - Venryn - warf sie über die Schulter einen Blick zu, um fest zu stellen, ob er ihnen ebenfalls folgte. Der schwarz-braune Rüde war bisher so still und zurückhaltend gewesen, dass sie fast fürchtete, er könnte klammheimlich verloren gehen. Als sie erkannte, dass das nicht der Fall war, wandte sie sich schnell wieder um und musste sich beeilen um in dem tiefen Schnee Schritt halten zu können.
Während Enaid von ihrer schrecklichen Begegnung erzählte, nickte sie beipflichtend. "Ihr hättet ihn sehen sollen, es war schrecklich. Dieser Geruch.." Ihr Nasenrücken kräuselte sich in einem Ausdruck starken Ekels. "Er hat mich gehetzt, als wäre ich nichts weiter als ein Beutetier. Doch Enaid hat ihn wieder und wieder zu Boden gerungen, um ihn von mir fern zu halten.", erzählte sie ergänzend, ihre Stimme voll jugendlicher Bewunderung.
Es gab einen Moment der Stille, in dem nur der knirschende Schnee unter ihren Pfoten und Enaids und Edens angestrengter Atem zu hören war. Dann setzte sich das Gespräch fort und die beigefarbene Wölfin lauschte gespannt, dankbar um alles, was ihre Gedanken von der beißenden Kälte ablenkte, die ihr mit jedem Schritt tiefer in die Knochen kroch.
[bei Enaid, Chester und Venryn | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Neujahrschat ? |
Soweit geht mein Arbeitsplan noch nicht, von daher kann ich noch nicht sagen, wann es bei mir besser passt. Denke aber, ich sollte so oder so teilnehmen können; nur halt vielleicht nicht pünktlich 18 Uhr. ^^
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Eden lauschte der Unterhaltung der beiden Rüden aufmerksam. Doch während ihr heller Blick zwischen den beiden hin und her glitt, blieben ihre Augen an dem Wolf hängen, der sich zurückhaltend hinter dem forschen Grauen hielt. Wie sie selbst schien auch er eher unsicher, fast schon ängstlich ihrem Aufeinandertreffen gegenüber. Ungewöhnlich für einen so erwachsenen Wolf, der sich der Überlegenheit ihres Duos bewusst sein musste.
Neugierig verlagerte die Jungwölfin ihr Gewicht nach vorne, reckte den Hals und hielt witternd die Schnauze in die Richtung der beiden Fremden. Etwas an der ungerührten Art des größeren Rüden, machte sie stutzig, aber jetzt, wo sie sich etwas akklimatisiert und realisiert hatte, dass keiner von ihnen auf Ärger aus war, konnte sie sich etwas entspannen. Mit Wegfallen der Anspannung begann ihr Körper wie zur Untermalung von Enaids Worten zu zittern. Es wurde von Minute zu Minute deutlicher, dass sie Hilfe brauchten.
Auch die Kräfte des Weißen vor ihr, schienen weiter und weiter zu schwinden. Die ganze Sache schien ihm mehr zugesetzt zu haben, als ihr. Kaum verwunderlich. Immerhin hatte er ihren Angreifer Mal um Mal tapfer abgewehrt, um sie zu schützen. Sorgenvoll huschte ihr Blick zu ihm, während ihr Atem in kleinen Wolken aufstieg. Sie konnten nur hoffen, dass die anderen beiden eine zündende Idee hatten, die sie schnell wieder zu Kräften bringen würde.
Bei Erwähnung der Krankheit hob Eden den Kopf, der der Erschöpfung wegen etwas abgesunken war, und erwartete gespannt die Antwort der beiden. Wenn auch sie schon Bekanntschaft mit der Seuche gemacht hatten, würden sie ihnen womöglich noch auf andere Art und Weise behilflich sein können, als bei der Suche nach einem geeigneten Unterschlupf.
[bei Enaid, Chester und Venry | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Gerade noch hatten sie darüber gesprochen, dass sie in ungünstiger Windrichtung liefen, da zeigte sich schon die Konsequenz dessen in Gestalt zweier Wölfe, die nun von einer Anhöhe aus auf sie hinab blickten. Sie hatte die beiden erst bemerkt, als einer von ihnen - ein hochgewachsener, grauer Rüde das Wort an sie richtete und Enaid neben ihr sie darauf aufmerksam machte.
Unter normalen Umständen wäre sie auf die Fremden vermutlich ebenso naiv und freudig zugegangen, wie es bei ihrem weißen Beschützer der Fall gewesen war. Doch ihre letzte unliebsame Begegnung mit dem Schattenwolf - wie Enaid ihn nannte - steckte ihr noch tief in den Knochen. Also ordnete sie sich bereitwillig hinter ihrem Begleiter ein, schielte aber seitlich an ihm vorbei. Ihre Ohren hatte sie flach angelegt, die Rute zwischen den Beinen eingeklemmt und den Kopf gesenkt. Mit großen Augen, an deren Rändern das Weiße gerade deutlich hervortrat behielt sie die Neuankömmlinge im Blick. Ihre Lefzen zuckten immer wieder leicht nach oben, als wäre sie sich selbst noch nicht ganz einig, ob sie die Zähen fletschen wollte, oder nicht. Natürlich war der jungen Fähe bewusst, dass Enaid und sie im Nachteil wären, würde es tatsächlich zu einem Kampf kommen.
