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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
14.06.2025 22:54 Forum: Das Tal

Als sie bei Yarok ankamen passierte alles ziemlich schnell. Anouk entschuldigte sich und weinte dann wieder, doch Yarok war sofort zur Stelle und tröstete ihn. Sofort sprang er ab und sah besorgt zu Anouk auf und beobachtete dann, wie Yarok seinen Kopf an seiner Schulter rieb nachdem er ihm über die Lefze geleckt hatte. Und irgendwie..verursachte diese Geste in ihm so etwas, wie ein Glücksgefühl. Ja, er freute sich, dass sich jemand so um Anouk kümmerte - denn das war genau das, was er brauchte. Überrascht war er allerdings nicht wirklich, denn er hatte schon vorher gespürt, dass Yarok ein gutes Herz hatte. Manche hatten eben diese Ausstrahlung. Was ihn noch mehr freute war, dass Anouk das auch anzunehmen schien. Und wenn er ganz ehrlich mit sich war..freute er sich unter anderem darüber, weil er nun wusste, dass es nun anscheinend noch jemand anderen gab, der in der Lage war, Anouk zu trösten. Ja, er fühlte sich quasi..entlastet, zumindest etwas. Das mochte zwar auch ein wenig egoistisch sein, zumindest fühlte er sich direkt danach so, doch..vorwerfen konnte ihm das niemand, nicht mal er selbst. Er hatte sich stets um Anouk gekümmert, würde das auch weiterhin machen und machte das auch gern. Denn sie waren Freunde, sie hatten eine starke Verbindung, die er sehr schätzte. Das gab ihm nun die Möglichkeit, seinen Blick etwas über den Rudelplatz schweifen zu lassen und die Wölfe zu beobachten, dabei achtete er natürlich darauf, keinen der Wölfe zu lange anzusehen - und erst Recht nicht Takata. Denn er war froh, dass ihre kleine "Auseinandersetzung" so glimpflich ausgegangen war, er wollte ihr Gemüt jetzt nicht noch weiter erhitzen und vermied es zunächst, zu ihr zu sehen. Stattdessen konzentrierte er sich auf die anderen Wölfe, behielt aber den Großteil seiner Aufmerksamkeit trotzdem bei Anouk und Yarok falls er gebraucht wurde.

Er zitterte, die überwältigend starken Gefühle hatten ihn erneut wie eine Welle überrollt und zum beben gebracht. Alle Geräusche um ihn herum wurden matt bis sie schließlich verstummten und auch die Umgebung löste sich in Luft auf. Das einzige, was blieb war ein Gesicht, das ihm schmerzlich bekannt war..Ruko. Er sah ihn deutlich vor sich, sah in seine strahlenden, aber gleichzeitig warmen Augen..ein altbekanntes Gefühl machte sich in ihm breit. Es war angenehm wohlig prickelnd, warm, es erfüllte seinen ganzen Körper und brachte ihn zum Lächeln. Dann spürte er eine Zunge an seiner Lefze, auch sie hinterließ ein prickelndes, kribbelndes Gefühl an der Stelle, an der sie ihn berührt hatte und er musste noch etwas mehr lächeln, zudem bewegte sich sein Schweif nun sanft hin und her.
"Wenn du nicht darüber reden magst ist das in Ordnung. Ich wollte mich dir nicht aufdrängen..du scheinst viel durchgemacht zu haben, und manchmal braucht es eben Zeit, bis man manche Dinge verarbeitet hat - aber du sollst wissen, dass ich jederzeit für dich da bin, wenn du reden möchtest."
Danach schob er sich noch etwas weiter vor und rieb seinen Kopf an seiner Schulter, Anouk entgegnete darauf ein zufriedenes, leises grummeln und schob die Nase in sein Fell, um seinen Geruch in sich aufzunehmen..doch..da war nicht Rukos Geruch. Das war ein anderer, den er zwar noch nicht so gut kannte, aber dennoch gut genug.
Y..Yarok.., schoss es ihm durch den Kopf und er blinzelte ein paar Mal. Die Umgebung kehrte wieder zurück und er befand sich wieder auf dem Rudelplatz, Yarok war nun neben ihm, ganz so, wie Ruko..waren die Worte seine gewesen? Hatte er seinen Kopf an seiner Schulter gerieben? Und hatte er ihm..über die Lefze geleckt? Es brauchte nur eine Sekunde, bis er sich diese Frage mit Ja beantworten konnte, denn er hatte noch immer die Nase in seinem Fell und erstarrte. Er spürte förmlich, wie sich die Verlegenheit in seinem Körper ausbreitete und die Röte in sein Gesicht stieg. Sein erster Impuls war, sich zu lösen - doch er war erstarrt und konnte sich nicht rühren. Außerdem..war da noch etwas anderes. Etwas in ihm hielt ihn davon ab, zurück zu weichen, denn etwas in ihm sehnte sich genau nach dieser Nähe. Ja, es war ihm nicht mal wirklich unangenehm, nur..ungewohnt. Er schob die Schnauze noch etwas tiefer in Yaroks Fell und nahm nun seinen Geruch auf, er kitzelte in seiner Nase, vermittelte ihm aber auch ein wohliges, angenehmes Gefühl. Etwas widerwillig hob er dann aber die Schnauze und legte sie dann hinter der Schulter des Rüden ab, dann seufzte er leise.
"D..Danke, das..habe ich gebraucht. Du..musst dich nicht entschuldigen, das..konntest du nicht wissen. Es..ist zu viel passiert..und..ich kann noch nicht genauer auf alles eingehen, aber..ich..habe Wölfe verloren, die mir sehr wichtig waren..mein..Geburtsrudel..hat mich verachtet weil ich..schwach bin..genau so, wie..wie mein Ziehbruder..er hat mich das auch spüren lassen und mich immer wieder..gequält.."
Zwar fehlten noch sehr viele Details, doch selbst das auszusprechen fiel ihm schwer. Allein der Gedanke an all diese Dinge brachte wieder das Zittern in ihm hervor und er presste abermals die Schnauze in Yaroks Fell, um alles auszublenden. Er wollte endlich vergessen, er wollte, dass diese Wunden heilten, dass diese Schrecken ihn nicht mehr verfolgten..doch konnte es jemals so sein?

[Bei Yarok | Am Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
24.05.2025 19:19 Forum: Das Tal

Schwermütig legte sich die Trauer ein weiteres Mal über ihn und es fühlte sich an, als drohte die Last dieser, ihn zu erdrücken. Sie zog in seine Glieder sodass er nicht wusste, ob er je wieder von Ort und Stelle fort kam. Selbst sein Kopf war so schwer, dass er ihn zu langsam heben konnte, um Takata anzusehen, als sie zu ihm sprach. Ihre Worte nahm er auch nur teilweise war - irgendwas mit "still sein" und "Gekrächze" - damit meinte sie wohl Karasu. Behäbig wandte er den Kopf in die Richtung des Baumes, auf dessen Ästen der Rabe verweilte, erhob sich dann und schliff seine schweren Glieder zu ihm hin. Doch war es nicht er, der diese Bewegungen ausführte. Das alles passierte von selbst. Denn er wusste, dass er sich nicht aufgeben durfte, dass es irgendwie weiter ging. Nur das wie..darauf hatte er keine Antwort.

All seine Bemühung schien umsonst, die Wölfin ignorierte all seine Worte gekonnt. Stattdessen wandte sie sich dann ab und lief weg, nur, um Anouk dann noch mitzuteilen, dass er ihm sagen sollte, er solle ruhig sein. Aber eigentlich hatte er ja auch genau das erwartet. Sie respektierte ihn kein Stück - was auch verständlich war, schließlich waren er und Anouk hier noch neu, dazu kam, dass sie Raben offensichtlich nicht besonders mochte. Doch der ausschlaggebende Punkt war wohl, dass sie nach wie vor mit eigenen Problemen zu kämpfen hatte. Zwar ärgerte es ihn ein wenig, dass sie ihn einfach so ignorierte, doch er würde es ihr nicht übel nehmen und darauf hoffen, dass in ihr doch eine freundlichere Wölfin steckte. Er sah schließlich, wie Anouk zu ihm kam und bemerkte auch, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Erneut wirkte er so..schwerfällig, seine Gefühle schienen ihn wieder eingenommen zu haben. Schnell ließ er sich von seinem Ast auf den Boden hinab segeln und sah zu ihm auf.
"Anouk, was ist denn?", fragte er vorsichtig mit gesenkter, zärtlicher Stimme.
Der Rüde schien kurz zu überlegen und es wirkte zuerst, als hätte er ihn gar nicht verstanden, doch dann brachte er schließlich, fast flüsternd, hervor:

"Ich..wünschte..Ruko..wäre hier..ich..vermisse ihn.."
Dieser Satz versetzte ihm einen Stich ins Herz. Zwar hatte er Ruko längst nicht so nah gestanden, wie Anouk, aber trotzdem konnte er sich gut in ihn hinein versetzen ohne je selber wirklich so etwas erlebt zu haben. Nur wusste er nicht immer, was er tun konnte, um ihn aufzumuntern, außer, für ihn da zu sein. Oft würde er es mit lustigen Geschichten probieren, die er sich entweder einfallen ließ oder die ihm wirklich passiert waren oder er würde ihm gut zureden oder, oder, oder..es gab einige Möglichkeiten, das kam immer ganz auf seine Verfassung an. Wenn er aber, wie jetzt, nicht wirklich aufnahmefähig wirkte..da war es eher schwierig. Eine Art der Ablenkung musste her, aber welche?
Kurz ließ er den Blick schweifen - Niyol kam nicht wirklich infrage, zudem war er auch mit anderen Wölfen beschäftigt, Takata kam auf gar keinen Fall in Frage und der Rest des Rudels..auch nicht wirklich.
Außer vielleicht.. - Ja, doch! Es gab einen Wolf, der jetzt vielleicht helfen konnte!
"Ich weiß, Anouk, und..es ist in Ordnung, zu trauern. Schmerz ist etwas, das man nicht verdrängen sollte..denn so wird es nur schlimmer. Man sollte seinen Gefühlen Freiraum lassen und sie nicht einsperren..und ich denke, es wird noch eine ganze Weile schmerzen. Aber weißt du..das hier, dieses Rudel..ist eine wunderbare Möglichkeit, diesen Schmerz zu bekämpfen. Ich mache dir mal einen Vorschlag: Wie wäre es, wenn wir erst Mal zu Yarok gehen?"


Yarok..als der Name zu ihm hindurch drang zuckten seine Ohren kurz auf.
"J..ja..ich..glaube, das..wäre eine gute Idee", antwortete er dann fast wie von selbst und erhob sich schließlich. Karasu schwang sich in die Lüfte, währenddessen stand er auf, sodass der Rabe sich schließlich wieder auf seinem Rücken niederlassen konnte, dann liefen sie los. Noch immer schleppte er sich voran, seine Glieder waren noch schwer. Zudem fühlte er sich schlapp, und das kam nicht durch die vielen Emotionen, Nein - sein Körper benötigte dringend Energie. Nahrung. Doch er konnte es einfach nicht über sich bringen, die Reste, die hier herum lagen anzurühren - schon allein beim Gedanken daran wurde ihm wieder etwas übel. So verdrängte er das Gefühl abermals und dachte über die Worte Karasus nach, welche nun langsam bei ihm ankamen. Vor allem jene über das Rudel. War es wirklich das, wonach er sich immer gesehnt hatte? Er wusste es nicht so ganz, denn die Angst davor, wieder so etwas, wie damals zu erleben, lebte nach wie vor in ihm und beherrschte ihn. Nicht mal ansatzweise konnte er sich vorstellen, wie es war, nicht von jedem gemieden oder gar verachtet zu werden. Doch da gab es noch eine Angst, die ihm innewohnte..die Angst davor, noch jemanden zu verlieren. Er hatte schon so viele, die ihm nahe standen, verloren..es hatte ihn so viel Kraft gekostet, dass er nicht wusste, wie er es überstehen sollte, noch weitere Verluste ertragen zu müssen.
Seufzend hob er langsam den Kopf und sah dann zu Yarok. Den Rüden zu erblicken verschaffte ihm so etwas, wie Erleichterung. Er fühlte sich gleich wieder etwas leichter, spürte jedoch trotzdem noch den größten Teil der Schwere, die auf ihm lastete. Doch immerhin war das ein Anfang.
Als er dann schließlich vor ihm stand setzte er sich vorsichtig, seine Glieder waren noch zu schwer, um die ganze Zeit zu stehen. Dann senkte er den Blick und sah auf seine Pfoten. Er schaffte es nicht, ihm in die Augen zu sehen - nicht nur, weil seine eigenen Probleme ihn belasteten sondern auch weil er sich etwas schuldig fühlte, dass er den Rüden zuvor einfach in seiner Frage unterbrochen hatte. Und wofür? Um einer Wölfin Hilfe anzubieten, die seine Hilfe eigentlich gar nicht wollte. Aber er wusste, dass er es trotzdem versuchen würde. Warum? Das lag in seiner Natur..wenn jemand Hilfe brauchte, dann wollte er helfen.
"E..Entschuldige..", fing er dann an Yarok gewandt an, seine Stimme war noch etwas brüchig, sodass er sich kurz räusperte, bevor er fort fuhr. Die Unsicherheit blieb allerdings weiterhin in seiner Stimme.
"Entschuldige, dass..ich vorhin einfach so..gegangen bin und..nicht richtig..auf deine Frage eingegangen bin, ich..wollte nicht..unhöflich sein, es ist nur..ich.."
Er kniff die Augen zusammen und atmete tief durch. Trauer schoss schmerzhaft durch all seine Glieder, bahnte sich ihren Weg nach oben und sorgte schließlich dafür, dass sich seine Augen wieder mit Tränen füllten.
"Es ist nicht alles in Ordnung mit mir..", eine Träne tropfte auf seine Pfote und er schüttelte den Kopf, um die restlichen Tränen loszuwerden. "Ganz und gar nicht, es..ist nur so, dass..es mir schwer fällt, über manche Dinge zu reden.."

[Anouk & Karasu: zunächst in der Nähe von Takata, dann bei Yarok | Am Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
18.05.2025 16:50 Forum: Das Tal

Kurz nach Karasus Antwort sah er sich um und erstarrte dann, als er etwas, oder vielmehr jemanden, erblickte. Es war der schwarze Wolf, der sich zuvor noch bei der weißen Wölfin und nun Niyol befand, allerdings steuerte dieser nun genau auf sie zu. Allein sein Anblick reichte schon aus, um dafür zu sorgen, dass sich ihm die Kehle zuschnürte, doch dazu kam nun noch, dass er eine angespannte Haltung und eine ernste Miene hatte, was ihm einen Schauer von Angst durch den Körper jagte. Er fing an, unkontrolliert zu zittern. Was wollte er? Wollte er zu ihm? Würde er sie aus dem Rudel verjagen weil sie hier Unruhe stifteten? Innerlich bereitete er sich auf das schlimmste vor. Er erwartete harsche Worte seinerseits, ja, er konnte sogar schon das Knurren hören. Angsterfüllt kniff er die Augen zusammen und legte die Ohren an. Er wartete..und wartete..doch..es passierte nichts? Doch..etwas passierte, er hörte, wie Takata in ihrer Antwort, welche er nicht mitbekommen hatte, verstummte und öffnete langsam die Augen. Der schwarze Wolf hate sich zu ihr begeben und richtete seine Worte an sie. Er ermahnte sie, Karasu in Ruhe zu lassen, dass sie sich zusammennehmen sollte, für Skadi und ihren Freund, und da nur so das Rudel funktionieren und überleben konnte, gerade in Angesicht der Krankheit. Damit hatte er nicht gerechnet. Nachdem der Wolf gesprochen hatte warf er noch einen Blick auf Karasu und begab sich dann zurück zu den anderen. Wer war er? War er der neue Anführer? Oder stand er Takata nah? Sein Zittern ebbte langsam wieder ab und er atmete durch, versuchte, seine Gedanken zu sortieren.
Skadi? Ihr Freund?, sein Kopf schwirrte. Den Name hatte er zuvor noch nicht gehört, war das einer der hier anwesenden Wölfe? Und wer war ihr Freund? Zu gern wüsste er mehr, vielleicht half ihm das, sie zu verstehen..doch sie konnte er schlecht fragen, und andere wollte er zu ihr auch nur ungern befragen, das würde sie sicherlich nicht gut finden. Als Reaktion darauf warf sie Karasu noch eine Drohung entgegen und ließ ihren Kiefer, um diese zu untermalen, zusammen schnappen. Diese Geste ließ ihn abermals erschaudern, allerdings erinnerte sie ihn auch an Niyol. Er verstand das alles nicht und richtete den Blick zu dem Baum, auf dem Karasu saß. Er würde gern zu ihm gehen, doch er wusste, dass das die Situation nicht gerade entspannen würde, denn die Wölfin war auch auf ihn nicht gut zu sprechen. Dabei wollte er ihr doch nur helfen..wie konnte er ihr das zum Ausdruck bringen? Wie konnte er ihr zu verstehen geben, dass er es nur gut meinte? Er musste einen Weg finden, an sie heran zu kommen, zu ihr hindurch zu dringen..ihr Vertrauen zu gewinnen. Doch das schien vollkommen unmöglich - jedenfalls solange er nichts über sie wusste, das wiederum konnte er, oder wollte er, nur von ihr selbst erfahren, nicht über andere, dafür musste er jedoch ihr Vertrauen gewinnen..womit er wieder beim Ausgangspunkt ankam. War es also vielleicht doch eine unmögliche Aufgabe?
Als er dann gerade wieder zu Takata sah bemerkte er, dass auch sie ihn ansah. Ihr Blick wirkte vorwurfsvoll..verärgert. Sofort wandte er den Blick ab als ihn die Wucht dieser Emotionen traf und sah nach unten auf seine Pfoten. Es versetzte ihm einen Stich, denn er wusste nicht, was er getan hatte. Schlagartig fühlte er sich hier nicht mehr willkommen und begann wieder, zu zittern.
Ruko.., plötzlich wünschte er sich nichts sehnlicher, als den Rüden hier und jetzt an seiner Seite zu haben. Er wollte sich in sein Fell schmiegen, sich an ihn kuscheln, seine Zunge spüren, die beruhigend über sein Fell glitt, seine Stimme hören..er sehnte sich nach seiner Nähe. Tränen füllten seine Augen, er kam mit dieser Ablehnung nicht zurecht.