Zu ihrer großen Erleichterung stellte sich schnell heraus, dass es sich bei den Fremden zumindest nicht um weitere kranke Wolfshüllen handelte. Sie stanken nicht nach faulem Fleisch, stierten nicht aus wirren Augen heraus zu ihnen herüber und sahen auch nicht aus, als würde der Tod längst an ihnen nagen. Sie entspannte sich etwas. Besonders als der forsche Graue Hilfe anbot, ließ die kleine Fähe sich etwas aus der Reserve locken. Zumindest fühlte sie sich nun sicher genug, dass sie etwas aus Enaids Schatten heraus treten und einen kleinen Schritt nach vorn gehen konnte. Trotzdem pendelte ihre Rute unschlüssig und aufgeregt von links nach rechts. Rückversichernd sah sie zu Enaid auf, der erstmal skeptisch blieb und die beiden körpersprachlich auf Abstand hielt.
[neben Enaid; bei Chester und Venryn | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Enaids Berührung und Zuspruch waren nach der zurückliegenden Tortur wie Balsam, der sich warm und beruhigend um ihr aufgewühltes Inneres legte. Erst jetzt fiel der heranwachsenden Wölfin auf, was seit dem Fortgang aus ihrer Heimat noch an ihr nagte. Hunger, lauernde Gefahren, die quälende Ungewissheit und Sorge um ihr Rudel, aber auch ob der Frage, ob sie dem gewachsen war. Sicher, das Gewicht all dieser Dinge begleitete sie seither auf ihrem Weg. Doch was dank Enaid nun etwas abebbte, war das Gefühl der Vereinsamung. Logisch eigentlich - selbst ein erwachsener Wolf war nicht für ein Leben in Isolation ausgelegt. Für Eden aber, die einerseits jung und andererseits nichts als Fürsorge der anderen gewohnt war, war das alles noch eine ganze Spur härter. Das merkte sie jetzt, bisher wurde das nagende Gefühl der Einsamkeit lediglich von ihrem restlichen Gefühlschaos überlagert.
"Danke." , sagte sie und erwiderte ein sachtes Lächeln. Es war ein bitter-süßer Moment, den sie teilten doch es blieb keine Zeit ihn auszukosten; sie mussten weiter, da hatte der Rüde recht. Also nickte sie zustimmend, schüttelte sich die unzähligen kleinen Eistränen aus dem Pelz und macht sich anschließend daran ihm zu folgen. Diesmal würden sie hoffentlich auch ohne einen potenziell tödlichen Zwischenfall voran kommen.
Aufmerksam hörte sie ihm zu, das verrieten auch ihre Ohren, von denen immer mindestens eins Enaid zugewandt war. "Ja", erwiderte sie dann. "So war es bei uns auch.. Anfangs waren ihre Beschwerden kaum der Rede wert, aber irgendwann - kurz bevor sie starben - da waren sie kaum wieder zu erkennen." Es war schrecklich gewesen, ihren Rudelmitgliedern bei ihrem Verfall zu zusehen, sofort hatte sie die Bilder wieder vor Augen. Die ausgemergelten Körper, die sich nur noch unter schwachem, röchelten Atem bewegten und die hilflosen Augen, die sich irgendwann für immer schlossen. Sie schüttelte sich erneut. "Sie alle sind gestorben, aber keiner von ihnen war... so. Der Schattenwolf", übernahm sie die Bezeichnung, "sah aus, als hätte er längst tot sein sollen."
Eine ganze Weile dachte sie über Enaids Theorie nach, wurde sich aber nicht ganz schlüssig. Den Anschlag und besonders die Vehemenz mit welcher der Wolf diesen auf sie ausgeübt hatte, war in ihren Augen nicht mit der Naivität oder Unüberlegtheit eines Welpen in Einklang zu bringen. Eine Krankheit des Verstandes war allerdings gar nicht so abwegig. Womöglich breitete sich die Krankheit nach einer gewissen Zeit auch bis in den Geist hinein aus.
Wie als eine Antwort auf die Bemerkung des Weißen hin, hielt sie die Schnauze schnuppernd in den Wind. Noch immer hing ihr der unangenehme Krankheitsgeruch in der Nase, obwohl er sicher längst verflogen war. Trotzdem nickte sie eifrig. Es war schön wieder einen älteren, erfahreneren Artgenossen an ihrer Seite zu haben, von dem sie lernen konnte.
"Meinst du wir finden jemanden, der Licht ins Dunkel der Krankheit bringen kann?" - Edens erster Impuls bestand darin festzustellen, dass natürlich sie das sein würden. Dass sie ein Heilmittel finden und es nach Hause bringen würden um die Kranken zu heilen und dass sich dann alles aufklären und wieder gut werden würde. Doch die drückende Stimmung, die wie ein schwarzer Umhang über ihnen hing, brachte ihre Zuversicht ins Wanken. Trotzdem versuchte sie ihm Mut zu machen. "Ganz bestimmt. Es muss jemanden geben, der mehr weiß." - das hoffte sie jedenfalls inständig.