Dass er sie mit seiner Antwort etwas aus der Reserve locken würde hatte er sich erhofft, aber dass es so laufen würde hatte er nicht geahnt - allerdings war das bei einer so wirren Wölfin wie ihr ja auch kein Wunder! Er hörte ihren Worten zu, doch belustigten sie ihn vielmehr, als dass sie ihn trafen. Dachte sie wirklich in solchen Klischees? Noch während sie sprach legte er sich Antworten zurecht von denen er kaum erwarten konnte, sie ihr entgegen zu werfen, doch dann..wurde sie von keinem geringeren als den Wolf unterbrochen, den sie so zu verehren schien. Zwar hätte er gern gehört, wohin ihre Schimpftirade noch hätte führen können, doch das war noch viel besser!
Er hörte zu, wie sie von dem schwarzen Rüden zurecht gewiesen wurde und fragte sich gleich, ob diese Worte Wirkung zeigen würden. Als er fertig war sah er allerdings noch zu ihm hinauf und warf auch ihm einen mahnenden Blick zu, der sofort jeden Spruch, den er der weißen Wölfin entgegnen wollte im Keim erstickte. Seine Worte hallten in ihm nach - damit das Rudel funktionieren und überleben konnte mussten alle zusammen halten, und besonders wichtig war das, da die Krankheit noch eine größere Herausforderung herausstellte. Kurz schüttelte er sich, als der schwarze Rüde dann wieder von dannen zog. Anschließend richtete er den Blick wieder auf die weiße Wölfin, welche es sich nicht nehmen ließ, ihm wieder einen Spruch rein zu drücken - allerdings war dieser genauso wenig einfallsreich, wie die vorigen. Doch er glaubte, aus ihren Worten etwas heraus lesen zu können - gepaart mit ihrem Verhalten von zuvor und allem, was er aufgeschnappt hatte.
"Was du mir da beschreibst..ist das nicht der Kreislauf des Lebens? Jedes Tier stirbt irgendwann, entweder weil es das Ende seines Lebens erreicht hat oder anders umkommt, wie durch andere Tiere oder..eine Krankheit. Das wiederum kommt dann anderen Tieren, wie Aasfressern, zu gute. Jeder hat seinen berechtigten Platz. Und du als Wolf..hast du nicht auch schon andere Tiere getötet? Also wer ist hier der Bote des Todes? Unsereins sicher nicht!", fing er nun an. Das sollte aber noch nicht alles sein, bevor er fortfuhr fügte er noch hinzu:
"Und nebenbei bemerkt - wir Raben ernähren uns nicht nur von Aas, das ist ein Vorurteil! Aber siehst du, dass ich hier einen Aufstand deswegen mache? Nein!"
Dann hüpfte er auf dem Ast etwas nach vorn und sah sie direkt an, bevor er mit ruhiger Stimme abschloss:
"Ich bin sogar mit einem von deinesgleichen unterwegs, er ist mein bester Freund! Ich passe auf ihn auf, denn zum einen ist er mir sehr ans Herz gewachsen und zum anderen habe ich das versprochen - und wenn ich ein Versprechen gebe dann halte ich dieses auch! Aber diese Worte sind für dich vermutlich nicht von Bedeutung weil du selbst Dinge hast, die dich plagen. Du bist verletzt, äußerlich..aber wie mir scheint auch innerlich. Und das vernebelt dir die Sinne, lässt dich vorschnell urteilen. Ich kenne mich mit Schmerz aus, ich habe es an Anouk gesehen. Zwar äußert sich dieser bei ihm anders und hat ihn nicht verbittern lassen, aber dennoch! Wahrscheinlich werden auch diese Worte nicht zu dir durchdringen, denn was weiß ich als Rabe schon von alldem? Aber wenn du willst dann lasse ich dich selbstverständlich in Ruhe - auch, wenn du zu mir gekommen bist, nicht ich zu dir - denn ich verstehe deinen Schmerz, auch, wenn ich nicht wirklich weiß, was diesen ausgelöst hat. Verschwinden werde ich allerdings nicht, denn wo auch immer Anouk ist, da bin auch ich."
Mehr sagte er nicht, und er sah dann auch nicht mehr zu ihr. Sie sollte sich nicht genötigt fühlen, eine Antwort zu geben. Wenn sie über seine Worte nachdachte dann war ihm das schon genug..wenn, denn das war hier das ausschlaggebende Wort. Denn vielleicht gingen seine Worte auch einfach an ihr vorbei. Das lag aber dann nicht an ihm, er hatte bewiesen, dass er vernünftig sein konnte - was sie daraus machte war ihr Part.


[Anouk: in der Nähe von Takata, Karasu: bei Takata | Am Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
29.04.2025 20:04 Forum: Das Tal

Wölfe waren schon seltsame Zeitgenossen. Er hatte schon einige von ihnen erlebt und konnte sie gut durch Beobachtung studieren. Aber ihm war auch bewusst, dass jeder Wolf eine ganz eigene Persönlichkeit, ganz besondere Eigenarten hatte - das beste Beispiel dafür war ja Anouk. Der Graue, Niyol, war ebenso ein gutes Beispiel, und die Wölfin, die Bekanntschaft mit einer Bärentatze hatte machen müssen erst Recht. Er beobachtete sie dabei, wie sie vor trat, dann kurz zurück sah, wieder zu ihm und ihn..anknurrte? Dabei habe ich doch versucht, nett zu sein!, ärgerte er sich, doch er blieb ruhig und wollte zunächst ihre Worte abwarten.
Sie sagte, dass er ihr helfen konnte - schön und gut! Und dann..bezeichnete sie ihn als Unglücksrabe und sagte, dass er dort hin fliegen sollte, wo er her kam? Eigentlich wollte er ihr keine Reaktion darauf geben, aber das war so urkomisch, dass er nicht umhin kam, vor lauter Belustigung die Flügel auszuschütteln da er sonst befürchtete, laut los zu lachen oder gar in einer Wolke aus Federn zu explodieren, wenn sich alles anstaute. Unglücksrabe! Da hatte sie aber ein Klischee ausgepackt, das älter war, als die Zeit selbst. Fiel ihr denn nichts kreativeres ein?
"Hey!", erwiderte er dann und gab sich Mühe, möglichst vorwurfsvoll und so zu klingen, als hätte ihn ihre Aussage getroffen. "Entschuldige, aber..das war ja jetzt nicht sehr nett! Woher willst du denn wissen, dass ich Unglück bringe? Wir kennen uns doch gar nicht! Oder etwa doch? Falls das der Fall sein sollte dann hilf meinem Gedächtnis bitte auf die Sprünge und ich werde mich hier und jetzt bei dir aufrichtig entschuldigen!"
Er könnte noch mehr hinzufügen, doch vorerst beließ er es dabei, denn er wollte wissen, was sie darauf erwidern würde. Hatte sie mit dieser Reaktion gerechnet? Und warum hatte sie überhaupt zurück geschaut, bevor sie ihn angeknurrt hatte? Wusste sie insgeheim, dass ihr Verhalten falsch war und wollte nicht dabei erwischt werden? Warum handelte sie dann aber so? Es schien, als gäbe es hier ein Geheimnis aufzudecken - dafür war er natürlich immer zu haben!


Er behielt den Blick auf Takata und Karasu und gab sich Mühe, den Worten der beiden zu folgen. Nachdem Takata sich nochmal umgeschaut hatte vernahm er von ihr ein leises Knurren und hörte dann, wie sie ihn ans Unglücksrabe bezeichnete und ihm sagte, er solle dort hin fliegen, wo er her kam. Diese Worte gingen zwar nicht an ihn, trotzdem versetzten sie ihm einen leichten Stich, der dafür sorgte, dass er die Ohren etwas anlegte. Warum war diese Wölfin so feindselig? Auch ihm gegenüber hatte sie sich so verhalten. Hatte es vielleicht etwas damit zu tun, dass sie fremd waren? Hatte sie Angst, sie könnten die Krankheit in sich tragen? Oder vertraute sie Fremden nur einfach nicht? Besonders ersteres konnte er nachvollziehen, aber war das noch lange kein Grund, sich so zu verhalten. Lag es vielleicht auch an den Schmerzen, die sie durch den Bärenangriff hatte? Das war auch möglich und er hoffte inständig, dass sie die Kräuter, die er ihr bringen wollte annehmen würde, bezweifelte es aber gleichzeitig auch sehr. Doch selbst, wenn sie diese nicht nahm..dann hatte er etwas für das Rudel getan. Dann konnte er zeigen, dass er einen Wert besaß. Aber selbst, wenn man diese beiden Dinge zusammen nahm..dann war das noch immer kein Grund. War das vielleicht auch einfach nur ihre Art? Er wusste es nicht, doch etwas an ihrem Verhalten, an ihrer Ausstrahlung, sagte ihr, dass dem nicht so war, dass mehr dahinter steckte. Doch..was?
Er hörte nun Karasus Antwort und fragte sich, was er vor hatte, hoffte aber gleichzeitig auch, dass er keinen Streit mit ihr anfing. Eingreifen würde er nicht, das würde die Situation nicht verbessern, aber dennoch würde er die beiden im Auge behalten, sollte das ganze irgendwie außer Kontrolle geraten. Denn, und da war er sich sehr sicher, er war der einzige hier, den es interessieren würde, sollte Karasu etwas zustoßen. Und das würde er nicht zulassen.

[Anouk: In der Nähe von Takata, Karasu: Bei Takata | Am Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
18.04.2025 18:15 Forum: Das Tal

Er sah Niyol nach, als dieser sich davon machte, um die beiden Wölfe zu fragen, ob sie ihn begleiten würde. Leise seufzte er und ließ sich dann die Worte, die er gerade eben noch gesagt hatte, durch den Kopf gehen.
Ich denke du wirst sehen, dass die Fellfarbe keine Rolle für das Innerste eines Wolfes spielen muss.
Hatte er zuerst gesagt und das stimmte natürlich, das wusste auch er. Dabei hatte Niyol allerdings zu Pan gesehen, welcher nicht der Auslöser für seine Angst gewesen war, denn er war eher schwarz-braun - da war dieser andere Wolf, der ihn noch viel mehr an Niray erinnerte. Hatte er den vergessen? Wahrscheinlich dachte er einfach nur nicht an diesen weil er nicht das sah, was Anouk sah.
Und da du helfen wolltest, finde ich deine Unterbrechung des Gesprächs nicht schlimm, mein Gehirn bekommt es glücklicherweise zusammen, das Thema später wieder aufzugreifen
Er beobachtete ihn noch auf seinen letzten Schritten, die ihm auf dem Weg zu den anderen fehlten, sah dann weg, in die Ferne, und schmunzelte leicht. Diese Anerkennung tat gut und war wie ein sanfter Windhauch, der wohltuend über seine geschundene Seele strich. Er hatte ihm zuvor schon für sein Angebot gedankt und ihm dann auch noch die Aufgabe gegeben, nach dem Kraut zu suchen, jetzt bedankte er sich, quasi, erneut indem er sagte, dass es nicht schlimm war da er ja helfen wollte. Dass er ausgerechnet von dem Grauen mal diese Worte zu hören bekommen würde hätte er nie für möglich gehalten.
Dann werde ich mal die beiden Auserwählten fragen. Wenn du magst, kannst du dir etwas von den verstreuten Überresten zu Gemüte führen
Die verstreuten Überreste? Er musste kurz einen Moment nachdenken, was er denn damit meinte, sah sich dann um und entdeckte schließlich die angesprochenen Überbleibsel. Dabei merkte er auch wieder, wie ausgehungert er eigentlich war - wie lang seine letzte Mahlzeit zurück lag konnte er schon gar nicht mehr sagen. Sein Magen gab ein lautes brummeln von sich und er spürte wieder, wie seine Pfoten an Kraft zu verlieren schienen, fast schon nachgeben wollten. Wie von einer unsichtbaren Macht getrieben steuerte er also auf die Reste zu. Ein verführerischer Duft stieg ihm in die Nase, der ihm das Wasser in der Schnauze zusammen liefen ließ und all seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Als er dann davor stand war der Geruch so intensiv, dass er für einen Moment an nichts anderes mehr denken konnte.
Ich bin so hungrig..
Er starrte auf die Reste und war drauf und dran, alles zu verschlingen. Allerdings wusste er auch, dass hier noch andere Wölfe waren, welche vielleicht auch Hunger hatten. So rief er sich zur Besinnung und schüttelte den Kopf, um nicht gleich dem Fressrausch zu verfallen. Erste Gedanken schlichen sich wieder ein und er überlegte, was er hier überhaupt vor sich sah. Nun senkte er also den Kopf und schnüffelte vorsichtig daran.
Mhm..das riecht nach..nach..Reh..?
Er stockte und zuckte leicht zusammen. Was eben noch so verführerisch schmackhaft gerochen hatte nahm nun einen Geruch an, der dafür sorgte, dass er kurz lautlos würgen musste. Schnell hob er wieder den Kopf, doch der Geruch verfolgte ihn, krallte sich in seiner Nase fest. Es roch nicht mehr nach Reh..nein..es roch nach Tod.
Erschrocken sah er nach unten und sah nun nicht mehr nur Reste eines Rehs vor sich liegen..nein, da lag ein ganzes Reh. Irgendein Tier, vermutlich ein Wolf oder etwas ähnlich großes, hatte sich schon daran zu schaffen gemacht. Doch von diesem Reh ging kein gewöhnlicher Geruch aus..nein. Es war ein süßlicher, in der Nase beißender Geruch, der sich förmlich in die Geruchsknospen seiner Nase und in seine Erinnerung eingebrannt hatte. Aber an diesem Reh haftete noch ein anderer Geruch..
Ruko!..
Schnell schüttelte er den Geruch und verbannte die Bilder, nun sah er wieder nur die Reste des Rehs vor sich. Um ganz sicher zu gehen überwand er sich, kurz nochmal daran zu riechen - doch diesmal roch es normal, auch, wenn er den Geruch der Krankheit noch immer wahrnahm..aber dieser war vielmehr eine Erinnerung. Mit diesem Reh war alles in Ordnung. Dennoch drehte es ihm den Magen um und jedes Gefühl von Hunger verschwand wieder. Hatte er deswegen so lange nichts gegessen? Weil er den Geruch nicht hatte ertragen können? Weil er all diese Erinnerungen zurück brachte? Er wusste es nicht, doch er musste sich schleunigst von den Überresten entfernen und lief, etwas benommen, dahin zurück, wo er sich zuvor noch mit Niyol unterhalten hatte. Dabei sah er, wie sich Takata zu einem Baum begeben hatte. was machte sie da nur? Er sah auf und entdeckte dann, dass Karasu weiter oben, auf einem Ast, Platz genommen hatte. Unterhielten die beiden sich?

Während Niyol zu Anouk sprach hatte sich die von Eifersucht geblendete Meckerwölfin zu ihm begeben, war sogar geschlichen, so, als würde er das nicht merken - aber falsch gedacht! Natürlich merkte er das! Und dann stand sie da, sah nach oben und..und..was machte sie da? Sie gab plötzlich ein ganz seltsames Bild ab, das er sich nicht erklären konnte. Ihre Augen hatte sie zusammen gekniffen und ihr Maul ging auf und zu. Hielt sie gerade ein Niesen zurück? Litt sie plötzlich an Schnappatmung? Oder hatte sie vielleicht sogar das sprechen verlernt? Dann musste sie der Bär übler erwischt haben, als gedacht! Oder war ihr Hitzkopf zu heiß geworden und das war ihr Weg, diesen zu kühlen? Was auch immer es war, er fand diesen Ausdruck urkomisch und er hätte am liebsten laut krächzend los gelacht, doch er hielt sich mit aller Macht zurück.
"Entschuldigung?", fragte er sie stattdessen und hüpfte etwas auf dem Ast vor. "Äh..Takata, richtig? Ist alles in Ordnung bei dir? Kann ich dir irgendwie helfen?"
Nun legte er den Kopf neugierig etwas schief. Es kostete nicht nur Mühe, nicht einfach loszulachen, sondern auch, die Gedanken daran, was er ihr alles gern an den Kopf schmeißen würde, für sich zu behalten. Denn nachwievor wollte er keinen unnötigen Streit provozieren - anders, als diese Wölfin hatte er sich unter Kontrolle.


[Bei Takata | Am Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
10.04.2025 19:55 Forum: Das Tal

"Er gehört nicht mal zum Rudel!"
Sein Zittern stoppte abrupt, sein Blick wurde leer und er schien nunmehr durch Niyol hindurch zu sehen, auch durch die Wölfin, durch den Wald hinter ihr hin zu einem Punkt, der in der Unendlichkeit der Weite verborgen lag. Alles um ihn herum hüllte sich in Schwärze.
"Du bist keiner von uns!"
Funkelnde Augen blitzten in der Dunkelheit auf. Augen, die ihn fixierten.
"Verschwinde!", zischte ihm eine Stimme ins Ohr und er zuckte zusammen, wollte weg, doch er konnte sich nicht von der Stelle rühren. Die Kälte des Bodens unter seinen Pfoten sickerte in diese und machte ihn bewegungsunfähig.
"Ich will nichts mit dir zu tun haben!", sagte eine andere Stimme voller Feindseligkeit.
"Wir wollen dich hier nicht haben!", riefen sie dann alle und schließlich verschwanden die funkelnden Augen und nur die Dunkelheit blieb. Doch ihre Worte hinterließen einen Schmerz in ihm. Der Schmerz der Ablehnung, der Schmerz, gehasst zu werden. Er zerrte an seinem Herzen und er spürte, wie sich Tränen in seinen Augen bildeten. Doch bevor diese seine Lefzen hinunter laufen konnten versiegten sie auch schon wieder, als er ein gelb aufblitzendes Augenpaar in der Dunkelheit erblickte. Dieses Augenpaar kam nun näher und mit einem fletschen entblößte der Wolf seine scharfen Zähne.
"Anouk!", spuckte Niray ihm höhnisch entgegen, als er dann direkt vor ihm stand und ihm direkt in die Augen sah. "Anouk, Anouk, Anouk..tja..glaubst du mir jetzt? Niemand will dich..niemand braucht dich. Nicht mal diese verletzte Wölfin! Sie erträgt lieber den Schmerz, als sich von dir helfen zu lassen!"
Dann begann er, um ihn herum zu laufen wobei er den Blick in keinem Moment von ihm abließ.
"Den anderen Wölfen bist du genauso egal, Anouk. Nicht mal dieser..Yarok interessiert sich für dich..er hat sich nur mit dir beschäftigt, weil er einen Zeitvertreib brauchte..und nicht mal dazu taugst du, Anouk. Und dieser Niyol hat auch nur Mitleid, weil du keine Möglichkeit auslässt, zu zeigen, was für ein schwächlicher Wurm du bist. Aber auch er wird schnell wieder genug von dir haben. Und dein Rabe? Er gibt sich zu viel Mühe, dich zu beschützen..irgendwann wird er es übertreiben und ihm wird etwas passieren..und du wirst ihn nicht beschützen können."
Schließlich kam er wieder direkt vor ihm zum stehen, seine stechend gelben Augen waren diesmal noch viel durchbohrender und er spürte, wie sie sich direkt bis auf seine Seele durchbrannten und dort alles in Aufruhr versetzten.
"Gib endlich auf, Anouk. Sieh es endlich ein und ergib dich deinem Schicksal..denn du kannst ihm nicht entkommen, egal, wie sehr du es dir auch erhoffst.."