[bei Enaid | in der Nähe von Chester, Venryn | Kältesturm-Halbinsel]
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Der Schattenwolf... Ja, vermutlich war das eine gute Beschreibung für die arme Kreatur, die ihnen noch wenige Augenblicke zuvor nach dem Leben getrachtet hatte. Sie war nur noch ein Schatten des einstigen Wolfes gewesen, wie traurig. Eden fragte sich, wie es wohl zu alldem gekommen war, wie er in seinem erbarmungswürdigen Zustand und mutterseelenallein an diesem trostlosen Ort gelandet war. Und was ihn letztendlich dazu gebracht hatte sie zu attackieren, sie waren schließlich keine Gefahr für ihn gewesen. Am aller wenigsten sie selbst. Trotzdem, so schien es, hatte er es auf sie ganz besonders abgesehen gehabt. So sehr, dass es letztendlich seinen Tod bedeutet hatte.
"Ich denke schon." , antwortete sie Enaid, der langsam wieder zu Atem kam. Auch Eden war allmählich wieder bei Kräften, wenn auch hundemüde. Sie schaute an sich herunter. Ihr Fell war zerzaust, ihre Augen noch glasig vom Adrenalin und ihre Pfoten wund von der hektischen Flucht, aber Wunden konnte sie keine entdecken oder spüren. "Ich bin auch unversehrt. Dank dir." Sie schenkte dem weißen Rüden an ihrer Seite ein wertschätzendes Lächeln. Dann wurde sie wieder ernst. "Ohne dich wäre ich gestorben. Er hätte mich getötet und dann..." - Ja, was dann eigentlich? Wäre er zufrieden gewesen und hätte sie für die Rabenvögel liegen lassen?
"Was ist da nur passiert?", hauchte sie in die Kälte. "Er war krank, aber.. Ich hab sowas noch nie gesehen, Enaid." Eindringlich sah sie ihn dabei an, wartend auf eine Antwort, die etwas Licht ins Dunkel bringen würde. Doch insgeheim wusste sie, dass Enaid ebenso überrumpelt war wie sie.
Als sie ihr Zuhause hinter sich ließ, hatte sie sich auf die Suche nach einem Heilmittel für ihr Rudel gemacht, doch gefunden hatte sie seither nur Kälte, Kargheit und Tod.
[Enaid | Kältesturm-Halbinsel | Flussufer]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Enaid war erschöpft, das konnte sie sehen und hören. Er hechelte stoßweise, während er seine Krallen in den Stein grub und seine Stimme klang ungewöhnlich kraftlos. Fast fürchtete Eden, der helle Rüde würde doch noch abtreiben und auf Nimmerwiedersehen in den erbarmungslosen Fluten verschwinden. Wie dieses Ding..., schoss es ihr durch den Kopf, bevor die junge Heilerin sich eines besseren belehren konnte. Atko, möge er ihr verzeihen, hatte ihr immer wieder Respekt vor allem Leben eingebläut. Ihr Angreifer.. Das war kein Ding gewesen, sondern ein Wolf. Wie sie selbst, wie Enaid, wie ihre Familie. Zumindest war es das, was ihr Verstand ihr sagte, was sie wie ein Mantra in ihrem Kopf wiederholte, auch wenn der angsterfüllte Sog in ihrer Brust dagegen anschrie.
Als ihr Wegbegleiter mit letzter Kraft zum Sprung ansetzte und unweit von ihr mit dem Oberkörper am Ufer landete, wurde sie aus dem Wirrwarr ihrer Gedanken gerissen und schoss nach vorn um ihn bestimmt im Nackenfell zu packen und vollends aus dem Wasser zu ziehen. Da lag er nun - Enaid, der sie, trotz ihrer eher flüchtigen Bekanntschaft und der immensen Gefahr die sein Handeln für ihn bedeutet hatte der heranwachsenden Fähe das Leben gerettet und sie verteidigt hatte als wären sie dem selben Rudel zugehörig.
Eden seufzte erleichtert und ließ sich erschöpft neben ihn fallen. Jetzt wo die Gefahr endlich gebannt war, verließ das Adrenalin ihren Körper und verbannte jegliche Knochen aus ihren zitternden Beinen. Seine Frage beantwortete sie mit einem amüsierten lächeln. "Das fragst du mich?" So ausgelaugt, durchnässt und nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen, wie er am Boden kauerte, erschien seine Frage einfach absurd. Dann nickte sie aber wohlwollend. "Ich bin okay. Du auch? Wenn wir etwas zu Kräften gekommen sind, sollten wir uns vorerst einen Unterschlupf suchen. " In ihrem Zustand würde das unbarmherzige Klima sonst ihr übriges tun. Schon jetzt fröstelte sie unter den kalten Windstößen und in den Spitzen ihres Pelzes bildeten sich kleine Eiszapfen, wo das Wasser heraus tropfte.