Niyols Worte rissen ihn dann schließlich aus seiner Trance und ließen die Dunkelheit schlagartig verschwinden, der Graue war gerade dabei, Namen aufzuzählen und sprach von "euch begleiten", aber..wohin begleiten? Er schüttelte sich, um das gerade gesehene und gehörte wieder loszuwerden und sah sich dann suchend um. Er hatte Pan und Kachnik erwähnt, und zumindest Pans Namen kannte er schon - das war der schwarz-braune Rüde, der sich um den hellgrauen zu kümmern schien. War das dann Kachnik? Er entdeckte die beiden dann auch und sah, wie Pan.. Oh Nein..
Ein Schaudern durchfuhr ihn, als er den schwarzen Rüden entdeckte, zu dem sich Pan zu begeben schien. So schnell er konnte sah er wieder weg und ließ den Blick umherirren. Wen hat er noch erwähnt?.. Er suchte weiter und entdeckte schließlich den graubraunen Rüden. Yarok!
Eine kleine Welle von Freude durchströmte seinen Körper, zwar steckte ihm der Schrecken noch in den Gliedern, aber trotzdem war diese Welle stark genug, um seine Rute zumindest leicht in die Höhe zu zucken und dann für einen Moment hin und her wedeln zu lassen. Er sah dann wieder zu Niyol zurück. Pan, Kachnik und Yarok sollten ihn also begleiten. Als er dann etwas weißes hinter dem Grauen aufblitzen sah wusste er auch wieder, wohin - die Kräuter!
"J..Ja!", sagte er dann und nickte schnell. "Das wäre vollkommen in Ordnung! Danke für deine Worte und danke für dein..", er stockte. Es ging hier ja eher weniger um Niyol sondern mehr um die weiße Wölfin. Blitzartig schossen ihm ihre Worte wieder in den Kopf und er legte die Ohren leicht an. "..für..dein Vertrauen..., beendete er schließlich den Satz und seufzte dann leise. Auch, wenn ihre Worte schmerzten..so hatte sie ja doch irgendwie Recht. Er gehörte nicht zum Rudel und deswegen konnte er auch nicht erwarten, dass sie oder irgendjemand anders ihm hier vertraute. Es war auch dumm gewesen, einfach auf die beiden zuzugehen, wahrscheinlich hätte er auf einen besseren Moment warten sollen. Dann fiel ihm aber wiederum wieder Yaroks Frage ein..er hatte ihr entkommen wollen, und er wusste nicht mal so wirklich, warum, denn er hatte das Gefühl, Yarok vertrauen zu können. Doch allein der Gedanke an das, was er erzählen musste sorgte dafür, dass sich ihm der Magen umdrehte und dass sich seine Gedanken mit nichts als dunklen Nebelschwaden füllten, die ihn zu verschlingen drohten. Er hatte Angst..Angst vor seiner Vergangenheit. Angst vor dem, was war. Es suchte ihn immer wieder heim..auch hier noch. Allein der Anblick des schwarzen Rüden genügte, um ihn diese Angst in bis in die tiefsten Tiefen seiner Seele spüren zu lassen. Die Angst nahm ihn ein und dann hatte er keine Kontrolle mehr über sich.
"U..Und..tut mir leid..dass ich einfach..in euer Gespräch geplatzt bin..", fügte er dann noch, mit dem Blick zu Boden gewandt, hinzu. "Ebenso wie..dass ich wieder..zusammen gebrochen bin, es..ist nur..dass ich in der Vergangenheit..von anderen Wölfen..nicht gut behandelt wurde, und..als ich den schwarzen Rüden sah..hat es das verschlimmert, ich..habe keine guten Erfahrungen..mit schwarzen Wölfen gemacht.."
Er wusste noch, dass Niyol sagte, er würde nicht den Seelentröster spielen, deswegen hoffte er, dass es nicht die falsche Entscheidung gewesen war, ihm das zu sagen. Doch er fühlte sich, als wäre er ihm eine Erklärung schuldig..außerdem wollte er ihm das Vertrauen, das er ihm entgegen brachte zurück geben. Denn er war wirklich sehr dankbar dafür, dass er ihm die Aufgabe übertragen hatte, die Kräuter zu besorgen. Er wollte beweisen, dass er etwas Wert war..und das war seine Chance dafür.

Sich auf den Ast eines nahe gelegenen Baumes zu setzen war eine ganz wunderbare Idee gewesen! Er hatte gern einen guten Überblick, und von hier konnte er das Rudel gut beobachten und war außerdem geschützt vor bissigen Wölfen - wie zum Beispiel diese Takata! Von oben sahen Wölfe ja schon irgendwie etwas seltsam aus, aber..was war das? Er betrachtete die Weiße etwas deutlicher, genauer gesagt ihren Kopf, und..was war das? Sah er da zwischen ihren Ohren eine kleine, kahle Stelle? Ha! Wunderlich wäre es ja nicht, diese ganze Eifersucht konnte einem ziemlich zu Kopf steigen, und wenn man dann noch so ein hitziges Gemüt hatte..wahrscheinlich hatte sie sich vom vielen ärgern einfach das Fell weg gebrannt! Wobei er bei noch genauerer Betrachtung nicht wusste, ob er sich das nur einbildete..aber es war möglich! Und bei dem, was als nächstes folgte hätte er ihr diese Verunstaltung auch gewünscht, denn sie hatte nichts besseres zu tun, als weiter zu keifen obwohl sie doch selbst gesehen haben musste, dass sie schon genug Schaden angerichtet hatte. Sie warf ein, dass Anouk nicht zum Rudel gehörte. Wieder einmal hatte er das Bedürfnis, ihr so richtig die Meinung zu sagen, aber er wollte jetzt nicht noch mehr Streit stiften und hielt sich mit aller Macht zurück - stattdessen führte er diese Konversation im Kopf.
Pah! Aber trotzdem benimmt er sich wie ein besseres Rudelmitglied, als du, du keifendes, von Eifersucht getriebenes, weißes Ungetüm! Selbst der Graue hat mehr Gemeinschaftssinn, als du!
Oh ja..wie gerne er ihr das, oder etwas ähnliches, doch an den Kopf werfen würde..es kribbelte ihn regelrecht in den Krallen! Doch nein, das wäre jetzt nicht klug. Er wollte nicht am Ende derjenige sein, der dafür sorgte, dass Anouk nicht im Rudel bleiben durfte..das würde er sich nicht verzeihen können. Andererseits..wäre das fair? War die Wölfin nicht auch ein Problem, wenn nicht gar ein größeres? Wer wusste schon, wohin dieses Eifersuchtsgehabe gepaart mit ihrem Hitzkopf hinführte! Er hoffte inständig, dass wer auch immer hier das sagen hatte davon mitbekommen hatte und sich dessen annehmen würde..oder dass zumindest Niyol das machte, denn die beiden schienen eine gute Bindung zueinander zu haben. Dabei kam ihm wieder in den Sinn, wie absurd es doch schien, dass gerade der Graue den Vernunftswolf gab..tja, aber diese Welt konnte eben manchmal echt verrückt sein!


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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
30.03.2025 23:08 Forum: Das Tal

Warum war er hierher gekommen? Das wusste er nicht, seine Pfoten hatten ihn hierher getragen. Warum hatte er nicht kehrt gemacht, als er den toten, weißen Wolf vorfand? Auch das wusste er nicht, seine Pfoten hatten ihn weiter getragen. Warum hatte er nach seinem ersten Zusammentreffen mit Niyol nicht aufgegeben? Etwas in ihn hatte ihn weiter getrieben, ein Gefühl. Warum war er zu dieser Wölfin gegangen? Dieses Gefühl kannte er, und konnte er benennen. Er wollte helfen. Für andere da sein. Und dieses Gefühl war stärker, als seine Angst, stärker, als der kalte Griff der Trostlosigkeit, der Einsamkeit, der ihn stets festhielt. Dieses Gefühl hatte ihn gesteuert und seine Pfoten in ihre Richtung gelenkt, seine Worte geformt, ihn für einen Moment nicht an das denken lassen, was seine Gedankenwelt und ihn stetig von innen zerfraß. Doch so stark dieses Gefühl auch war..es war nicht stark genug, um ihn auf die Reaktion, die Worte dieser Wölfin, vorzubereiten. Nicht stark genug, um dem standzuhalten.
Doch, du störst aber, warf sie ihm entgegen, gefolgt von einem genervten Blick und schließlich gefletschten Zähnen. Sofort wich er zurück, duckte sich auf den Boden, machte sich ganz flach, und zitterte, während ihre Feindlichkeit ihn wie ein schmerzhafter Stich durchfuhr. Ihre nächsten Worte bekam er schon nicht mehr mit, denn Angst schoss ihm durch die Glieder, versetzte ihn in eine Starre und blendete jedes Geräusch um ihn herum aus. Um ihrem Blick auszuweichen sah er zur Seite und erblickte flüchtig wieder die weiße Wölfin und den schwarzen Wolf, an welchem sein Blick hängen blieb. Wieder funkelten stechend gelbe Augen zu ihm herüber.
"Siehst du, Anouk? Sagte ich dir nicht, dass für einen wie dich auf dieser Welt kein Platz ist? Du gehörst weder hier hin, noch sonst irgendwo..keiner will dich. Keiner will einen so mickrigen, erbärmlichen Wolf, wie dich.", zischte dann Nirays Stimme direkt an seinem Ohr. Schnell wandte er den Blick ab und sah auf den Boden.
Was..wenn er Recht hatte? Was, wenn es wirklich keinen Platz für ihn gab? Was, wenn er auf ewig dazu verdammt war, umher zu ziehen, für immer ohne Heimat? Was..wenn er wirklich zu schwach für diese Welt war? Was passierte mit einem, der keinen Platz hatte? Was passierte mit einem, der von jedem gehasst wurde?
Bevor diese Gedanken ihn weiter vergiften konnten hörte er eine Stimme..doch machte diese es nicht zwingend besser, sondern brachte ihn nur dazu, mit vor Angst geweiteten Augen aufzusehen. Niyol. Sein Zittern verstärkte sich und unweigerlich sammelten sich Tränen in seinen Augen. Was würde er ihm nun sagen? Würde er noch härtere Worte wählen, als die Wölfin? Ein undeutbares Lächeln formte sich auf seinen Lefzen..was hatte er vor? Wollte er ihn vielleicht sogar..angreifen? Er dachte daran zurück, wie er nach Karasu geschnappt hatte..seine blitzenden Zähne waren ihm deutlich im Kopf geblieben. Ja..vielleicht hatte er das jetzt mit ihm vor..auszuschließen war es nicht..und er konnte nichts dagegen tun, war machtlos, war schwach. Er schloss die Augen..und wartete.
"Ergib dich deinem Schicksal.."

Nachdem er Yarok diese kleine Nachricht hatte zukommen lassen hüpfte er etwas von ihm weg, aber nicht außer Hörweite, um nach Anouk zu sehen. Gerade noch so bekam er mit, wie dieser etwas zu der Wölfin stotterte..nur damit diese ein Verhalten an den Tag legte, das er von ihr nicht erwartet hätte. Sie fing an, zu zetern und sagte ihm, er würde stören, ja, sie fletschte sogar die Zähne! Das war ja nicht zu glauben! Wobei..doch, war es, wenn er ehrlich war. Sofort schoss ihm in den Kopf, wie sie kurz zuvor noch eifersüchtig zu den anderen Wölfen gesehen hatte und sehr feindselig wirkte. Die Eifersucht musste dieser Meckerziege ja komplett den Kopf vernebelt haben! Wütend plusterte er sich auf und war drauf und dran, sich zu den dreien zu gesellen und ihr mal so ordentlich die Meinung zu sagen..da schob sich Niyol zwischen die beiden. Na toll, was hat dieser Krawallwolf nun vor?! Er hatte ja sowieso schon ein schlechtes Gefühl dabei gehabt, Anouk ausgerechnet wieder zu ihm gehen zu lassen. Und er würde nicht warten, bis sich dieses bewahrheitete. Noch flinker hüpfte er auf die beiden und den mittlerweile am Boden kauernden, stark zitternden Anouk zu.

Er wartete..und wartete..bereit, zu spüren, wie sich Niyols Zähne in sein Fleisch bohrten, bereit auf seine höhnischen, abwertenden Worte während Tränen seine Schnauze hinunter liefen. Und Worte sollten auch kommen..doch es waren nicht die, die er erwartet hatte. Im Vergleich zu dem, was er sich ausgemalt hatte wirkten seine Worte fast..sanft. Er sprach davon, wie er mit Takata darüber gesprochen hatte, dass sich das Rudel neu ordnen, zusammenwachsen muss und dass dafür jeder seinen Teil beitragen muss. Vorsichtig, fast zaghaft öffnete er die Augen wieder und sah zu ihm auf, als er weiter sprach und sich bei ihm..bedankte? Ihm sagte, sie könnten seine Hilfe sehr gut gebrauchen? Hatte er das gerade wirklich gesagt? Er konnte seinen Ohren kaum trauen und richtete sich zitternd wieder auf, jedoch noch nicht zu voller Größe. Dann blinzelte er ein paar Mal, um den Tränenschleier loszuwerden und wieder klare Sicht zu bekommen und schluckte. Er..wurde gebraucht? Als nächstes fragte Niyol, wo man die Kräuter denn finden konnte und Anouk sah sich verunsichert um, denn er konnte noch nicht glauben, dass das hier gerade wirklich passierte, schaffte es aber auch nicht, seine Gedanken zu ordnen und sofort eine Antwort auf seine Frage zu finden. Spielten ihm seine Gedanken nur einen Streich? Oder war es wirklich Niyol, der ihm gerade sagte, dass er nützlich war? War es wirklich Niyol, der es schaffte, ihn zu beruhigen? Was war aus dem Wolf geworden, den er noch zuvor am See getroffen hatte?
Der See!, schoss es ihm durch den Kopf und die nächsten Worte sprudelten förmlich aus ihm heraus:
"An einem See..nein..ein Bach..am..Fluss..", dann atmete er tief durch und rief sich Anuras Worte erneut ins Gedächtnis, bevor er es dann nochmal versuchte.
"Es wächst..in feuchten Gebieten, vorzugsweise..an einem Bach oder See, manchmal auch an Flüssen. Ich..weiß genau, wie es aussieht und riecht..habe es aber nie gesehen..aber..ich kann es finden, meine..Mutter..hat es mir genau beschrieben..", brachte er dann schließlich hervor, schaffte es aber nicht mehr, Niyol dabei anzusehen. Was nun? Er wusste, dass es nicht sehr vertrauenswürdig wirkte, dass er sich nur auf Beschreibungen verließ. Aber er hatte das Kraut genau vor Augen und den Geruch genau in der Nase..er war sich vollkommen sicher, dass er es finden konnte. Würde Niyol von seiner Idee absehen? Und was..was würde Takata sagen? Er konnte sie nicht sehen, denn Niyol versperrte ihm die Sicht, doch er bildete sich ein, förmlich zu spüren, wie sich ihr Blick durch den Grauen und damit auch durch ihn selbst brannte.

Was er nun sah und hörte hatte ihn sofort an Ort und Stelle stehen bleiben lassen. Niyol sprach zu ihm, aber er war..ganz ruhig? Ohne Beleidigungen, ohne hämische Kommentare? Der Krawallwolf konnte sich auch wie ein ganz normaler Wolf benehmen? Und zwischendurch warf er der Meckerziege Blicke zu und gab ihr Signale. Zwar war er kein Profi in der stillen Sprache der Wölfe, aber selbst er verstand, dass Niyol ihr einerseits sagen wollte, dass sie jetzt aufhören sollte, ihr andererseits aber auch mitteilen wollte, dass sie sich ein Beispiel an Anouk nehmen könnte, welcher wenigstens versuchte, zu helfen. Er rechnete dem Grauen all das hoch an, steckte in ihm vielleicht doch ein bisschen Empathie? Hatte er etwa eigentlich doch eine weiche Schale? Denn er setzte sich nicht nur für Anouk, sondern für das ganze Rudel ein, sprach von Neuordnung und davon, dass sie zusammenwachsen mussten und jeder seinen Teil beitragen musste. Es war fast so, als stand da gerade ein ganz anderer Wolf und Karasu wusste das sehr zu schätzen. Er wollte die Situation jetzt nicht sprengen indem er sich direkt zu den dreien begab, aber er hob mit einem Flügelschlag vom Boden ab und landete zumindest auf dem Ast eines Baumes ganz in der Nähe der drei Wölfe. Nun würde er besser eingreifen können, sollte es nochmal nötig sein.

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Thema: Wildpark Schwarze Berge
30.03.2025 21:01 Forum: Zoos und Wildparks

Wow, also das letzte Foto mit dem Wald hat mich, ohne zu übertreiben, wirklich für einen Moment sprachlos gemacht o: Aber natürlich sind auch die anderen Fotos echt gut geworden x3 Auch die Falken sind richtig gut, muss man erst Mal so im Flug schaffen! Und ist auch echt schade, dass die Wölfe keine so guten Lebensbedingungen hatten ^^"
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
26.03.2025 21:35 Forum: Das Tal

Yarok gab ihm dann auch schließlich die Antwort: Ein Bär hatte ihr einen Schlag mit der Pranke versetzt. Soweit er das hatte sehen können blutete sie nicht, es war also keine Fleischwunde durch die gefährlichen Krallen - dennoch etwas, das man sich ansehen sollte. Er schnüffelte weiter am Boden, diesmal ernsthaft und versuchte, sich dabei zu erinnern, was ihm seine Mutter damals erzählt hatte..

Er erinnerte sich daran, wie sie ihm immer mit Stolz vorgeführt hatte, was sie über die Verwendung von heilenden Pflanzen wusste. Natürlich waren ihre Mittel knapp, war das Land doch so karg, doch wenn es sich anbot zeigte sie ihm etwas. Er hatte dabei versucht, sich so viel wie möglich einzuprägen. Von manchen Pflanzen erzählte sie ihm auch nur, ohne, dass er die Chance hatte, diese zu sehen oder gar zu riechen. Nachdem er sein altes Rudel verlassen hatte versuchte er, nach den Pflanzen, von denen sie ihm erzählt hatte, Ausschau zu halten - doch sollte er dabei nicht viel Erfolg haben, denn das Eis hatte mit seinem kalten Atem nicht nur die meisten Pflanzen verwelken lassen, sondern sich auch über die Böden gelegt und es so für die Pflanzen unmöglich gemacht, wieder zu sprießen. Manchmal hatte er Glück und konnte unter dem Eis eine Pflanze finden, für immer darunter begraben. Manchmal fanden sich aber auch in Höhlen vereinzelt ein paar Pflanzen, was ihn zwei Dinge lehrte: Pflanzen wuchsen nicht nur in Wäldern oder auf Wiesen, nein, manchmal auch in Höhlen, an Seen, an den undenkbarsten Orten. Und manche Pflanzen waren auch gewappnet gegen die elende Kälte. Die Natur besaß einen starken Kampfgeist und fand Wege, selbst den widrigsten Umständen zu trotzen. Wenn er so darüber nachdachte..war es gut möglich, dass diese Einsicht auch dazu beigetragen hatte, dass er selbst weiter machte. Dass er nicht aufgab. Dass er stark blieb, weiter kämpfte, so, wie die Pflanzen.