Sie hielt die Schnauze in die Luft und sog sie durch die Nase ein. Von nun an würde sie vorsichtiger sein, noch eine Begegnung wie die letzte würden sie sicher nicht überstehen. Angewidert zog sie die Nase kraus. Noch immer hing der latente Geruch von Verwesung und Fäulnis in der Luft, obwohl sein Verursacher schon längst aus dieser Welt geschieden war. Zumindest hoffte Eden das inständig.
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Es war nicht einfach seine Stimme über das Rauschen des Wassers hinweg auszumachen. Aber schnell war Eden sich sicher - es war wirklich Enaid, der ihr da von irgendwo zu rief. Suchend warf sie den Kopf hin und her - Schnee, Wasser, Wasser, Fels, Wasser, Wolf, Wasser, Schn- ... Moment, Wolf? - Enaid! Auch er klammerte sich an den schroffen Fels und blickte sich hektisch um, doch er schien sich nicht entdecken zu können.
"Ich bin hier!", rief sie, ihre Stimme war rau von einer Mischung aus Euphorie und Ungeduld. "Du musst es irgendwie zu mir schaffen, ich glaube, hier kommen wir raus!"
Wie zur Überprüfung ihrer Theorie stämmte sie ihre Vorderpfoten in den Stein, versuchte mit den Hinterbeinen Schwung zu holen und katapultierte sich dann so weit wie möglich aus dem Wasser. Ihr Brustkorb machte unangenehme Bekanntschaft mit der harten Oberfläche und entledigte sich stoßartig seiner Luftkapazität. Ihre Hinterpfoten kratzten am Fels entlang, versuchten Halt zu finden, letztendlich mit Erfolg. Japsend vor Anstrengung und triefend nass lag die junge Wölfin nun am Ufer und kam sich vor wie ein Fisch auf dem trockenen.
Nach einigen Sekunden des Zuatemkommens rappelte sie sich jedoch auf und äugte zu der Stelle, an der sich der weiße Rüde eben befunden hatte. Noch immer hing er da und wirkte, als ob jeden Moment jedwede restliche Körperkraft verlassen könnte. Eden wollte ihm helfen, auch wenn sie sicher nicht kräftig genug war, ihn alleine aus dem Fluss zu ziehen. Trotzdem, sie würde ihn zumindest so gut es ihr gelang unterstützen.
Konzentrierten Schrittes bemühte sich die Halbstarke zu Enaid zu gelangen, was sich schwieriger gestaltete als gedacht. Durch das heraus spritzende Flusswasser waren die Felsen nämlich von einer hauchdünnen Eisschicht überzogen und stellenweise ausgesprochen rutschig. Sie lief also so weit es das Eis zu ließ in die Richtung ihres Begleiters und bellte ihm dann ermutigend zu - einen geringen Abstand musste er noch überwinden, dann würde sie ihn am Pelz packen und ihn beim Ausstieg unterstützen können.
[bei Enaid | Flussufer | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Ein Ruck ging durch ihren Körper, als Enaids Fang sich um die lose Haut in ihrem Nacken schloss und damit ihren Fall stoppte. Vorerst zumindest, denn auch die weiße Decke unter den Pfoten des Rüden knirschte verdächtig, begann zu bröckeln und gab schließlich nach. Mit aller Kraft versuchte sie Halt zu finden, sich ab zu stützen und wieder auf die Beine zu kommen, doch vergebens. Während ihr vermoderter Angreifer bereits mit einem lauten Platschen im Wasser des Flusses gelandet war, kamen nun auch Eden und ihr weißer Begleiter den eisigen Wogen immer näher.
"Enaid!", rief sie verzweifelt. Durch das Herumgewirbel in den stürzenden Schneemassen hatte sie ihn aus den Augen verloren. Die Tarnfarbe seines Fells machte es einem auch nicht gerade leicht. Bevor sie ihn jedoch erspähen konnte, tauchte auch sie in die Wasseroberfläche ein, wenn auch nicht mit einer solchen Wucht, wie es der kranke Wolf getan haben musste.
Der Schock der Eiseskälte fuhr ihr in alle Glieder und lähmte sie für einige Sekunden. Die junge Fähe wagte es kaum sich zu bewegen, es fühlte sich an, als drohten ihre Beine abzubrechen, wie Eiszapfen, sollte sie sie irgendeiner Belastung aussetzen. Doch es dauerte nicht lange, bis ihr die Luft ausging und ihre Lungen sie dazu drängten Luft zu holen, sie musste an die Oberfläche und zwar schnell. Mit kräftigen Tritten strampelte sie sich nach oben und sog dann japsend die Luft ein.
Dann prallte sie gegen etwas Hartes. Eden öffnete die Augen. Die Fluten hatten sie gegen eine stabile Felsformation gedrückt, die ihr nun ein rettender Anker waren. Hektisch krallte sie sich an Ort und Stelle fest, um nicht im nächsten Moment wieder abgetrieben zu werden. Wieder rief Eden nach ihrem Begleiter, mit etwas Glück würden sie sich hier gemeinsam aus dem Wasser hieven können.
Ein Geräusch drang an ihre Ohren und sie versuchte so gut es ging ihren Kopf in die Richtung zu drehen, aus der es kam. Ein verzweifeltes Japsen war es, was sie hörte. Jemand flehte um Hilfe! Enaid? Dann war es plötzlich still um sie herum. Bis auf das Plätschern des Flusses, der sich unberührt seinen Weg durch die Einöde bahnte.