Doch all das half ihm nicht weiter. Er dachte weiter nach, versuchte, sich an die Worte zu erinnern. Was hatte sie ihm über Schmerzen gesagt? Was über Kopfschmerzen? Denn nach so einer Attacke ging er davon aus, dass ihr der Kopf weh tun musste. Für einen Moment schloss er die Augen und dachte nach, versetzte sich in der Zeit zurück. Ein vertrauter Geruch stieg ihr in die Nase. Erst der Geruch seines Welpenbaus, dann der Geruch seiner Mutter, der ihn wohlig in der Nase kitzelte, ihm aber gleichzeitig ein tiefes Gefühl der Ruhe verlieh. Dann spürte er, wie ihre raue Zunge sanft über sein Fell strich.
"Komm, mein Kleiner, ich will dir etwas zeigen", hatte sie immer gesagt, wenn sie ihm wieder etwas beibrachten. Das waren meist die Momente, in denen viele der Wölfe schliefen, in denen sie gerade mal keinen versorgen musste, der sich in den Kämpfen irgendwie verletzt hatte. Es waren die Momente, in denen sie ganz ungestört sein konnten. Als nächstes stieg ihn der Geruch unterschiedlichster Kräuter in die Nase. Sie führte ihn in einen Bau, der eigens dazu gedacht war, den Kräutern einen sicheren Ort zu bieten. Denn sie hatten nicht viele, aber die, die sie hatten sollten es so sicher, wie möglich haben.
"Du weißt ja bereits, dass es Kräuter gegen die Schmerzen gibt, richtig?", fragte sie ihn und er blickte ihr mit großen Augen entgegen, um dann schließlich zu nicken. "Manchmal hat ein Wolf aber ganz bestimmte Schmerzen..Kopfschmerzen, zum Beispiel. Das kann verschiedene Gründe haben..in Kämpfen geht es beispielsweise sehr rau zu, bei der Jagd können auch Unfälle passieren, manchmal entstehen Kopfschmerzen aber auch einfach so. Solltest du also mal Kopfschmerzen haben, Anouk, dann merke dir: Das Kraut, das du suchst hat flauschig aussehende, weiße Blüten und du erkennst es an seinem süßen Geruch - wie Honig, und so schmeckt es auch! Finden kannst du es beispielsweise an Seen oder Bächen." Er konnte ihr stundenlang zuhören, wie sie von den verschiedensten Kräutern sprach. Zum einen war er sehr wissbegierig und wollte so viel wie möglich lernen, aber zum anderen..war das einer der seltenen Momente, die er ganz mit ihr allein verbringen konnte. Sie schenkte ihm noch ein warmes Lächeln doch verblasste dann wieder.
Mama, warte!, hätte er fast laut gerufen, doch im letzten Moment riss er die Augen auf und erinnerte sich dann auch sofort, dass das alles nur in seinem Kopf stattgefunden hatte. In seinem Gedächtnis. Und doch wünschte er sie so sehnlichst zurück, wie kaum etwas anderes. Und wenn das nicht ging..wünschte er sich, sie wenigstens noch ein einziges Mal sehen zu dürfen, mit ihr sprechen zu dürfen..wenn auch nur für ein paar Momente. Es gab so viel, das er ihr sagen wollte. Leise seufzte er, behielt sich die Informationen im Kopf und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Der Rudelplatz war auch nicht mehr weit entfernt, zumindest wurde der Geruch dessen immer stärker. Und je näher sie kamen, umso mehr fragte er sich abermals, was ihn erwarten würde. Wie würden die Wölfe auf ihn reagieren? Und wie auf Karasu? Denn eines war klar..er war ein Teil von ihm, und wenn sie ihn nicht akzeptierten, wenn sie vielleicht sogar wollen würden, dass er ging..dann würde er mit ihm gehen. Er hatte ihn auf seinem beschwerlichen Weg bis hierher begleitet und hatte es selbst auch nicht leicht..auch er hatte einen Platz zum Leben verdient. So, wie der Rabe ihm half, diesen zu finden würd eer ihm ebenfalls dabei helfen. Doch wie würden sie auf ihn reagieren? Ein Wolf, der so anders war? Würden sie ihn denn akzeptieren? Oder würden sie ihm Unverständnis entgegen bringen, ganz so, wie Niyol? Der Gedanke daran versetzte ihm einen Stich in die Magengrube, ein unangenehmes Gefühl machte sich in ihm breit. Er hoffte sehr, dass es nicht so war, dass die anderen Wölfe so nett waren, wie es Yarok zu sein schien..aber ganz sicher konnte er sich da nicht sein.

Kurze Zeit später kamen sie beim Rudelplatz an und die erste Überraschung war Yarok, welcher ihm, nachdem er sich selbst gesetzt hatte, anbot, sich neben ihn zu setzen. Vor lauter Freude konnte er es nicht verhindern, dass sein Schweif etwas wedelte und er setzte sich, um den Blick schweifen zu lassen. Karasu sprang indes von seinem Rücken und verschaffte sich ebenfalls einen Überblick. Zunächst fiel sein Blick auf die schwarze Wölfin, die die Nachhut gebildet hatte und sich zunächst etwas Abseits setzte. Schnell wandte er den Blick von ihr wieder ab und sah kurz die unverletzte, weiße Wölfin bevor sein Blick dann zu der ersten Gruppierung ging. Er sah den schwarz-braunen Rüden, Pan, wie er erfahren hatte, der sich hinlegte und den Blick auf den hellgrauen Rüden behielt, welcher zuvor noch Niyol mit einem falschen Namen bezeichnet hatte. Was war mit diesem Wolf? Warum hatte er Niyol nicht wieder erkannt? Er wollte die beiden nicht zu lange beobachten und ließ seinen Blick weiter schweifen..doch was er dann sah, ließ ihn zusammen zucken. Da war die cremefarbene Wölfin, und neben ihr lag ein schwarzer Wolf, der gerade in die Runde blickte. Dieser Anblick ließ ihn erstarren und leicht zittern, das Fell, die aus der ferne funkelnden Augen..er fühlte, wie sich alles in ihm zusammen zog. Wie ihn die Angst wieder überkam. Dieser beobachtende Blick..aus bernsteinfarben Augen wurden gelbe, die nun direkt in seine Richtung blickten. Die ihm direkt in die Augen sahen, diese durchbohrten..direkt bis auf seine Seele, welche sie auch durchbohrten, zerrissen. Ein Blick, der ihm das Blut gefrieren ließ.
"Sieh dich nur an..wie schwach du bist. Wie mickrig. Du passt hier nicht hin..du passt nirgendwo hin. Wann begreifst du das endlich? Wann begreifst du, dass für Schwächlinge auf dieser Welt kein Platz ist? Du bist verloren, Anouk..verloren."
Sein zittern wurde stärker, während sich die Worte seines Ziehbruders förmlich in seinen Kopf fest fraßen. Schnell wandte er den Blick von den beiden Wölfen ab, um wieder auf andere Gedanken zu kommen und sah schließlich zu Niyol und der verletzten Wölfin, Takata. Er sah, dass sie sprachen, war jedoch zu verschreckt, um sich darauf zu konzentrieren, was sie redeten. Dann beobachtete er, wie Niyol ihr über den Kopf leckte und blinzelte mehrmals. Sah er das gerade wirklich? Angesichts dieser Szene legte sich sein zittern etwas. Was passierte da gerade? Niyol sagte selbst, er sei kein Seelentröster..aber was machte er da gerade? Vielleicht war es bei Rudelmitgliedern anders, aber er hatte so überzeugend gewirkt, dass Anouk glaubte Niyol wäre wirklich nicht dazu in der Lage gewesen, Mitgefühl zu zeigen. Das wiederum erzeugte ein anderes Bild. Dann erinnerte er sich van die Freundin, von der der Graue erzählt hatte..konnte es sein, dass er unnahbarer erscheinen wollte, als er es tatsächlich war? Weil ihr Weggang ihn mitnahm? Und war Takata vielleicht die einzige andere Freundin, die er hatte und er konnte ihr deshalb diese Zuneigung zeigen? Fragen über Fragen schossen ihm durch den Kopf, was gut war, denn das lenkte ihn ab..doch er schien nicht der einzige zu sein, der Fragen hatte. Yarok sagte nun etwas und riss ihn damit aus seinen Überlegungen. Die Plötzlichkeit seiner Frage sorgte dafür, dass er diese zunächst verarbeiten musste. Genau genommen waren es ja zwei Fragen, und die erste traf ihn, wie auch die Sichtung des schwarzen Wolfes, wie ein Schlag.
Alles in Ordnung?, hallten die Worte in seinem Kopf wider, wo sie gegen Wände stießen, umher wirbelten und alles umrissen, was er sich versucht hatte, seit seiner Ankunft hier aufzubauen. Er hatte versucht, die Geschehnisse zu verdrängen, nach vorn zu blicken..doch diese eine Frage riss ihn wieder zurück und abermals begann er, zu zittern.
Nein, nichts ist in Ordnung.., hätte er gern geantwortet. Er hätte ihm gern erzählt, was passiert war..doch er konnte es nicht. Er brachte es nicht über die Lefzen. Die Worte setzten sich in seinem Hals fest, formten dort einen festen Klumpen und blieben stecken. Wollten nicht hervor kommen.
Wo genau hat Niyol euch eigentlich gefunden? Diese Frage war einfacher zu beantworten. Die andere jedoch..schier unmöglich. Doch irgendetwas musste er sagen. So wandte er langsam den Blick zu ihm, schaffte es aber nicht, ihn anzusehen und sah dann stattdessen nach unten, auf den Boden.
"J..ja..n..nein..i..ich..habe eine..l..lange Reise..hinter mir..er..f..fand uns..an einem..See..", brachte er dann stark stotternd hervor, um dann schnell den Blick wieder abzuwenden. Alles in ihm schrie danach, zu verschwinden, gleichzeitig wollte er aber bei Yarok bleiben. Ihn kannte er jetzt ein bisschen und das verlieh ihm etwas Sicherheit. Aber selbst, wenn er irgendwo anders hin gehen würde..wohin sollte er denn gehen? Er kannte niemanden sonst, außer Niyol, und der..war jetzt keine Hilfe. In den Wald zurück konnte er auch nicht, die anderen Wölfe würden es bestimmt nicht gutheißen, wenn er jetzt einfach wieder verschwand. Aber was blieb ihm denn noch? Sein Blick fiel wieder zur Seite, zu Takata und Niyol. Zu dem Grauen wollte er zwar nicht, aber er erinnerte sich daran, dass die weiße Wölfin verletzt war. Sollte er jetzt die Chance nutzen?

Auf genau diesen Moment hatte er gewartet - auf einen Moment, den er nutzen konnte, um einen Überblick über das gesamte Rudel zu bekommen..nun, bis auf die beiden Wölfe, die fehlten. So sah er sich nun, nachdem er vom Anouks Rücken gesprungen war, um. Zuerst viel sein Blick dabei auf seinen Lieblings-Nicht-Lieblings-Wolf Niyol. Dieser unterhielt sich gerade mit der verletzten Tollpatsch-Wölfin - kein Wunder, die beiden musste irgendetwas verbinden, so, wie sie auf ihn zugerannt gekommen war. Da er aber nicht die guten Lauscher eines Wolfes besaß hörte er auch nicht, was die beiden besprachen und sah dann zu dem nächsten Pärchen: einem schwarzen Wolf und einer cremeweißen Wölfin. Die beiden schien er gerade zum richtigen Zeitpunkt ins Auge gefasst zu haben, denn gerade stupste die Wölfin den Rüden an. Was das wohl zu bedeuten hatte? Eine Bewegung in seinem Augenwinkel ließ ihn den Blick wieder zu Takata und Niyol richten - und er traute seinen Augen kaum! Er leckte der Wölfin doch tatsächlich über den Kopf!
Kein Seelentröster, was? Besitzt der empathielose Wolf etwa doch einen Funken Empathie? Oder hat er sich hier einfach nur ne kleine Freundin geschnappt?
Das ganze sollte aber noch spannender werden, denn die Wölfin sah woanders hin und erstarrte plötzlich, zitterte und verzog die Lefzen, ein Blick in ihre Richtung verriet ihm, dass sie zu dem anderen Pärchen sah. Da leckte der schwarze Rüdin der Wölfin gerade über ihr Ohr. Nanu! Was hatte das denn nun zu bedeuten? Neugierig legte er den Kopf schief und sah wieder zu Niyols vermeintlicher Freundin, welche sich aber vielleicht doch als Nicht-Freundin herausstellen könnte. Denn wenn er es nicht besser wüsste, aber das wusste er, nein, er war sich sogar ganz sicher, dann war es ganz klar, dass sie sich daran störte, dass der schwarze Rüde der anderen Wölfin übers Ohr leckte! War da etwa jemand eifersüchtig? Leichte Belustigung kam in ihm auf. Das konnte ja noch ganz spannend werden! Um aber nicht zu lang zu starren widmete er auch den anderen Wölfen einen kurzen Blick. Da war noch ein schwarz-brauner Rüde, der sich scheinbar dem hellgrauen angenommen hatte, der wohl etwas verwirrt war. Anscheinend hatte der schwarz-braune Mitgefühl, was Karasu wertschätzte. Dann waren da noch eine schwarze Wölfin und eine weiße, doch weil er nicht so viel verpassen wollte wandte er wieder seinen Blick den anderen beiden Pärchen zu. Allerdings hörte er dann, wie Yarok etwas fragte und wandte seinem Blick diesen zu. Auch ihn schätzte er. Er behandelte Anouk freundlich und hatte ihm sogar einen Platz neben sich angeboten, deswegen hatte er sich auch überhaupt erst dazu entschieden, kurz den Blick über das Rudel schweifen zu lassen da er wusste, dass Anouk in guten Pfoten war..oder zumindest schien es so. Denn Anouk wandte nun langsam den Blick zu Yarok, zitterte und antwortete dann schließlich stotternd auf seine Frage um dann wieder weg zu sehen. Es war auf jeden Fall nicht Yarok, der etwas falsch gemacht hatte, vielmehr ging es Anouk einfach noch nicht gut genug. Schnell hüpfte er an seine Seite und hörte dann noch, wie er hinzufügte:


"E..Entschuldige mich, Yarok..ich..bin gleich..wieder da..ich..will nur kurz..nach der Wölfin sehen, denn..vielleicht..kann ich helfen.."

Für einen Moment sah er Anouk nach, dann wandte er den Blick zu Yarok. Er würde Anouk sofort folgen, doch erst wollte er dem graubraunen noch etwas sagen. Er hüpfte etwas näher und sah zu ihm auf, dann senkte er die Stimme, denn das war nur für seine Ohren bestimmt.
"Hey, ähm..Yarok, richtig? Ich will, dass du weißt, dass du nichts falsch gemacht hast. Es ist nur..der Kleine hat sehr viel durchgemacht, weißt du? Vielleicht..kann er ja irgendwann darüber reden, aber das muss er selbst. Was ich dir aber sagen kann, ist, dass Wölfe wie du ihm gut tun. Wölfe, die ihn freundlich behandeln."


Die Entscheidung, zu Takata und Niyol zu gehen war ihm nicht leicht gefallen. Doch da war jemand, dem er helfen konnte. Und er wollte nicht, dass seine eigenen Gefühle dafür sorgten, dass er nicht für andere da sein konnte. Deswegen riss er sich nun so gut er konnte zusammen, atmete durch, sagte Yarok Bescheid und ging dann auch schon. Zwar flüchtete er dadurch auch und er hoffte außerdem, dass Yarok nicht schlecht von ihm dachte, doch das war die leichtere Entscheidung..auch, wenn er dadurch wieder mit einem fremden Wolf konfrontiert wurde. Allerdings schätzte er sehr, dass Yarok gefragt hatte und vor allem, dass er das mit Respekt gemacht hatte. Er konnte sich nur nicht dazu bringen, darüber zu reden..noch nicht.
Langsam tlief er auf die beiden zu und atmete dabei mehrmals tief durch. Er war nervös und versuchte außerdem, seine rasenden Gedanken zu beruhigen. Vollständig klappte das natürlich nicht, doch zumindest zitterte er nun kaum noch, als er bei den beiden ankam. Kurz sah er zu Niyol, dann blickte er für einen Moment die Wölfin an und versuchte sich an einem Lächeln, welches jedoch durch die Nervosität etwas abgeschwächt wurde.
"I..ich..ich hoffe..ich störe nicht, aber..ich habe mitbekommen, dass es dir nicht gut geht..und..Yarok erzählte mir, dass du..von einem Bären angegriffen wurdest. Ich..könnte dir helfen, denn..ich kenne mich etwas mit..heilenden Pflanzen aus..", sagte er dann, danach konnte er den Blick nicht mehr aufrecht erhalten, sodass dieser zu Boden ging.

[Zunächst bei Yarok, dann bei Takata & Niyol | Am Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
25.02.2025 14:53 Forum: Das Tal

Er lauschte dem Gespräch von Yarok und Niyol und hörte, wie letzterer entschied, dass sie erst Mal hier weg mussten. Hieß das, dass keiner der beiden Wölfe derjenige war, den er im Eis gefunden hatte? Gern würde er aufatmen, doch er war sich unsicher. Vielleicht hatte Niyol diese Entscheidung getroffen, damit sie endlich von hier weg kamen. Doch wieder schob er diesen Gedanken beiseite, er wollte vermeiden, dass ihn die Dunkelheit, die hinter jeder Ecke auf ihn lauerte ihn wieder einnahm und seine Gedanken vernebelte. Er wollte jetzt hier, an diesem Ort sein..und nicht an jenen anderen, dunklen Orten, die sich so in seiner Erinnerung festgesetzt hatten. Allerdings war es kein leichter Akt, diesen zu entkommen und war viel mehr so, als wolle man auf einem dünnen Ast, der kaum Platz für auch nur eine Pfote bot über einen Abgrund balancieren, dessen Schlund geradezu nach einem zu greifen schien. So klammerte er sich an das Hier und Jetzt und sah zu Yarok, als dieser sich wieder ihm zuwandte. Er ging auf seine Frage ein und sagte, sie würden langsam laufen und die verletzte Wölfin im Blick behalten. Dann richtete er den Blick nach oben, vermutlich zu Karasu, und schien etwas sagen zu wollen, hielt sich dann aber zurück. Anouk nickte auf seine Antwort hin und lächelte etwas, zwar würde er gern mehr tun können, doch war es jetzt wichtig, von hier weg zu kommen - so war das vorerst das mindeste, das sie tun konnten. Zumindest..fast. Denn er konnte noch etwas weiteres tun. Er nahm sich vor, auf den Weg zum Rudelplatz schon Mal nach Pflanzen Ausschau zu halten, die der Wölfin helfen könnten. All seine Aufmerksamkeit würde er darauf nicht richten können, musste er ja auch auf den Weg achten, aber ein bisschen konnte er darauf schon achten.

Als Yarok sich dann an seine Seite schob wurde er etwas aus seinen Überlegungen gerissen. Dem hellbraunen Rüden so schnell so nah zu sein hatte er nicht erwartet und für einen Moment fühlte es sich an, als würde er an Ort und Stelle festfrieren. Um sich irgendwie abzulenken musterte er den Rüden für einen Moment und stellte fest, dass sein Fell nicht einfach nur hellbraun war, sondern auch einige graue Stellen besaß. Damit es nicht zu sehr auffiel, was in ihm vorging ließ er den Blick wieder zu Yaroks Gesicht schweifen..und blieb dann abermals bei seinen Augen hängen. Ihr warmer, bernsteinfarbener Ton fing ihn wieder kurz ein, schaffte es aber gleichzeitig, ihn aus seiner Starre zu lösen und seine Muskeln, die sich etwas angespannt hatten, dazu zu bringen, sich zu wieder entspannen. Der graubraune Rüde nickte ihm dann schließlich aufmunternd zu, was dazu führte, dass Anouk ein seltsames Kribbeln in seinem ganzen Körper spürte. Ob dieses guter, oder schlechter Natur war konnte er gar nicht bestimmen. Um der Situation endgültig zu entkommen senkte er den Kopf und nahm mit seiner Nase die Gerüche am Boden auf, während sie sich langsam in Bewegung setzten. Das würde ihm einerseits helfen, den Weg zurück zu finden, andererseits konnte er so aber auch die Gerüche von ein paar der Pflanzen hier aufnehmen. Doch..wonach sollte er überhaupt Ausschau halten? Er wusste ja gar nicht, was der Wölfin fehlte. So hob er seinen Kopf leicht, traute sich aber nicht, diesen ganz zu heben und hoffte, es wirkte so, als wäre er zu beschäftigt, die Fährte aufzunehmen und blickte dann nach oben zu Yarok.
"W..Was ist der Wölfin..denn eigentlich genau passiert?"

Ausnahmsweise, und darüber war er selbst überrascht, war er mit Niyol mal einer Meinung. Sie mussten hier weg, das war wichtiger. Anschließend antwortete Yarok dann noch auf Anouks Frage und er erwischte den Rüden dabei, wie er ihm danach einen Blick zuwarf. Das amüsierte ihn sofort wieder und er legte leicht belustigt den Kopf etwas schief und betrachtete nun wiederum den Rüden.
Wie lange es wohl dauern wird, bis er irgendetwas sagt?, fragte er sich dann und befand es für einen guten Zeitvertreib, ihn einerseits weiter zu beobachten und andererseits gespannt darauf zu warten, wann er sich wohl trauen würde, ihn anzusprechen. Vielleicht würde er auch selbst Yarok zuerst ansprechen, aber noch fand er zu viel Belustigung daran, seine verwirrten Reaktionen zu beobachten. Zwischendurch warf er aber auch einen Blick zur verletzten Wölfin, aber ebenso zum Rest des Rudels, so, wie es Yarok auch tat. Denn vier Augen sahen ja schließlich mehr, als zwei! Und so konnte er auch seiner anderen Aufgabe, nämlich bei Anouk zu bleiben, weiter nachgehen.


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Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
09.02.2025 16:21 Forum: Das Tal

Zwar war er froh, den Schritt auf die Wölfe zu gemacht zu haben, doch pochte sein Herz in seiner Brust immer noch im Angesicht der Tatsache, gleich so viele, neue Gesichter vor sich zu haben - Gesichter mit Augen, die ihn ansehen würden. Augen, die ihn prüfend und neugierig beobachteten. Augen, die sich ihr eigenes Urteil bildeten..wie auch immer dieses aussehen würde. So kam er nicht umhin, sich zu fragen, was die anderen wohl über ihn dachten. Wie sein erster Auftritt auf sie wirkte. Er war sich bewusst, dass er nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzte, doch ändern konnte er das auch nicht einfach so. Würden sie Verständnis für ihn zeigen? Oder würde es wie bei Niyol laufen? Oder noch schlimmer..waren sie gar, wie die Wölfe seines ehemaligen Rudels?
Um diesen Gedanken, alle Gedanken, loszuwerden, zwang er sich, wieder aufzusehen..und sah direkt in das Gesicht von Yarok. Auf ihn hatte er schon aus seinem Versteck einen guten Blick erhaschen können, was er von da aber nicht gesehen hatte, waren seine Augen. Sie trugen einen warmen, bernsteinfarbenen Ton - und diese Wärme schien für einen Moment in ihn einzudringen. Er merkte deutlich, wie er sich entspannte, wie die Anspannung in ihm sich löste, wie die Angst verschwand. Es fühlte sich an wie ein warmer Sonnenstrahl, der in all der Kälte sein Fell küsste und ihn erwärmte. Ohne, dass er es merkte, schlich ein leises Lächeln auf seine Lefzen.
Dann drangen die Worte des hellbraunen Rüden an sein Ohr und er blinzelte ein paar Mal. Was war gerade passiert? Schnell löste er den Blick von Yaroks Augen und hörte den Worten des Rüden zu. Seine Sorgen waren unbegründet, er war freundlich zu ihm und stellte sich nochmal vor. Diese Freundlichkeit wollte er erwidern und ihm ein Lächeln schenken, doch merkte er dann, dass er bereits lächelte. Leicht peinlich berührt legte er die Ohren an und war dann froh, dass Yarok nach seiner Frage, ob er soweit war, nach hinten zu den anderen sah. Er hatte ihm also nicht nur in die Augen gestarrt, sondern auch noch ganz automatisch gelächelt. Insgeheim hoffte er, dass der andere Rüde davon nichts mitbekommen hatte..denn erklären würde er das nicht wirklich können, wusste er doch selbst nicht, was in diesem Moment geschehen war. War er vielleicht einfach nur froh, einem freundlichen Wolf, einem freundlichen Gesicht, zu begegnen?
Er hörte dann zu, wie er Niyol sagte, dass zwei andere Wölfe, Avon und Valdis, noch da draußen waren und wie er dann fragte, ob man vielleicht nach ihnen suchen sollte. Da draußen? Hieß das, sie waren irgendwo im Wald..oder vielleicht sogar..in der Eiswüste? Bei diesem Gedanken stellten sich ihm die Ohren auf, denn er dachte wieder an den weißen Wolf, den er da draußen gefunden hatte. Er hatte Niyol von ihm berichtet, wenn das also einer dieser beiden Wölfe war..dann musste er das doch wissen, oder? Schnell verbannte er den Gedanken daran wieder..er wollte nicht erneut daran denken müssen..noch nicht. Vielleicht würde es zur Ansprache kommen, wenn sie am Rudelplatz waren..spätestens dann musste er sich dieses Bild wieder vor Augen rufen. Und nicht nur das - die Wölfe würden sicher noch mehr Fragen an ihn haben. Er wusste, dass das nicht einfach werden würde..das war es schon bei Niyol nicht. Mit einem leichten, mulmigen Gefühl im Magen, welches von der Angst, aber auch seinem Hunger stammte, seufzte er leise. Wie würden sie wohl reagieren, wenn er ihnen nicht die gewünschten Antworten geben konnte? Würden sie sauer werden? Ihn davon jagen? Er hoffte, dass das nicht der Fall war, und wenn da noch mehr Wölfe waren, die so freundlich waren, wie es bei Yarok zumindest den Anschein machte, dann..gab es sogar einen Grund, zu hoffen.
"Es..freut mich auch, Yarok", entgegnete er dann und lächelte wieder zaghaft. Dann folgte er seinem Blick zu Niyol, welcher die verletzte, weiße Wölfin bei sich hatte. "Ich..bin soweit, ja, aber..was ist mit der Wölfin bei Niyol? Wird sie..den Weg schaffen?"
Er hatte gesehen, dass sie Schwierigkeiten dabei hatte, zu stehen. Jemand würde sie stützen müssen, weswegen sie wohl bei Niyol war. Doch er wusste ja nicht wirklich, was ihr passiert war, so konnte er auch nicht abschätzen, ob das schon reichte oder ob sie auf dem Weg nicht doch wieder zusammen brach. Andererseits..hatten sie denn eine andere Wahl? Wenn das hier die Höhle eines Bären war, worauf alle Zeichen deuteten, dann mussten sie hier dringend weg.

Anders, als Anouk konnte er oftmals die Dinge etwas genauer betrachten. So entging ihm auch nicht, dass Yarok über ihn und Anouk verwundert zu sein schien, jedenfalls machte es den Anschein, als würde der Anblick eines Wolfes in Begleitung eines Raben sein Köpfchen ziemlich anstrengen. Ihn so nachdenklich zu sehen fand er ja schon irgendwie putzig, aber er konnte es ihm auch nicht ganz verdenken, denn er selbst musste zugeben, dass ein solches Gespann nicht ganz üblich war. Doch falsch war daran ja auch nichts - nein, sogar ganz im Gegenteil! Wolf und Rabe ergänzten sich wunderbar, der eine hatte eine gute Nase und scharfe Zähne und der andere konnte fliegen, hatte somit also einen guten Überblick, hatte scharfe Krallen, einen spitzen Schnabel, ein wunderschönes Gefieder..ja, wer wollte schon nicht mit einem solch schönen Geschöpf unterwegs sein? Einen guten Begleiter gab er ganz obendrauf auch noch ab! Der hellbraune Rüde schien sie aber nicht zu verurteilen, sondern sich nur zu wundern, und das rechnete er ihm hoch an. So begrüßte er sie freundlich und wechselte noch ein paar Worte mit Niyol, welcher sich mittlerweile der Wölfin, die so ungelenk vor ihm auf dem Boden gelandet war, angenommen hatte. Zwei Wölfe wurden also vermisst? Na das fing ja gut an! Würde er die beiden schon kennen, dann hätte er sich jetzt vielleicht sogar angeboten, nach ihnen zu suchen, aber selbst wenn man ihm beschrieb, wie die beiden aussahen war das, als würde man ein Blatt im Laubhaufen suchen! Noch dazu kam, dass er Anouk nur ungern verlassen wollte, schon gar nicht, wenn er gleich mehreren fremden Wölfen entgegen stand. Außerdem war er sich sicher, dass die beiden den Weg wieder zurückfinden würden solange ihnen ihre Nasen nicht einfach so abgefallen waren - und dass so etwas passieren konnte, hatte er noch nie gehört, das war also sehr unwahrscheinlich!

[Bei Yarok; Niyol, Shiro, Aarinath, Pantalaimon, Kachnik, Roghir, Ayjana, Takata | Bärenhöhle, Nähe Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
27.01.2025 23:10 Forum: Das Tal

Sich hier zu verstecken, war eine gute Entscheidung gewesen - zumindest für den Moment. Denn hier fühlte er sich sicher, vor allen Blicken geschützt solange niemand genauer hinsah, war das hier ja nicht gerade das beste Versteck. Doch es war besser, als nichts und so lag wenigstens der Fokus nicht gleich auf ihm..dem Neuen. Wie würden die Wölfe wohl auf ihn reagieren? Diese Frage wollte ihn einfach nicht loslassen. Vor allem, da man sein erstes Zusammentreffen mit Niyol ja nicht gerade gut verlaufen war. Wenn alle Wölfe so waren, wie er, oder zumindest nur annähernd, dann..
Nein. Er schüttelte den Kopf und fokussierte sich wieder auf die Wölfe vor ihm. Anstatt darüber nachzudenken sollte er lieber seine vorteilhafte Position nutzen, solange er diese hatte. Es würde sicher nicht lange dauern, bis ihn die anderen Wölfe bemerkten und wenn das hier wirklich die Höhle eines Bären war..dann wollten sie sicher auch so schnell wie möglich wieder von hier verschwinden. Es war also schlauer, die Zeit zum beobachten zu nutzen, die ihm noch blieb.
Zuerst fiel sein Blick dabei auf einen hellgrauen Rüden welcher, soweit er das von seinem Punkt aus einschätzen konnte, etwas verwirrt wirkte. Ein schwarz-brauner Rüde in seiner Nähe versuchte dann, ihn zu beschwichtigen woraufhin dieser allerdings Niyol mit einem fremden Namen ansprach.
Pilgrim.., wiederholte er diesen erneut in seinen Gedanken, so, als könne er ihm dadurch irgendeine Bedeutung geben, doch..da war nichts. Natürlich nicht, kannte er diesen Wolf doch gar nicht. Doch wieso hatte er Niyol so angesprochen? Schließlich fügte er noch etwas hinzu, das sich so anhörte, als hätte er ihn gewittert..oder vielleicht sogar gesehen? Schnell duckte Anouk sich etwas tiefer in den Busch, auch, wenn er wusste, dass das unnütz war sobald man ihn erst Mal gesehen hatte.
Der schwarz-braune Rüde sagte dann an Niyol gewandt, dass Roghir das am besten erklären könne und dass sie am besten verschwinden sollten. Der erste Teil seines Satzes bezog sich wahrscheinlich auf etwas, das der Graue gesagt hatte, kurz bevor er hier eingetroffen war. Doch er sah bei seinen Worten zu dem schwarzen Rüden, der weißen und der cremeweißen Wölfin. Er schätzte, dass das der Name des Rüden war, so kannte er also wenigstens schon mal einen Namen mehr.
Als nächstes sprach der hellbraune Rüde, welcher, bei näherer Betrachtung, eher grau-braun erschien. Er pflichtete dem schwarz-braunen zu und nannte dabei einen weiteren Namen - Pan - und erkundigte sich dann bei Niyol nach seiner Begleitung, um sich dann suchend umzuschauen. Am liebsten würde Anouk sich nun noch tiefer ducken und im Erdboden verschwinden, doch das war leider nicht möglich. Stattdessen wich er instinktiv einen Schritt zurück und legte sogleich die Ohren an. Er wollte nicht so ängstlich sein, doch konnte er auch nicht anders, war doch die Angst sein ständiger Begleiter. Ob das wohl jemals anders sein würde? Nein, viel mehr..ob das wohl jemals wieder anders sein würde? Denn es war ja noch nicht allzu lange her, dass er unbesorgt hatte leben können. Die Angst hatte ihn verlassen und an ihre Stelle war ein viel besseres, schöneres Gefühl getreten..Geborgenheit. Und Ruko war es, der sie verkörpert hatte. Würde es jemals wieder so sein können?

Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als eine weiße Wölfin vor Niyols Pfoten plumpste. Er blinzelte ein paar Mal um den Tränenschleier zu vertreiben, der sich wieder hatte bilden wollen und schluckte den Schmerz hinunter. Er musste jetzt stark bleiben und durfte nicht wieder abschweifen. Trotz ihrer unglücklichen Landung begrüßte sie ihn freudig, was er dann erwiderte und sie mit dem Namen Takata begrüßte. War das die vermeintlich verletzte Wölfin? Prüfend blickte er zu der Stelle, wo sich diese bis gerade eben noch befunden hatte und stellte fest, dass sie nun weg war - sie musste es also sein. Was war ihr passiert? Von hier aus konnte er keine Verletzung erkennen, aber vielleicht hatte sie wirklich etwas was auch der Grund sein könnte, warum ihre Pfoten den Halt verloren hatten. Sogleich verspürte er den Drang, sein Versteck zu verlassen und nach ihr zu sehen. Seit seine Mutter ihm ihr Wissen über heilende Pflanzen vermittelt hatte hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, zu helfen, wo er konnte - wenn man ihn ließ. Denn die meisten Wölfe aus seinem einstigen Rudel zogen es entweder vor, von ihr behandelt zu werden oder sie kümmerten sich nicht um ihre Verletzungen. Doch wenn er helfen konnte dann hatte er stets gemerkt, wie viel Freude ihm das bereitete. Es war ein erfüllendes, schönes Gefühl gewesen, eine Aufgabe zu haben.
Niyol schlug schließlich auch vor, dass sie diesen Ort verlassen sollten und Anouk wusste nun, dass es langsam Ernst wurde. Sein Versteckspiel neigte sich dem Ende und er musste sich entscheiden - wollte er sich zeigen oder wollte er lieber den Rückzug antreten, solange er noch konnte? Die Wölfe hier machten einen ganz normalen Eindruck auf ihn..jedenfalls nach seinem Maßstab. Denn sehr viele Vergleiche dafür, wie sich normale Wölfe verhielten, hatte er ja nicht.
Der Graue war, während er sprach, im Kreis um die Wölfe gelaufen und kam nun schließlich, in den Wald und damit in seine Richtung schauend, zum stehen. Seine nächsten Worte ließen ihn allerdings so stark zusammenzucken, dass er sich unweigerlich aufrichtete - damit war sein Versteck wohl auch hin. Er fragte Yarok - wieder ein neuer Name - ob dieser ihm und Karasu dabei helfen konnte, den anderen den Weg zum Rudelplatz zu weisen. Hätte er selbst sein Versteck nicht schon verraten, dann wäre es spätestens jetzt zwecklos gewesen, sich noch weiter zu verstecken oder gar zu planen, wieder zu verschwinden. Doch nicht nur das..er sollte die Wölfe zurückführen? Ein Rudel ihm völlig fremder Wölfe? Er, Anouk, sollte die Verantwortung übernehmen? Die ganze Welt um ihn herum schien sich plötzlich zu drehen und er torkelte mehrere Schritte zurück, weg von den Wölfen, bis er mit seinem Hinterteil unsanft an einen Baum stieß, an welchem er dann zum sitzen kam. Mehrmals versuchte er, durch kräftiges Schütteln des Kopfes die Welt um ihn herum wieder zum Stillstand zu bringen, bevor er noch umkippte, doch..das wollte nicht so richtig funktionieren. Deswegen legte er sich schließlich auf den Bauch, vergrub die Schnauze unter den Pfoten und schloss die Augen. Was war, wenn er sie in die Irre führte? Wenn er den Weg nicht zurück fand? Natürlich hatte er noch Karasu, er hatte aus der Luft einen besseren Überblick und könnte dann sicherlich noch aushelfen, aber was war, wenn sie sich aus den Augen verloren? Leicht fing er an, zu zittern. Diese vermeintlich kleine Aufgabe schien ihn zu erdrücken.