[bei Enaid | im Fluss, Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Ein widerliches Knacken hallte durch die klirrend kalte Luft. Für unwissende Ohren mochte es kaum anders geklungen haben als ein brechender Ast unter dem Gewicht des Schnees, der sich auf ihm gesammelt hatte. Doch Eden wusste es besser - konnte sich zumindest den Kontext des Geräusches zusammen reimen. Von ihrem Versteck aus konnte sie nicht sehen, was sich ein gutes Stück von ihr entfernt abspielte, wollte sie auch nicht. Trotzdem war ihr bewusst, dass das erbitterte Gerangel zwischen Enaid und dem anderen.. Wolf abspielte bitterer Ernst war. Es ging um Leben und Tod.
Kurz herrschte Stille, das zusammengekauerte, beigefarbene Fellbündel, das sie darstellte, lauschte angestrengt. Sie traute der Ruhe nicht, auch wenn sie gerade nichts mehr wollte als das. Doch die Bedrohung hing weiterhin bleischwer über ihr.
Dann: hastige Sprünge durch den Schnee, hecheln - jemand kam näher. Eden rührte sich nicht, sie war wie gelähmt, konnte sie doch nur mutmaßen, ob es ihr weißer Retter war, der nach ihr suchte oder die wolfgewordene Pest, die ihnen aus irgendeinem Grund nach dem Leben trachtete.
Am Rande ihres Sichtfeldes dann sah sie eine helle Silhouette sich über den Rand der Schneewehe werfen und atmete erleichtert aus, als sie diese als Enaid erkannte. Allmutter sei Dank!, rief sie in Gedanken aus und begann vor lauter Erleichterung zaghaft mit der Rute zu wedeln. Und dann dämmerte es ihr; obwohl Enaid nun nicht mehr durch den Schnee hastete, waren immer noch schnelle Schritte zu hören. Schritte und etwas, das klang als würde man ein Stück Beute über den Boden ziehen. Wie ein Schlag breitete sich ein unheilvolles Kribbeln auf ihrem Körper aus. "Nein, bitte..", winselte sie verzweifelt. "Nein, nein, nein, nein, nein." Wie ein Mantra wisperte sie vor sich hin. Nur würde ihr das nicht helfen.
Von einer Sekunde auf die andere schob sich das grässliche Erscheinungsbild ihres Verfolgers zwischen sie und den weißen Rüden. Eden konnte sich nicht erklären, wie das möglich war, aber inzwischen sah er noch unwirklicher aus als zu vor. Er gab ein grauenvolles Röcheln von sich und sein Bein.. was war nur mit seinem Bein?
Ein Gefühl endloser Hilflosigkeit breitete sich in ihr aus. Die erschöpfte Fähe hatte keine Kraft mehr ihrem Angreifer etwas entgegen zu setzen, weder physisch, noch mental. Das wusste sie, also schloss sie die Augen; presste die Lider fest zusammen und versuchte sich ein letztes Mal ihre Heimat und ihre Familie ins Gedächtnis zu rufen. Wenn sie schon sterben musste, dann wollte sie das mit Wärme im Herzen tun und nicht während sie in den aufgerissenen, stinkenden Schlund ihres Mörders blickte.
Und dann kam alles ganz anders. Noch bevor der Wahnsinniggewordene sie erreichen konnte, spürte Eden einen Zug unter ihren Pfoten, der den Schnee erst langsam ins Rutschen brachte und dann plötzlich ganze Massen mit sich riss. Der angeschlagene Wolf verlor das Gleichgewicht und wurde vom Schnee davon getragen - ebenso wie sie selbst. Erschrocken japsend versuchte sie sich noch fest zu krallen, irgendwo halt zu finden. Vergeblich.
[NPC, Enaid | Kältesturm-Halbinsel, Nähe Fluss]
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Ein schmerzerfülltes Jaulen, bahnte sich den Weg zu Edens Ohren, dann ein Moment der Stille, gefolgt von erneuten Kampfgeräuschen. Anders als beim ersten Mal aber, klangen diese nicht so tosend, irgendwie entschleunigt - auch Enaid und ihr gemeinsamer Widersacher mussten allmählich erschöpft sein, so wie sie. Für Gewöhnlich verfügte sie zwar über eine gute Ausdauer, doch eine panische Flucht in vollem Galopp, wie sie sie gerade hinlegte, das war doch etwas ganz anderes. Bald würde sie sich geschlagen geben müssen.
Erneut warf die verzweifelte Jungfähe einen Blick über die Schulter, versuchte das Geschehen in ihrem Rücken auszumachen und übersah dabei die etwa wolfshohe Schneewehe, über deren Hang sie nun stürzte. Nicht einmal ein Laut des Erschreckens kam über ihre Lippen, die Strapazen ihrer Flucht ließen ihr nicht genug Atem dazu. Auch kämpfte sie sich jetzt nicht nochmal auf die zitternden Pfoten, denn nun, wo sie einmal lag, fühlte es sich so an, als würde sie nie wieder auch nur einen Meter gehen können. Stattdessen also robbte sie resigniert und außer Atem so dicht wie möglich an den Hang der Schneewehe heran und hoffte, sie möge sie vor dem Blick des monströsen Verfolgers verbergen.
Angestrengt versuchte Eden das Hecheln zu unterdrücken, verbarg dafür die Schnauze unter ihren Pfoten und sandte gedanklich ein flehendes Stoßgebet an Atko, ihren Mentor und an ihre liebe Mutter. Gerade fühlte sie sich wie ein Neugeborenes - taub, blind, hilflos. Sie wollte hier nicht sterben, so weit weg von ihrer Familie und während ein Wolf, den sie gerade erst kennengelernt hatte, sein Leben riskierte um ihr die Flucht zu ermöglichen. Auf soetwas war sie nicht vorbereitet gewesen, als Eden sich noch voller Stolz und Tatendrang auf den Weg gemacht hatte das Heilmittel für ihr Rudel zu finden. Doch selbst wenn man sie vor dem was sie erwartete gewarnt hätte, so hätte sie es vermutlich nicht geglaubt.
[in der Nähe von NPC, Enaid | Kältesturm-Halbinsel]
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Nur am Rande bekam sie mit, dass Enaid das Wort an sie richtete und ihr sagte, sie solle sich nicht umdrehen, sondern fliehen. Das musste er ihr nicht zweimal sagen. Mit geklemmter Rute - auch wenn man das aufgrund derer stummeligen Natur kaum erkennen konnte - rannte Eden so schnell sie konnte. Sie hatte bereits eine gute Distanz zwischen sich und den unheilvollen Angreifer gebracht, als sie hörte, dass zwischen ihm und Enaid ein Gerangel ausgebrochen sein musste.
Kleine Stromstöße jagten ihren Körper hinauf. Es war ihr klar, dass das keine gute Idee war. Dennoch kam sie nun abrupt zum Stehen und blickte über die Schulter zurück. Die kleine Fähe wollte ihren weißen Weggefährten doch nur unversehrt wissen. Das einzige, was sie aber in dem kurzen Moment ihres Zögerns erkennen konnte, war die Einsicht, dass sie sich damit selbst erneut in extreme Gefahr gebracht hatte. Der wildgewordene Haufen aus Haut. Knochen und übelriechendem Sekret hatte Enaid nämlich achtlos hinter sich gelassen und folgte ihr in einem Tempo, dass sie bei seinem schlechten Zustand kaum für möglich gehalten hatte.
Eden japste verzweifelt, ehe sie selbst wieder an Geschwindigkeit aufnahm und so schnell sie konnte davon stob. Wie ein Hase schlug sie Haken, hoffte der Angreifer würde seine Verfolgung aufgeben. Lange konnte er dieses Tempo sicher nicht aufrecht erhalten, noch vor wenigen Momenten, hatte er es schließlich kaum geschafft überhaupt aufrecht zu stehen. Doch auch Edens Ausdauer war nicht unendlich - das Rennen im hohen Schnee war anstrengend, beschwerte ihre Beine und ihre Lunge brannte. In ihrem Schädel rasten die Gedanken, suchten nach einem Ausweg aus dieser schrecklichen Situation. Was wollte dieses Ding nur von ihr?
[Enaid, NPC | Kältesturm-Halbinsel]
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Instabilen Schrittes schleppte sich die entstellte Gestalt des Kranken weiter auf sie zu. Seine Bewegungen wirkten ungelenk und falsch, als wären all seine Gelenke aus ihren Pfannen gesprungen und rotierten nun zufällig in irgendeine Richtung. Der rot gefärbte Schnee-Matsch unter seinen Pfoten schmatzte ekelerregend dabei. Es war verrückt wie allein die Art der Fortbewegung dieses Artgenossen - wenn man ihn denn noch als solchen bezeichnen konnte - sie so ängstigen konnte, dass sie inzwischen so aussah, als stünde sie kurz vor der Detonation. Jedes einzelne ihrer Haare stand Eden kerzengerade zu Berge.
Wieder startete der Wolf den Versuch sich ihnen mitzuteilen. Die aufgeplusterte Fähe konnte nur erahnen, was er meinte. Noch während er vor sich hin stammelte, machte sie langsam noch ein paar kleine Schritte zurück, hoffte sie würde Enaid damit endlich dazu animieren können ebenfalls den Rückzug anzutreten. "Bitte Enaid, lass uns gehen.", fügte sie drängend hinzu.
Plötzlich war es still geworden. Die arme Seele, die ihnen gegenüber stand, hatte aufgehört zu faseln, auch wenn man den rasselnden, stinkenden Atem noch hören konnte. Doch nicht nur das, er sah nun auch nicht mehr so aus, als würde er jeden Moment zusammen brechen, im Gegenteil. Das was von seiner Muskulatur noch übrig war, war jetzt fest und gespannt, es gab kein Zittern oder Wanken mehr. Eden hob irritiert den Kopf. Der Fremde wirkte absolut fokussiert. Aber fokussiert auf was?