Eine Sache, die er immer schon gern gemacht hatte war es, andere Tiere zu beobachten. Denn wenn sich Tiere unbeobachtet fühlten legten sie manchmal die kuriosesten Verhaltensweisen an den Tag - anders war es auch nicht bei den Wölfen. Und schon gar nicht bei diesem Rudel. Gleich der erste Rüde, der sprach, machte einen ziemlich seltsam verwirrten Eindruck. Was war denn mit ihm? noch dazu sprach er dann den Grauen mit einem völlig falschen Namen an. Mit Vermutungen, was ihm fehlte, etwa, wie groß der Tannenzapfen gewesen sein musste, der ihm wohl auf den Kopf gefallen war, hielt er sich zurück - schließlich wollte er sich nicht über andere lustig machen, ohne die Hintergründe zu kennen. Aber..waren solche moralischen Überlegungen überhaupt nötig, wenn er sich schon seinen Spaß daraus machte, andere zu beobachten?
Vielleicht hätte er sich ja solche Überlegungen doch leisten sollen, denn die nächsten Wölfe boten leider keinen Unterhaltungsfaktor. Interessant war höchstens, dass er ein paar Namen aufschnappte. Doch diese Flaute sollte nicht lange anhalten, denn aus dem hinteren Bereich machte sich eine weiße Wölfin auf den Weg zu Niyol. Dass irgendetwas mit ihrem Gang nicht stimmte merkte er gleich - das musste die verletzte Wölfin sein, die zuvor noch auf dem Boden gelegen hatte. Ungelenk wankte sie herüber und erhöhte dann sogar noch ihr Tempo. War sie wirklich so froh, den Grauen zu sehen? Das konnte er sich irgendwie kaum vorstellen. Hätte sie sich lieber die Energie gespart, denn kurz darauf legte sie eine Bruchlandung hin, wie er sie sonst nur von Jungvögeln kannte, die sich das erste Mal im fliegen erprobten, nur um dann - wortwörtlich - Bekanntschaft mit dem harten Boden der Realität machen zu müssen. Als sie dann noch welpenartig zu ihm aufblickte konnte er ein lachen nur schwer unterdrücken. Das war einfach zu ulkig!

Kurz darauf sollte er aber wieder daran erinnert werden, dass die Lage ja eigentlich ernst war. Schließlich befanden sie sich hier bei der Höhle eines Bären! So war er Niyol auch dankbar, dass dieser endlich einen Aufbruch ankurbelte. Eine plötzliche Bewegung von Anouk erschrak ihn dann allerdings, sodass er sofort in die Luft flatterte und dem kleinen Wolf dabei zusah, wie dieser nach hinten torkelte und an einem Baum zum stehen kam, der nur ein paar Schritte entfernt war, um sich dann auf den Bauch zu legen und die Schnauze unter den Pfoten zu vergraben. Was hatte er denn? Schnell landete er vor ihm und stupste seine Schnauze mit dem Schnabel an.
"Anouk? Hey, hörst du mich? Was ist denn los?" Doch keine Reaktion. Er ließ sich Niyols Worte nochmal durch den Kopf gehen - Anouk und er sollten mit Unterstützung durch Yarok die anderen zum Rudelplatz führen. Mehr hatte er doch nicht gesagt, oder? Vorsichtig drückte er seinen Körper an die Seite seiner Schnauze.
"Ganz ruhig, ja? Es kann nichts passieren..ich bin doch schließlich bei dir", versuchte er es dann. Hatte er Angst vor den anderen Wölfen? Denkbar war es bei allem, was er durchgemacht hatte..allerdings hatten sich alle recht normal verhalten. Oder war er vielleicht einfach überfordert, weil es so viele waren?

"W..Was..wenn ich..etwas falsch mache?" Brachte Anouk dann schließlich brüchig hervor und Karasu ahnte, was das Problem war. Sachte rieb er den Schnabel am Fell seiner Schnauze und gab dabei ein leises, tschirpendes Geräusch von sich.
"Ach, Anouk..was soll denn passieren? Der Rudelplatz ist nicht so weit weg..und selbst, wenn wir uns verlaufen - ihr seid Wölfe, ihr habt gute Schnüffler! Und zusammen mit Yarok schaffst du das bestimmt, er kennt sich sicher gut hier aus. Tja, und außerdem habt ihr mich - bisher habe ich immer den Weg zurück gefunden!"


Karasu schaffte es, ihn mit seinen Worten etwas zum schmunzeln zum bringen. Auch ebbte sein Zittern langsam ab, sodass er sich kurz darauf auch wieder aufrichten konnte.
"Danke, Karasu..ich..weiß nicht, was ich ohne dich machen würde", sagte er dann lächelnd und wartete noch einen Moment, bis der Rabe wieder seinen Platz auf seinem Rücken eingenommen hatte. Dann lief er auf noch etwas wackeligen Pfoten auf die Wölfe zu und verließ dann schließlich den schützenden Wald. Nun würden ihn die Wölfe das erste Mal richtig erblicken, es gab nun kein verstecken mehr. Doch er versuchte, sich nicht darauf konzentrieren. Stattdessen sah er zu Yarok und schenkte ihm ein vorsichtiges, flüchtiges Lächeln. Sich nur auf einen Wolf zu fokussieren war fürs erste das einfachste, so fügte er an ihn gewandt, aber eigentlich für alle Umstehenden gedacht, hinzu:
"H..Hallo..Niyol hat mich zwar schon vorgestellt, aber..ich..heiße Anouk..und..der Rabe auf meinem Rücken..ist mein Begleiter und bester Freund, Karasu."
Mehr brachte er zunächst nicht hervor und wandte dann den Blick ab, Richtung Boden. Es fühlte sich an, als würden sämtliche Blicke, unzählige Augen, nun auf ihm liegen und ihn durchbohren. So brachte er für den Moment auch nicht den Mut oder die Kraft auf, wieder nach oben zu sehen. Doch dennoch war es ein gutes und auch befreiendes Gefühl, den ersten Schritt gemacht zu haben. Den Schritt in einen neuen Abschnitt seines Lebens..wie auch immer dieser aussehen mochte.

[Bei Niyol, Shiro, Aarinath, Yarok, Pantalaimon, Kachnik, Roghir, Ayjana, Takata | Bärenhöhle, Nähe Mondscheinsee]
Thema: Neuigkeiten & kleinere Meldungen
13.01.2025 14:20 Forum: Grundlegendes & Neues

Danke Valdis, Eden und Venryn, für eure Glückwünsche und euren guten Zuspruch x3
Thema: Neuigkeiten & kleinere Meldungen
09.01.2025 00:24 Forum: Grundlegendes & Neues

Zwar habe ich im Neujahrschat bereits schon etwas gesagt, aber ich will es mir trotzdem nicht nehmen lassen, hier noch etwas zu sagen (:

Es ist mir eine unfassbar große Ehre, diesen Posten antreten zu dürfen. Wirklich. Ich kann kaum in Worte fassen, wie wichtig das für mich ist. Aber glaubt mir wenn ich sage, dass ich die letzten Tage dauerhaft glücklich war und dass ich so stolz darauf bin, dass ich es am liebsten jeder Person erzählen würde, der ich begegne.
Das Forum, also ihr, seid mir unglaublich ans Herz gewachsen. Und obwohl ich "gerade mal" knapp 7 Monate hier bin (wo ist die Zeit hin?!) fühlt es sich an, als wäre ich schon viel länger Teil der Wölfe der Nacht. Es fühlt sich einfach an..wie Zuhause. (Gefühlsduselig werden? Kann ich!)
Mich hier anzumelden war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können - und ich wünschte auch, ich hätte das Forum früher entdeckt, wäre früher dabei gewesen. Aber dafür bin ich ja jetzt dabei, und keine Sorge - so schnell werdet ihr mich auch nicht wieder los!

Das könnt ihr nicht wirklich wissen, aber ihr habt mich jetzt schon auf einem großen Teil meiner ganz eigenen, persönlichen Reise begleitet. Ungefähr ab der zweiten Hälfte von 2024 hat sich viel getan, ich habe eine große Entwicklung hingelegt - und ihr wart dabei! Und das werdet ihr auch weiterhin, denn auch dieses Jahr steht viel für mich an, ich habe noch einiges an Entwicklung vor mir, an Änderung..und wie man weiß sind Änderungen oftmals beängstigend. Aber ich blicke allem positiv entgegen und bin froh und dankbar, dass ihr mich auf dieser Reise begleitet habt und auch weiter werdet (:

Ich will euch auch versprechen, dass ich stets mein bestes als Moderator geben werde. Wenn ihr irgendetwas habt dürft ihr euch auch gern an mich wenden, ich habe für alles ein offenes Ohr. Denn wenn ich helfen kann dann geht es mir am besten, das war schon immer so (:

Wahrscheinlich könnte ich noch ewig so weiter schreiben, aber..ich stoppe mich jetzt mal lieber, wer soll das schließlich alles lesen? hihi
Ich freue mich auf die weitere, gemeinsame Zeit und bin schon sehr gespannt, was die Zukunft bringt! Danke, dass ihr da seid, danke, dass ich hier sein darf und danke, dass mir dieses Maß an Vertrauen zuteil wird grins
Thema: Traumreise in eine fremde Welt
22.12.2024 23:00 Forum: Nebenrollenspiele

Auf manche seiner Fragen ging sie ein, auf andere wiederum nicht. Doch eigentlich spielte es für ihn auch keine Rolle mehr, denn er hatte bereits resigniert. Das Anders-Sein gehörte zu ihm, wie die Seele zum Körper. Es war ein Teil von ihm und würde ihn nie mehr verlassen. Das bedeutete also, dass er stets den Kampf würde führen müssen, den er jetzt führte. Der Kampf mit sich selbst und mit dem, was andere von ihm dachten. Immer wieder würde er abschätzigen, fragenden, oftmals auch abwertenden Blicken ausgesetzt sein. Und warum? Nur, weil er so war, wie er war. Weil das Schicksal entschieden hatte, ihn so anders sein zu lassen, ihn zu diesen Wölfen zu werfen, unter welchen er wie ein Außenseiter war. Und das Schicksal, so wusste er nun, war diese Wölfin. Warum tat sie ihm das an? Merkte sie nicht, dass er schon jetzt keine Kraft mehr hatte? Dass er drohte, unter der Last dieser Bürde zusammen zu brechen? Er verstand es einfach nicht.

Den ersten Teil ihrer Antworten hatte er nicht mitbekommen, zu versunken war er in seinen Gedanken. Er hörte ihr erst wieder zu, als sie sagte, dass niemand über den Dingen stand, nicht sie, nicht er und noch viel weniger Niray. Bei der Erwähnung seines Namens sah er zu ihr auf. Sie sprach weiter und redete davon, dass er sich seine Fragen selbst beantworten konnte und dass sie ihm etwas zeigen wollte. Wie sollte er sich all diese Fragen selber beantworten? Er schüttelte den Kopf, denn das war unmöglich. Wie konnte er schon die Antworten kennen? Als sie aufsah folgte er ihrem Blick und sah dann einen Dreiecksfelsen, dessen Spitze gen Nachthimmel zeigte - so, als würde der Fels nach dem Himmel greifen wollen. Was hatte es damit auf sich? Die Wölfin sprach weiter und er wollte seinen Ohren kaum trauen..dort oben sollte er seine Antworten finden? Aber wie sollte das denn gehen? Wie sollten sich dort oben die Antworten auf seine Fragen befinden? Und dann sagte sie, dass dies der erste Schritt war, sich selbst zu erkennen..aber was sollte er erkennen? Er wusste doch bereits, dass er anders war, was sollte es da auch noch geben? Und selbst wenn er etwas fand, was er selbst noch nicht sah..war das dann überhaupt etwas Wert, wenn er wieder nach Hause zurückkehrte, unter die verurteilenden Augen der Wölfe?

Als er wieder nach unten sah war sie verschwunden. Suchend blickte er sich um..wo war sie so schnell hin? Ratlos trat er etwas näher an den Felsen heran und sah abermals hinauf. Die Spitze schien ihm von hier unten unendlich weit entfernt zu sein. Ein Ziel, das er unmöglich erreichen konnte, egal, wie sehr er sich auch anstrengen würde. Und da sollte er hoch? Das konnte sie nicht Ernst meinen, oder? Doch dann ertönte ihre Stimme von der Spitze. Sie rief ihm zu, das er hinauf steigen sollte. Also meinte sie es tatsächlich Ernst? Leicht zog sich sein Magen bei diesem Gedanken zusammen, sodass er unweigerlich die Ohren anlegte und wieder ein paar Schritte zurück trat. Unmöglich, wie sollte er das schaffen? Er besaß doch kaum Kraft, und geklettert war er auch noch nie, so fehlte ihm auch die Erfahrung. Doch wenn er es nicht schaffte..was würde dann mit ihm passieren? War er dann für immer hier gefangen? Leise winselte er, doch verstummte er sofort wieder, als vor seinen Augen eine schwarze, schattenähnliche Gestalt auftauchte. Wie die Wölfin selbst nahm sie zuerst eine wolfsähnliche Gestalt an, bis sich die Schatten schließlich zu einem Wolf manifestierten. Als dieser die Augen öffnete wurde er sofort von einem gelben, durchbohrenden Blick begrüßt. Er erkannte den Wolf vor sich sofort und wich noch ein Stück zurück.

"Da willst du hoch? Du?! Lächerlich..sieh dich doch an!" Niray schritt langsam auf ihn zu, den Blick fest auf ihn gerichtet. "Sag..wie will ein Schwächling wie du das schaffen? Gib lieber gleich auf..sonst stürzt du am Ende noch ab und dein Körper zerberstet am Boden wie ein fauler Apfel!"

Bei seinen Worten zuckte er zusammen und wich zur Seite, doch Niray sprang ihm nach und stand nun direkt vor ihm. Er konnte seinen heißen Atem in seinem Gesicht spüren.

Denk gar nicht erst darüber nach, zu fliehen!" Spuckte er ihm entgegen und legte ihm dann eine Pfote auf den Nacken, wodurch er ihn zu Boden drückte. Grinsend sah Niray den schwächlichen Rüden unter sich an und genoss es, wie dieser sich wand und nach Luft rang. "Zappel nur, du Wurm..helfen wird es dir aber nicht!"

Er spürte, wie die Luft aus seinem Körper entwich, versuchte aber gleichzeitig, nach neuer Luft zu schnappen, doch..vergeblich. In der Not stemmte er seine Pfoten gegen den Boden und versuchte, sich mit aller Kraft weg zu drücken. Damit schien Niray nicht gerechnet zu haben, sodass es ihm gelang, zu entkommen und aufzustehen. Nach Luft schnappend sah er erst zu Niray, dann zu dem Berg. War das sein einziger Ausweg? Ihm blieb nichts anderes übrig, so rannte er los und erreichte kurz darauf den Felsen. Ohne zu schauen, was vor ihm lag begann er den Aufstieg, denn er hörte hinter sich schon das kratzen von Nirays Krallen auf dem eisigen Boden. Er hatte Glück, beim Aufstieg fand er zunächst einen Vorsprung, auf welchen er sich stemmen konnte. Geradeso fand er darauf Platz, hier war ihm seine geringe Körpergröße von Vorteil, dann sah er sich um. Niray war direkt unter ihm, allerdings am Boden, und sah mit funkelnden Augen zu ihm auf. Kam er denn nicht nach? Jedenfalls wollte er nicht darauf warten und setzte seinen Aufstieg fort. Nur mühsam kam er voran, auch schlitterte er ab und zu etwas, fand dann aber an kleineren, hervorstehenden Steinen noch halt. Seine Pfoten schmerzten bereits nach kurzer Zeit, ebenso wie seine Krallen, denn die nutzte er, um noch zusätzlichen Halt zu haben. Auf einem weiteren Vorsprung machte er eine kleine Pause und sah sich abermals um. Wie weit er gekommen war, wusste er nicht, doch er musste ungefähr die Hälfte geschafft haben. Sein Herz pochte laut in seiner Brust und er war außer Atem, doch ebenso pumpte das Adrenalin durch seinen Körper - und dieses war es auch, das ihn antrieb. Etwas weiter über sich entdeckte er noch einen weiteren Vorsprung, allerdings war der Weg dorthin zu steil, um zu klettern und die nächsten Vorsprünge waren noch weiter entfernt. Was nun? Solle er etwa springen?
Während er zu Atem kam und darüber nachdachte, wie er jetzt vorgehen sollte sah er nach unten. Niray saß noch immer dort und sah zu ihm auf. Er hatte sich wohl dafür entschieden, das Schauspiel zu beobachten. Wartete er darauf, dass er abstürzte? Schnell wandte er den Blick wieder ab und sah auf sein Ziel - den nächsten Vorsprung. Er würde ihm den Gefallen nicht tun. Er würde nicht abstürzen und er würde auch diesen Sprung schaffen. Entschlossen visierte er den Vorsprung an und atmete dann tief durch. Anschließend ging er etwas in die Hocke und fokussierte all seine Kraft in die Hinterläufe.
Du schaffst das.., ermutigte er sich noch selbst. Okay, also..3..2..1.. Sprung! Er stieß sich vom Boden ab und für einen Moment kam es ihm so vor, als würde er fliegen. Ein kurzes Gefühl von Freiheit durchfloss ihn, als der Wind sein Fell streichelte. Fühlten sich so Vögel, wenn sie durch die Lüfte glitten? Doch dieses Gefühl war nur von kurzer Dauer, denn der harte Boden der Realität holte ihn wieder ein, als er auf dem Vorsprung aufkam. Er musste seinen Sprung etwas verschätzt haben, denn nur seine Vorderläufe waren auf dem Vorsprung angekommen während seine Hinterläufe noch in der Luft hingen. Japsend versuchte er, mit seinen Hinterpfoten Halt zu finden, doch..da war nichts. Verzweifelt fuhr er die Krallen seiner Vorderpfoten aus und versuchte stattdessen, auf dem steinigen Boden des Vorsprungs irgendetwas zu finden, das ihm Halt geben konnte, doch alles, was er damit erreichte war, seinen Fall zu verlangsamen. Langsam rutschend strampelte er in der Luft herum, doch vergeblich. Nirays Worte kamen ihm wieder in den Sinn und er sah vor seinem inneren Auge, wie er abstürzte und fiel. Als er aufkam hörte er das eklig platschende Geräusch eines faulen Apfels, der auf dem Boden aufkam. Nein..so wollte er nicht enden. In einem letzten Anflug von Hoffnung versuchte er noch einmal, sich wieder hoch zu kämpfen, rutschte aber nur weiter ab..bis seine Hinterpfoten doch auf einem Stein Halt fanden. Ohne zu zögern stieß er sich kraftvoll von diesem ab und war schon ein ganzes Stück weiter oben. Schnell schob er einen Hinterlauf auf den Vorsprung und schaffte es so dann doch, hoch zu kommen. Hechelnd fiel er auf die Seite und schloss die Augen. Er hatte es geschafft. Er hatte sich vor dem abstürzen bewahrt..und er war noch viel weiter gekommen, als er jemals gedacht hätte. Doch nicht nur das, er hatte den Aufstieg auf sich genommen..auch, wenn es nicht ganz aus eigenem Antrieb geschehen war. Langsam öffnete er die Augen wieder und erblickte den Sternenhimmel über sich. Moment..Sternenhimmel..? Zwar war er noch zu schwach, um aufzustehen, doch er hob leicht den Kopf und sah sich etwas um. Eigentlich hatte er erwartet, noch mehr Felsen vor sich zu sehen, doch stattdessen fand er eine weite Fläche vor. Hatte er etwa, ohne es zu merken, die Spitze des Berges erreicht? Er ließ den Kopf wieder sinken. "I..Ich habe es..geschafft..", brachte er dann keuchend, noch außer Atem, hervor. Er wusste nicht, ob die Wölfin hier war, doch wenn sie das war dann waren diese Worte an sie gerichtet. Sie sollte wissen, dass er nicht aufgegeben hatte.
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
14.12.2024 23:00 Forum: Das Tal

Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren lief Niyol los. Doch das war Anouk ganz Recht, denn so konnte kein erneuter Streit entstehen. Zwar wüsste er gern, was nun im Kopf des Grauen vorging, was er dachte, doch das zu ergründen schien schier unmöglich. Als dieser sich dann in Bewegung setzte folgte er ihm und seufzte innerlich. Jetzt war es wohl soweit. Er würde schon bald das Rudel kennenlernen. Wie die anderen Wölfe wohl so waren? Das war eine Frage, die ihn nicht loslassen wollte. Er hoffte inständig, dass sie anders als Niyol waren. Und noch viel wichtiger..dass sie anders als die Wölfe seines einstigen Rudels waren. Denn was er nicht wollte war, von einer Hölle in die nächste zu stolpern. Doch er wollte jetzt nicht mehr so viel darüber nachdenken, auch die Auseinandersetzung mit Niyol wollte er jetzt beiseite schieben. Denn es gab etwas wichtigeres. Etwas, worauf er sich die ganze Zeit über nicht hatte konzentrieren können.