Als es ihr schlagartig klar wurde, sah sie das weit aufgerissene, zerfressene Gebiss schon auf sich zu schießen und jaulte erschrocken auf. Ihr blieb nur der Bruchteil einer Sekunde um auszuweichen, also warf sie sich in einem tiefen Hechtsprung zur Seite. Ihre Landung war hart, aber sie sprang sofort wieder auf. Vor Panik waren ihre Augen weit aufgerissen und ihre Pupillen verdrängten beinahe alle Farbe ihrer Iris. Sie sah zurück zu dem Fleck, auf dem sie gerade noch gestanden hatte und über dem nun der krankheitszerfressene Rüde wie ein Wahnsinniger kauerte. Zwar hatte sie seinen Fängen gerade so noch entgehen können, allerdings befand er sich nun zwischen ihr und Enaid.
Ihr Körper arbeitete auf Hochtouren. Der Schock der Attacke saß der jungen Wölfin tief in den Knochen und ihr Herz raste so schnell, dass sie fürchtete es würde ihr jeden Moment aus dem Brustkorb springen. Gelähmt von der Angst, erstarrte sie einen Augenblick, bevor sie dem weißen Rüden eine letzte verzweifelte Aufforderung zujaulte und dann los schoss - weg von dem Ding, das einst ein Wolf gewesen war. Aber auch weg von Enaid. Sie sah sich nicht nochmal um, betete jedoch inständig er würde es ihr gleich tun.
[entfernt sich von Enaid und NPC | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Es dauerte einen Moment, bis die unförmige Gestalt es schaffte sich hinter ihrem dürren Gewächs hervor zu kämpfen. Seltsam angestrengt und mit einem widerlichen Knacken ging das ganze von statten und kurz wirkte es so, als würde dieses Wesen ganz in sich zusammen fallen. Eden starrte ihm unverblümt und wie gebannt entgegen - sowas hatte sie noch nie gesehen. Plötzlich aber, erkannte sie, was sich da so instabil und wackelnd auf sie zu bewegte; es war ein anderer Wolf.
Erst entspannte sie sich und ihre Rute setzte sogar zu einem freundlichen Pendeln an, ebbte aber sofort wieder ab, als sie sich mit jeder weiteren Sekunde, die sie ihn ansah, unsicherer wurde, ob sie sich nicht doch getäuscht hatte. So sah doch kein Wolf aus. Der Fremde war ganz ausgemergelt und krummbeinig und seine Haut schien sich nun mehr schlecht als recht an seinen Knochen fest zu halten. Es war, als hätte sich ein Skellet die tote Haut eines anderen übergeworfen. Und dann dieser Geruch!
Mit einer schiefen Grimasse, würgte der Wolf etwas hervor, dass eventuell einen Gruß darstellen sollte. Aber das war reine Spekulation. Auch seine Augen ließen keinerlei Intention erkennen. Eingefallen und trüb, rollten sie in seinem Schädel hin und her, während er wohl versuchte Eden und Enaid zu fokussieren.
Die Jungwölfin wich neben ihrem neuen Freund einige Schritte zurück. Jetzt hatte auch sie die Ohren angelegt, leckte sich unsicher über die Schnauze und kniff die Rute ein, während ihr Blick immer wieder zu Enaid huschte. Er würde sicher wissen, was zu tun war. Tatsächlich raunte er ihr etwas zu, bevor er wenig später auch schon in ihre Richtung sprang, um dem Schwall Blut auszuweichen, der sich plötzlich einen Weg aus dem Rachen des entstellten Wolfes bahnte.
Der Weißpelz musste sie nicht zweimal bitten. Mit ihm machte sie einen großen Satz zurück und war bereit in Windeseile davon zu schießen. Sie wollte weg. So schnell wie möglich und so weit wie möglich von dieser armen, dem Tode geweihten Kreatur. Inzwischen war Eden bewusst geworden, dass es sich hier um jene Krankheit handeln musste, für die sie ein Heilmittel suchten. Ein solches Ausmaß der körperlichen Zerstörung war ihren jungen Augen bisher allerdings erspart geblieben. Umso mehr drehte sich ihr vor Angst der Magen um und schickte kleine elektrisierte Wellen durch ihren Körper.
Als sie über die Schulter blickte, war Enaid jedoch schon wieder stehen geblieben und hatte das Wort an den Artgenossen gerichtet. Was tat er da?
"E-Enaid... Lass uns verschwinden. Ihm ist nicht mehr zu helfen.", rief sie ihm leise zu. Auch wenn es sie schmerzte jemanden in so erbärmlichen Zustand allein zurück zu lassen, sie konnten nichts für ihn tun und liefen Gefahr sich selbst zu infizieren. Wer würde ihren Familien dann noch zur Hilfe kommen?
[Enaid | in der Nähe von NPC | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Auf Enaids aufmunternde Worte hin, nickte sie zustimmend und fühlte sich gleich besser. Er hatte recht, wenn sich die Anzahl der suchenden Wölfe verdoppelte, dann musste sich doch auch die Chance auf Erfolg verdoppeln - oder? Wie dem auch sei, Eden war jedenfalls dankbar dafür, dass sie sich mit dem weißen Rüden so gut verstand und sie nicht länger allein umher streifen musste.
"Nein, ich denke ni-", sagte sie. Oder viel mehr, wollte sie es sagen. Dass sie nicht glaubte, dass auch Beutetiere von dieser Krankheit befallen wurden. Dann aber, war ihr so, als würde sie etwas übersehen, etwas wesentliches. Kleine Bruchstücke verschiedener Erinnerungen, die die Jungwölfin bisher nicht als wichtig erachtet hätte, fügten sich zusammen und lagen plötzlich wie Steine in ihrem Magen.
Zum Beispiel kam ihr plötzlich in den Sinn, wie viel Wild ihr Rudel kurz vor dem Ausbruch der elenden Seuche hatte reißen können, weil die Beute seltsam unvorsichtig geworden war. Wie ein Segen, war ihnen das vorgekommen.
Sie erinnerte sich auch an eine der Ältesten, die ihren Anteil des Fleisches nicht hatte anrühren wollen, weil es einen komischen Beigeschmack hatte. Niemand sonst hatte nachvollziehen können, was sie meinte.
Natürlich könnten das Zufälle gewesen sein, aber irgendwas sagte Eden, dass ihre Befürchtung begründet war. "Ich.. Ich fürchte auch die anderen Tiere werden krank.", sagte sie, der Horror ihrer Erkenntnis stand ihr ins Gesicht geschrieben. Die beigefarbene Fähe warf einen Blick über die Schulter, wo sich noch immer Spuren ihrer Mäusejagd abzeichneten und war auf einmal gar nicht mehr so froh über ihren Jagderfolg.
Sie war froh, als Enaid das Gespräch wieder in eine andere Richtung lenken wollte, wurde aber stutzig, als er mitten im Satz abbrach und sie fragte, ob sie etwas gehört habe. Nein, sie hatte nichts gehört. Dafür lauschte sie jetzt angestrengt und sah sich, wie Enaid um. Dabei duckte sie sich und kniff die Augen etwas zusammen, bis ihr Blick letztendlich an etwas hängen blieb, das bis eben noch nicht da gewesen war.
"Da drüben.", wisperte sie und nickte in die Richtung, damit Enaid es auch sehen konnte. Aber was war das? Lebendig war es, das konnte sie sagen. Und es versteckte sich wie ein ungeschickter Welpe hinter einer viel zu kleinen Pflanze, die es gerade so schaffte sein Gesicht zu verdecken. Verwirrt legte sie den Kopf schief, bevor sie einen fragend Blick an Enaid richtete.
[Enaid | in der Nähe von NPC | Kältesturm-Halbinsel]
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Thema: Titel |
Hello, könnte ich für Eden bitte noch "das Lamm" haben? 
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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr |
Tatsächlich. Der ältere Rüde wusste also wovon sie sprach und hatte die abscheuliche Krankheit selbst gesehen. Seiner Erzählung nach, litt auch sein Rudel stete Verluste und lechzte nach einer Heilung. Eden sah den Schmerz in seinem Gesicht und erkannte darin sich selbst. Unglaublich wie sie einander in vielerlei Hinsicht glichen.
Mitgefühl Enaid gegenüber breitete sich wie eine warme Welle in ihrer Brust aus. Sie konnte erahnen wie er sich fühlen musste und fühlte sofort eine Art der Verantwortung. Die Pflichten einer guten Heilerin endeten schließlich nicht bei körperlichen Beschwerden; auch die Gesundheit einer Seele wollte erhalten werden.
"Ja, ich verstehe was du meinst.", murmelte sie zustimmend. Auch wenn es ihr bereits wie eine halbe Ewigkeit vorkam; sie war noch nicht allzu lange unterwegs. Und doch saß ihr die Zeit bedrohlich im Nacken. Die junge Fähe hatte selbst erlebt wie schnell diese Pest Opfer forderte, sobald sie einmal ausgebrochen war. "Aber wir Wölfe sind zäh.", sagte sie dann in einem Versuch die Stimmung zu heben. "Sie werden sicher durchhalten, bis wir eine Lösung gefunden haben."
Einen Moment lang war es still, bis auf den eisigen Wind, der ihnen pfeifend durch den Pelz blies. Bald würden sie weiterziehen oder sich einen Unterschlupf suchen müssen, wenn sie nicht der erbarmungslosen Witterung zum Opfer fallen wollten.
Ein Anhaltspunkt? Eden dachte darüber nach, schüttelte dabei aber langsam den Kopf. Atko und sie hatten seinerzeit alles probiert, das ihnen eingefallen war - sämtliche Kräuter, Wurzeln und Wickel, die ihr Territorium hergegeben hatte - erfolglos. Wenn sie ehrlich mit sich war, hatte sie bisher einfach gehofft auf ihrer Reise wie zufällig über ein Heilmittel zu stolpern - so wie sie über Enaid gestolpert war, wenn sie es sich recht überlegte.
"Nicht wirklich..", antwortete sie dann hinter zusammen gepressten Zähnen. Es widerstrebte ihr zuzugeben, wie wenig Ahnung sie auf diesem Gebiet hatte. "Tut mir leid." Das tat es wirklich. Wie gern hätte sie dem Rüden weitergeholfen.
[bei Enaid | Kältesturm-Halbinsel]
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