Während sie liefen ließ er den Blick etwas schweifen. Er hatte es bisher noch nicht so richtig mitbekommen, doch dieser Wald, diese Umgebung..alles war ganz anders als das, was er bisher kannte. Er atmete tief ein und verschiedenste Düfte strömten in seine Nase. Farne, Gräser, die Bäume, Blätter, der Boden..und Kräuter.. In ihm erwachte eine gewisse Vorfreude. Er konnte es kaum erwarten, die Umgebung zu erkunden und herauszufinden, welche Pflanzen sich hier fanden und wie er diese anwenden könnte. Vielleicht fand er ja auch eine von den Pflanzen, von denen ihm seine Mutter erzählt hatte? Leicht wedelte er bei dieser Vorstellung mit dem Schweif und ließ den Blick weiter umher wandern. Alles war so..lebendig. Er erinnerte sich an einen Ort, von welchem ihm Ruko erzählt hatte..ein Ort an dem alles in voller Pracht erblühte, ein Ort mit grünen Wiesen und großen, schönen Bäumen..und noch so viel mehr. Und auch Karasu hatte ihm von solchen Orten erzählt. Seitdem hatte er immer davon geträumt, das alles mit eigenen Augen zu sehen..und jetzt wurde dieser Traum, zumindest ansatzweise, wahr. Doch wer wusste schon, was sich hier noch verbarg! Seine Vorfreude steigerte sich und sein Schweif wedelte noch etwas mehr. Er konnte es kaum erwarten, auf Erkundungstour zu sehen!

Er wurde aus seiner Träumerei gerissen, als Niyol etwas schneller wurde. Zwar war es nur ein lockerer Trab, doch war der Rüde auch deutlich größer, als er selbst, wodurch Anouk sich etwas mehr anstrengen musste, um mitzuhalten. Warum beeilt er sich so? Fragte er sich selbst. Hatte er etwas verdächtiges gewittert? Er prüfte die Luft, fand aber keine verdächtigen Gerüche. War es vielleicht etwas, das nur Wölfen auffiel, die hier lebten? Oder hatte er es einfach nur eilig, zu den anderen zu kommen? Er konnte es nicht sagen, doch jetzt war es ohnehin erst Mal wichtiger, Niyol nicht aus den Augen zu verlieren.
Schließlich kamen sie an einem Platz an, von welchem ihm viele fremde Gerüche in die Nase stiegen. Hier schienen sich die Wölfe öfter zu treffen, war das also so etwas, wie ein Versammlungsplatz? Keiner dieser Gerüche kam ihm bekannt vor, allerdings hatte er auch nicht damit gerechnet. Leicht unentschlossen blieb er stehen und beobachtete Niyol, welcher mit gesenktem Kopf eine Runde drehte. Dabei kam er an den Überresten eines Rehs vorbei, rührte diese aber nicht an. Als er mit seiner ersten Runde fertig war drehte er noch eine zweite, wobei er diesmal schneller war und irgendwie..angespannt wirkte. Oder bildete er sich das nur ein? Als er dann auch mit dieser Runde fertig war wandte er sich an ihn und Karasu und verkündete, dass er nachsehen wollte, wo die Anderen abgeblieben sind. Dabei sprach er ein Wort aus, welches dafür sorgte, das sich Anouks Magen zuerst zusammen zu krümmen und dann wieder auszudehnen schien. Hunger. Er hatte ihn bis jetzt nicht bemerkt, oder viel mehr..verdrängt, aber er war da. Und das spürte er jetzt ganz deutlich. Er versuchte, den Hunger wieder zu verdrängen und heftete seine Augen wieder an Niyol, welchem gerade das Lächeln von den Lefzen wich woraufhin er dann im Unterholz verschwand. Was..ist nur los? Wunderte er sich und wollte ihm gleichzeitig nachrufen, dass er warten sollte, doch er brachte keinen Ton hervor. Noch zu vernebelt war er von der plötzlichen Erinnerung an seinen Hunger. Doch wie lang war seine letzte Mahlzeit überhaupt her? Er versuchte kurz, darüber nachzudenken, konnte sich aber beim besten Willen nicht daran erinnern.

Schnell schüttelte er den Kopf und atmete tief durch. Er musste jetzt seinen Hunger vergessen und dem Grauen folgen, bevor er diesen verlor.
"K..Karasu, flieg ihm nach! Ich..komme auch gleich!" Brachte er dann hervor und der Rabe machte sich mit einem kurzen, bestätigenden Krächzen auf den Weg. Gut..und jetzt..reiß dich zusammen! Ermahnte er sich selbst und setzte dann vorsichtig eine Pfote vor die andere. Er merkte deutlich, wie geschwächt er eigentlich war. Doch war das auch kein Wunder..er war viel gelaufen, teilweise sogar gerannt, und hatte, soweit er sich erinnern konnte, nicht viele Pausen eingelegt. Wie auch immer er es geschafft hatte, den Hunger auszublenden..es musste ihm jetzt noch einmal gelingen. Komm schon..sicher gibt es bald etwas zu essen, aber zuerst..muss ich zum Rest des Rudels!
Noch einmal atmete er tief durch und senkte dann selbst den Kopf. Alles, worauf er sich nun konzentrierte war Niyols Fährte. Er lief etwas umher bis er diese schließlich fand und ihr folgte. Allzu schnell konnte er nicht laufen, doch zumindest schaffte er es, seine Beine zu überreden, in einen lockeren Trab zu verfallen. Neben dem Geruch des Grauen stieg ihm auch besonders der Geruch von verschiedensten, teils kräftig-würzigen, teils süßlichen oder beißenden Kräutern in die Nase. Diese sorgten noch zusätzlich dafür, dass sein Hungergefühl unterdrückt wurde.

Den Grauen zu verfolgen war gar nicht so leicht, wie er erst dachte. Denn er konnte nicht über den Bäumen fliegen, zu groß war die Gefahr, ihn zu verlieren. So blieb nur eines: Er musste im Wald bleiben und den Bäumen ausweichen. So wurde aus einem vermeintlich leichten Unterfangen eine kleine Herausforderung. Zusätzlich erschwert wurde es ihm dadurch, dass Niyol noch etwas an Tempo zulegte. Was war nur mit ihm? Er hatte sich die ganze Zeit schon so seltsam verhalten und schien selbst überrascht gewesen zu sein, niemanden an dem Rudelplatz, wie er vermutete, anzutreffen. Dann schien ihm irgendetwas das Lächeln von den Lefzen gewischt zu haben woraufhin er unbedingt nach den anderen sehen musste. Irgendetwas stimmt hier nicht! Kann es etwa sein..dass dieser Wolf sich doch so etwas, wie Sorgen machen kann? So richtig konnte er sich keinen Reim drauf machen, aber vielleicht war der Graue ja doch empathischer, als er es zugeben wollte? Zumindest seinen Rudelmitgliedern gegenüber. Das ließ sich aber nur herausfinden, wenn sie die anderen fanden und dann seinen Umgang mit ihnen erleben konnten. Und vielleicht konnte ihnen der ein oder andere Wolf auch noch irgendetwas über Niyol sagen? So konzentrierte er sich wieder ganz auf die Verfolgung, welche auch schon bald enden sollte. Sie kamen an einem Platz an, auf welchem sich einige Wölfe vor einer Höhle versammelt hatten. Beim überfliegen sah er, dass einer der Wölfe, vermutlich eine Wölfin, sich gerade aufrichtete wobei sie sehr unsicher auf den Pfoten zu sein schien. War sie zusammengebrochen? Oder gar verletzt? Viel Zeit hatte er nicht, das Geschehen zu beobachten, denn er musste noch nach Anouk Ausschau halten. So flog er zurück in den Schutz des Waldes und landete auf einem Ast, um kurz nach seinem Freund Ausschau zu halten und wenigstens für einen kleinen Moment zu verschnaufen.

Irgendwann, er wusste nicht, wie lang er gelaufen war, hörte er ein leises, gerade so wahrnehmbares Krächzen und hielt an. Als er nach oben sah entdeckte er über sich auf dem Ast eines Baumes Karasu, welcher mit dem Schnabel in eine Richtung deutete und dann vor seinen Pfoten landete.
"Sie sind da vorn!" Krächzte er leise. "Wie viele es sind kann ich nicht genau sagen, aber sie befinden sich vor einer Höhle und..einer Wölfin scheint es nicht gut zu gehen, vielleicht ist sie sogar verletzt!" Prüfend hob Anouk die Nase und nahm die Gerüche aus der Richtung der fremden Wölfe auf. Sehen konnte er sie durch das Dickicht und die Bäume noch nicht, aber riechen konnte er sie. Auch Niyols Geruch nahm er wahr, doch wurde dieser, sowie die anderen, schnell von einem anderen, stärkeren, überdeckt. Erschrocken stellte er die Ohren auf. Was war das für ein Geruch? Er kam ihm bekannt vor, doch konnte er ihn gerade nicht einordnen. Etwas rätselnd blickte er zu Karasu hinab.
"Danke..eine..Höhle sagst du?" Der Rabe nickte und er dachte nach. Sie waren in einem Wald, da war eine Höhle und ein starker Geruch, viele Wölfe waren davor versammelt und einer Wölfin schien es nicht gut zu gehen, vielleicht hatte sie sogar eine Verletzung. Wie kann das zusammenhängen? Was macht eine Höhle in einem Wald? Entweder..wurde sie gebaut oder..von jemandem bewohnt. Wenn die Wölfin verletzt ist..welches Tier hat einen starken Geruch und.. Er riss die Augen auf und spürte, wie sich sein Fell sträubte.
"E..Ein..Bär!" Keuchte er dann und sein Blick fixierte sich auf den Punkt, an dem sich die Wölfe befinden mussten.

Er wusste nicht, ob er sich nur verhört hatte oder ob er gerade träumte. Hatte Anouk gerade wirklich..Bär gesagt?! Was machten diese Wölfe dann noch dort?
"Anouk..v..vielleicht..sollten wir zum Rudelplatz zurückgehen oder..gleich diesen Ort verlassen! Diese Wölfe können nicht ganz bei Sinnen sein, wenn sie..an so einem Ort ein Päuschen machen!" Doch der cremefarbene Rüde lief, entgegen seiner Warnung, langsam in Richtung der anderen obwohl er selber sichtlich verängstigt war. Was war denn nun in ihn gefahren?! Wurden Wölfe lebensmüde, wenn sie sich in der Gesellschaft anderer Artgenossen befanden?


Langsam arbeitete er sich vor, Schritt für Schritt, Pfote für Pfote. Dabei gab er sich größte Mühe, kein Geräusch zu verursachen. Eigentlich schrie alles in ihm danach, umzudrehen und vor der Gefahr zu fliehen. Doch..er wollte die Wölfe beobachten. Er wollte sich ein Bild von ihnen machen. Und er wusste auch, dass es keinen guten Eindruck machte wenn herauskommen sollte, dass er einfach geflohen war..sollten sie noch Hilfe brauchen. Trotzdem hielt er sich noch bedeckt und ging dann hinter einem der Büsche im Wald in Deckung. Er sah nun Niyol, bei ihm waren eine weiße und eine schwarze Wölfin sowie ein hellbrauner, ein schwarz-brauner und ein hellgrauer Rüde, etwas entfernt von ihnen standen noch ein schwarzer Rüde und eine cremeweiße sowie eine weiße Wölfin, letztere schien etwas angeschlagen und er vermutete, dass es sich um die verletzte Wölfin handeln musste. Doch was machten sie noch hier? Er beschloss, noch zu warten bevor er sich entschied, sich zu zeigen. Zuerst wollte er sehen, wie die aktuelle Situation war.

[In der Nähe von Niyol, Shiro, Aarinath, Yarok, Pantalaimon, Kachnik, Roghir, Ayjana, Takata | Bärenhöhle, Nähe Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
08.12.2024 19:52 Forum: Das Tal

Enttäuschung. Das war es, was er bei Niyols Antwort empfand. Fast augenblicklich schrumpfte die anmutige Haltung, die er eben noch eingenommen hatte, in sich zusammen als sie sich in ihm ausbreitete. Seine Augen, die für einen kurzen Moment geflackert hatten trübten sich nun wieder und er senkte den Blick sowie seine Rute. Nichts mehr an ihm erinnerte nun noch an den Wolf, der er vor ein paar Sekunden noch gewesen war. So, als hätte es ihn nie gegeben - so, als hätte es sie nie gegeben. Die Hoffnung, die diesem Moment vorausgegangen war. Die Hoffnung, die mit der Aussicht auf ein neues Rudel, ein neues Leben kam. War es das, was er sich erwartet hatte? Denn um enttäuscht zu sein musste man Erwartungen haben. Oder hatte er sich etwa erwartet, dass Niyol bei seinen Worten nachgeben würde? Dass seine Worte irgendetwas bewirken würden?

"Du bist Nichts..ein Niemand..", ertönte die Stimme Nirays in seinem Kopf und durchbohrte wie ein spitzer Eiszapfen seine Gedankenwelt. "Und das wirst du auch immer bleiben."

Leicht zuckte er zusammen. Hatte er Recht? War er dazu verdammt, auf ewig ein Niemand zu bleiben? Ein Wolf, der von keinem anderen weder Ernst genommen, noch akzeptiert wurde? Ein Wolf, der zu schwach war um diejenigen zu beschützen, die ihm etwas bedeuteten? Alle Hoffnung, die er bis zu diesem Punkt hatte schwand nun dahin und erneut wurden seine Gedanken von Nebelschwaden umhüllt, die seinen Blick nun vollends trübten. Er hatte gehofft, in dem Rudel Wölfe zu finden, die ihn so akzeptieren würden, wie er war. Er hatte gehofft, dem Martyrium, aus welchem er geflohen war, endlich zu entkommen..doch all diese Hoffnung zerbrach schon, bevor er das Rudel überhaupt getroffen hatte. Denn wenn alle so waren, wie Niyol..dann wusste er, dass er es nicht lange aushalten würde.

Während er auf den Boden starrte schien dieser sich zu wandeln. Er konnte ihn sogar unter seinen Pfoten spüren - Höhlenboden. Als er dann aufsah blickte er direkt in die beruhigenden Augen Rukos. Ein leises fiepen entwich ihm und er lief sofort an die Seite des Rüden, um sich an ihn zu schmiegen. Warmes Fell begrüßte ihn, sein ihm so wohlbekannter Geruch stieg ihm in die Nase und er spürte, wie ihn ein wohliger Schauer überkam. Wie sehr sehnte er sich doch an die Seite des Rüden zurück..bei ihm hatte er sich so geborgen gefühlt, wenn er mit ihm zusammen war schien es, als würde er schweben, als wäre er..schwerelos. Ja, er war in der Lage gewesen all die Last, die er mit sich herum trug, von ihm zu nehmen..so, als hätte es seine Vergangenheit nie gegeben. Er konnte nicht in Worte fassen, was er dafür geben würde, ihn jetzt hier an seiner Seite zu haben..oder ihn wenigstens noch ein einziges Mal sehen zu dürfen. Doch er wusste, dass das unmöglich war. Ruko war fort, weit weg, und er war zurückgeblieben.

Langsam kam er wieder in die Gegenwart zurück und er merkte, wie eine Träne vor ihm auf den Boden tropfte. Dann erblickte er Karasu, welcher sich zu ihm begeben hatte, neben seiner linken Pfote saß und von dieser besorgt zu ihm aufblickte. Betroffen brachte er ein schwaches Lächeln zustande und berührte mit seiner Nase kurz den Schnabel des Raben. "Mach dir keine Sorgen..", flüsterte er dann bevor er alle Kraft zusammen nahm, um Niyol wieder anzusehen. Denn er war sich einer Sache bewusst geworden - er würde nicht aufgeben. Denn auch, wenn er so negative Erfahrungen mit Niyol gesammelt hatte..das musste nichts über den Rest des Rudels aussagen. Und wenn er jetzt aufgab..dann wäre alles, was er durchmachen musste, umsonst gewesen.
"Ja..lass uns weitergehen." Antwortete er ihm dann mit einem knappen Nicken. Zu mehr war er in diesem Moment nicht in der Lage, aber mehr brauchte es auch gar nicht. Er würde diesem Wolf, das hatte er sich vorgenommen, so gut es ging aus dem Weg gehen sobald sie beim Rudel ankamen. Sie beide wussten voneinander zu wenig, um den jeweils anderen zu verstehen. Und während er bereit wäre, den Versuch zu unternehmen, Niyol zu verstehen, so bezweifelte er, dass dieser das auch wollte. Deutlich darauf hingedeutet hatte er ja schon, und so hatte es einfach keinen Sinn. Einen Wolf wie ihn interessierte es nicht weiter, wie es anderen ging..ihm ging es nur um sich selbst.

Besorgt hatte er sich zu Anouk begeben, nachdem es diesem sichtlich schlechter zu gehen schien um bei ihm zu sein, sollte er ihn brauchen. Niyol hatte er dabei links liegen lassen - diesem Wolf war gewiss nicht mehr zu helfen, und er würde ihm nun auch nicht mehr die Genugtuung und Aufmerksamkeit geben, nach der er sich so sehr sehnte. Es reichte schon, dass er einmal schwach geworden war obwohl er sich gar nicht darauf hatte einlassen wollen. Doch es war nötig gewesen. Er wollte ihm zeigen, dass er nicht einfach nur ein Rabe war mit dem er sich alles erlauben konnte. Aber auch das würde er sich jetzt sparen - oder er würde es zumindest versuchen - denn bei diesem Wolf war alle Mühe vergebens. Allerdings musste er gestehen, dass es ihm im Gefieder juckte, noch einen Kommentar loszuwerden. Denn war die Tatsache nicht entgangen, dass niemand auf sein Heulen geantwortet hatte - und das sagte ja schon einiges aus!
Doch er blieb jetzt stark und behielt alle Gedanken diesbezüglich bei sich. Je schneller sie hier weg kamen umso schneller kamen sie auch unter, hoffentlich, vernünftige Wölfe. So nahm er dann seinen alten Platz auf Anouks Rücken ein und blickte nun Niyol an. Ob es ihn wohl ärgerte, dass von ihnen nichts mehr kam? Mal wieder wünschte er sich, in die Köpfe anderer schauen zu können..wenn auch nur kurz! Aber wollte er denn überhaupt wissen, was in diesem grauen Kopf vorging? Da war er sich nicht ganz so sicher.


[Niyol | Zwischen Kristall- und Mondscheinsee]
Thema: Neujahrschat ?
08.12.2024 15:37 Forum: Grundlegendes & Neues

Theoretisch könnte ich auch an beiden Tagen, praktisch bin ich mir da aber nicht sicher weswegen ich da den 4. Januar auch besser fände, denn da sollte es auf jeden Fall klappen^^
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
24.11.2024 20:59 Forum: Das Tal

Sich in der Luft aufzuhalten schien genau die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Nicht aber, weil Niyol wieder drohte, ihm etwas anzutun - nein, es war einfach ganz angenehm, etwas Abstand von diesem Wolf zu bekommen. Als er dann etwas sagte landete er allerdings wieder, denn obwohl er noch einen Groll auf den Grauen hatte wollte er keines seiner Worte verpassen. Schließlich würden ihm diese letztendlich helfen zu verstehen, was in dessen wirren Kopf vorging. Die Mühe, wieder zu landen hätte er sich aber sparen können, denn wie auch schon zuvor kam nichts wirklich sinnvolles aus der Schnauze des Fellträgers. Zwar waren seine Worte diesmal nicht spöttisch, aber den Besserwisser ließ er trotzdem heraus hängen - und das, obwohl er immer noch nichts verstand. Ja, da wollte dieser Wolf schon ein Besserwisser sein und damit helfen und konnte nicht mal das so richtig! Nichts wusste er besser!

Belustigt funkelten seine Augen auf und das Krächzen, das nun von ihm erklang glich einem Lachen.
"Ha! Helfen nennst du das!"
Leicht legte er den Kopf schief. Wusste der Graue denn überhaupt selbst, was in seinem Kopf vorging? Nur so ließe sich erklären, wie er auf so irrsinnige Schlüsse kam!
"Sagen wir also, eines deiner Rudelmitglieder ist zu schwach, um selbst zu jagen..setzt du dich dann auch mit einem selbst erlegten Hasen neben ihn und frisst diesen genüsslich vor seinen Augen, um ihn so zu verspotten? Weil du bezwecken willst, dass er von wer weiß wo plötzlich neue Kräfte bekommt und selbst jagen kann? Wenn das deine Art der Hilfe ist, dann..habe ich schlechte Neuigkeiten für dich - denn das ist gewiss keine Hilfe! Wenn du also glaubst, damit zu helfen, dann heuchelst du dir nur selbst etwas vor!"
Kurz schüttelte er sein Gefieder. Noch war er nicht fertig, was jetzt kam war ihm besonders wichtig, denn er würde sich von einem Wolf wie diesen nicht vorschreiben lassen, wie er Anouk zu behandeln hatte! So sah er ihn nun eindringlich an, bevor er fortfuhr.
"Ein Wolf, der keinerlei Empathie besitzt will mir also sagen, wie ich mit einem anderen Wolf, dem es ganz eindeutig nicht gut geht und den ich rein zufällig auch sehr viel besser kenne, umzugehen habe? Wie ich schon sagte - du verstehst nichts! Ich bevormunde ihn nicht. Ich passe, so gut ich kann, auf ihn auf - weil ich es jemandem versprochen habe und, was noch viel wichtiger ist, weil er mein Freund ist! Aber was verstehst du schon von Freundschaft?"


Bisher hatte er sich alles angehört weil er unentschlossen war, was er tun sollte. Doch die letzten Worte Niyols hatten etwas in ihm ausgelöst. Zuerst redete er davon, dass er eine gute Portion Aggression vertragen konnte, um auf die Beine zu kommen. Als er das aussprach, durchzuckten ihn abermals Bilder seiner Vergangenheit wie Blitze. Doch anstatt alles in gleißendes Licht zu tauchen wurde es dunkel um ihn herum. Und wie schon zuvor sah er auch diesmal wieder die stechend gelben Augen, die ihn verachtend, aber auch höhnisch ansahen. Dieses Mal war es aber nicht Nirays Stimme, die sprach - nein. Ein Augenpaar trat aus der Dunkelheit und er erkannte seinen Ziehvater, welcher ihn aus missbilligenden Augen von oben herab ansah. Seine mächtige Brust hob und senkte sich gleichmäßig, sodass er eine seltsame Ruhe ausstrahlte, welche im Kontrast zu seinen Worten stand, die nun folgen sollten.
"Sieh dich nur an..wie du hier auf dem Boden kauerst und zitterst..erbärmlich und bemitleidenswert. Du ziehst den Namen aller Wölfe in den Dreck..und den Namen all derer, die vor dir ihr Leben lassen mussten. Also steh gefälligst auf! Steh auf und beweise, dass du es Wert bist, noch am Leben zu sein!"
Erschrocken schlug er die Augen auf und hörte Niyols nächsten Worte, doch statt ihm sah er nun Niray vor sich und hörte diese Worte auch in dessen Stimme.
"Wie immer machst du das, was du am besten kannst..wimmern wie der Schwächling, der du bist. Dabei liegt dir dein kleiner Freund doch so am Herzen.."
Zu Nirays Pfoten lag ein Wolf, der ihm schmerzlich bekannt vorkam. Jedoch schaffte er es weder, ihm einen Namen zuzuordnen, noch ein klares Aussehen. Der Nebel, der seine Erinnerungen verschleierte, war zu dicht.
"Ich würde so gern sehen, was du wirklich drauf hast, Anouk. Also sag - was muss ich dafür tun?" Mit diesen Worten legte er dem anderen Wolf eine Pfote auf die Kehle woraufhin dieser zunächst röchelte und dann leise und erstickt winselte.
"Wie wäre es, wenn ich seinem kleinen, jämmerlichen Leben ein Ende bereite?.."

Ein tiefes Grollen drang aus seiner Kehle und er schüttelte den Kopf, um die Bilder loszuwerden. Er bemerkte, dass Karasu drauf und dran war, weiter auf das einzugehen, was Niyol gesagt hatte - doch er unterbrach ihn.
"Lass gut sein, Karasu..", sagte er schließlich und trat vor ihn, um dann selbst Niyol eindringlich anzusehen. In seine Augen war nun ein ernster und fast schon kalter Ausdruck getreten.
"Er wird es nicht verstehen. Denn..wie ich bereits sagte.."
Kurz musste er schlucken, denn das Bild von Niray war noch nicht vollkommen verschwunden. Immer wieder flackerte er auf und trat für einen kurzen Augenblick an Niyols Stelle. War das hier also sowieso schon nicht einfach für ihn, so erschwerte es dieser Umstand noch deutlich. Doch er musste das jetzt durchziehen..es gab keine andere Möglichkeit.
"..du weißt nichts über mich. Du weißt nicht, was ich durchgemacht habe."
Die Kälte hatte seine Augen nun ganz eingenommen und unterstrich damit seine Ernsthaftigkeit, allerdings zeugte sie auch von einer gewissen Distanz. Eine, die er wahrte, um das hier machen zu können, aber auch, um sich selbst zu schützen.
"Wölfe wie dich kenne ich zu genüge. Sie haben einen großen Teil zu der Verfassung beigetragen, in der ich mich heute befinde. Besonders einem Wolf ähnelst du dabei sehr.."
Als er das aussprach manifestierte sich Niray abermals vor ihm, doch diesmal blieb er einen Augenblick länger. Lange genug, um die Lefzen zu einem tödlichen Grinsen zu verziehen, das ihm einen Schauer durch den ganzen Körper laufen ließ. So musste er für einen Moment die Augen, um durchzuatmen.
Du bist nicht hier..du machst mir keine Angst..
Als er sie wieder öffnete sah er wieder Niyol vor sich. Bevor er weitersprach tat er nun einen Schritt auf den Grauen zu und behielt dabei den Blick auf ihn gerichtet. Dabei hob er, ohne es zu merken, den Kopf und nahm allgemein eine gerade Haltung ein, die ihm eine gewisse Anmut verlieh und seine Ernsthaftigkeit noch mehr unterstrich.
"Ein Wolf, der alles dafür tat, mich leiden zu lassen. Mich spüren zu lassen, wie sehr er mich hasste. Ein Wolf, der, wie du, seine Spielchen spielte..und seine Belustigung an dem Leid anderer fand."
Noch ein weiterer Schritt. Entschlossenheit blitzte nun in seinen Augen auf und gesellte sich zu der Ernsthaftigkeit und der Anmut.
"Karasu ist einer der wenigen, die mich anders behandelten..die mir zeigten, dass nicht jeder so ist, wie die Wölfe aus meinem einstigen Rudel. Er zeigte mir, was Freundschaft bedeutet. Wie es sich anfühlt, nicht mehr allein zu sein und jemanden zu haben, auf den man sich verlassen kann. Du willst, dass ich für meine Interessen einstehe?"
Ein letzter Schritt, er war nun kaum noch eine Schweiflänge von Niyol entfernt.
"So lange ich lebe, wird Karasu nichts passieren..willst du also an ihn heran, dann musst du zuerst an mir vorbei. Ich habe keine Angst vor dir oder deinen Drohungen..diese Wölfe haben mir weitaus schlimmeres angetan, als du es jemals könntest. Denn anders, als ihnen, geht es dir nicht um das Leid anderer..auch Hass ist nicht dein Motiv. Und deine Hilfe? Ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du uns die Chance gibst, dein Rudel kennenzulernen..aber mehr Hilfe benötige ich von dir nicht. Du weißt kaum etwas über mich..und daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Zumindest nicht so lange du nicht zeigen kannst, dass du es Ernst meinst. Denn ich werde Wölfen wie dir, Wölfen, denen es nur um die eigene Belustigung geht, nicht mehr die Macht über mich geben. Würde ich das zulassen..dann wäre alles, was ich durchgemacht habe, umsonst."
Nachdem er zu Ende gesprochen hatte, ließ er den Blick nicht von Niyol ab, auch seine Haltung änderte sich nicht. Er würde nicht zulassen, dass er Karasu Leid zufügte, das wollte er ihm zu verstehen geben. Etwas anderes zählte für ihn gerade nicht.

[Niyol | Zwischen Kristall- und Mondscheinsee]
Thema: Kapitel XI – Unsichtbare Gefahr
17.11.2024 16:11 Forum: Das Tal

Es war ihm wichtig, dieses Gespräch mit Niyol zu führen. Ja, sogar sehr wichtig. Natürlich bildete er sich dabei nicht ein, sofort etwas ändern zu können, aber wenn seine Worte wenigstens nachhaltig etwas bewirkten..dann wäre er schon vollkommen zufrieden damit. Was er sagen wollte hatte er sich auch schon zurechtgelegt. Er würde versuchen, Worte zu wählen, die nicht provozierend wirkten - denn das wollte er ja nicht erreichen. Viel eher wollte er die Stimme der Vernunft sein, das passte auch viel besser zu ihm, machte er sich ja nichts aus sinnlosen Sticheleien. Sicher, gerade der Graue könnte, so, wie er sich verhielt, das ein oder andere klare Wort gut vertragen. Aber wer war er schon, dass er sich das anmaßen durfte? Zudem wollte er nicht riskieren, dass er sie vielleicht doch nicht zum Rudel führte - ging es hierbei ja auch weniger um ihn, sondern viel mehr um Anouk. Denn diesem würde ein Rudel, das ihm Rückhalt bot, sehr gut tun. Er brauchte so etwas nicht unbedingt, ihm war es nur wichtig, dass es dem Kleinen gut ging.
Doch wenn man mit so einem wie Niyol zu tun hatte, dann konnte man sich Pläne zurechtlegen, wie man wollte. Das musste er jetzt auch einsehen, als der Graue einen weiteren Kommentar von sich gab, der ihn sofort innehalten ließ. Eigentlich war er stets ruhig gesinnt und man konnte ihn nicht so schnell zur Weißglut bringen, aber dieser Wolf..der hatte ein Talent dafür!

Abrupt drehte er sich um und schlug aufgebracht mit den Flügeln, während er ein lautes Krächzen ertönen ließ. "Okay..es reicht! Was fällt dir eigentlich ein?!"
Anschließend ging er schnellen Schrittes auf ihn zu und sah ihn dann eindringlich von unten an. "Du verstehst rein gar nichts, oder? Und Feingefühl muss dir auch ein Fremdwort sein!"
Daraufhin begann er, ihn zu umkreisen, denn still stehen konnte er nicht, so aufgebracht war er. Dabei ließ er ihn keinen Moment aus den Augen. "Natürlich ist es das! Einer wie du kann nichts anderes, als am Rande zu stehen, alles nur zu beobachten und von Zeit zu Zeit taktlose, besserwisserische Kommentare einzuwerfen! Verhältst du dich den anderen aus dem Rudel gegenüber auch so? Dann musst du ja nicht sehr beliebt sein, denn dieses Verhalten ist nicht sehr hilfreich! Oder ist es, weil man es mit uns ja machen kann? Weil wir neu sind? Weil Anouk ein leichtes Opfer ist? Das wäre ziemlich niederträchtig!"
Den Fehler, jetzt vor ihm stehen zu bleiben, würde er sicher nicht machen. Schließlich musste er damit rechnen, dass dieser Wolf wieder nach ihm schnappen könnte. So erhob er sich also, als er gerade hinter dem Grauen war, in die Lüfte und flog dann einen kleinen Kreis um ihn, um dann etwas über seinem Kopf in Sichtweite anzuhalten und auf der Stelle zu fliegen, so sah er zu ihm hinab "Sag..was hätte ich Anouk vorhin denn anderes, als "alles ist gut" sagen sollen? Meinst du, einer deiner besserwisserischen Kommentare wäre hilfreicher gewesen? Sicher nicht! Aber von Empathie verstehst du nichts..und von Freundschaft sicher auch nicht, wenn du dich immer so benimmst!"
Mit diesen Worten flog er davon, blieb aber in Anouks Nähe und in seinem Sichtfeld damit dieser wusste, dass er jetzt nicht auf sich allein gestellt war. Ja, es könnte ein Fehler gewesen sein, ihm all das zu sagen, doch..es war einfach aus ihm heraus geplatzt und nun konnte er es auch nicht mehr rückgängig machen. Dieser Wolf verstand sich wie kein anderer darin, seinen Geduldsfaden so lang zu strapazieren, bis dieser riss. Er hoffte nur, dass das nun nicht Anouk zum Nachteil wurde und er ihm das Kennenlernen des Rudels vielleicht doch noch verwehrte.


Ratlos blickte er den beiden hinterher. Zuvor hatte Niyol ihm noch ein warmes Lächeln geschenkt, was für sich selbst gesehen schon verwirrend genug war. Doch er hatte gar keine Zeit, über all das nachzudenken, denn Niyol warf Karasu noch einen Kommentar entgegen, was diesen zum platzen brachte. Zuerst hatte er den Impuls, einzuschreiten, doch..er konnte sich kein Stück rühren. Zu viel ging in seinem Kopf herum. Was war nur mit Niyol? Was sollte sein Kommentar? Daran, dass Karasu mit ihm unter vier Augen sprechen wollte, war nichts verwerfliches. Und selbst, wenn es dabei um ihn ging..warum sollte ihn das stören? Er wusste, dass Karasu nichts schlechtes zu sagen hatte, schon gar nicht einem Fremden. Ganz kurz gesagt..er vertraute ihm. Was wollte er also mit diesem Kommentar bezwecken? Er dachte daran zurück, dass Niyol nach Karasu geschnappt hatte..und an seine eigenen Gedanken dazu. War das auch wieder eine Provokation, damit er seine Belustigung bekam? Zwischenzeitlich dachte er, er hätte sich vielleicht in der Annahme, dass es ihm nur um seine eigene Belustigung ging, getäuscht..oder zumindest wollte er ihm eine Chance geben, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Aber gerade sah es ganz danach aus, als hätte er doch richtig gelegen..und das wollte ihm nicht so recht gefallen, denn das..brachte auch den Vergleich zu Niray wieder zurück. Und so einen Wolf, wie ihn, ertrug er nicht nochmal..nein, ganz besonders nicht jetzt.
Von all diesen Gedanken eingenommen blieb ihm also nichts anderes, als den beiden zuzuhören. Und mit jedem Wort, das der Rabe sprach, legte er die Ohren etwas weiter an. Er wollte nicht, dass sich die beiden stritten..oder dass irgendjemand sich stritt. Aber die Machtlosigkeit, die ihn nun ergriff, war kein gutes Gefühl, ebenso wie die Schuld. Denn im Grunde war er Schuld an diesem Streit. Ginge es ihm nicht so schlecht, dann wäre all das nie passiert. Doch selbst, wenn er sich rühren könnte..wenn all diese Gefühle ihn nicht lähmen würden - was sollte er dann schon sagen?
Als Karasu dann schließlich geendet hatte beobachtete er diesen, wie er davon flog um dann den Blick wieder auf Niyol zu richten. Was nun? Sollte er etwas sagen? Etwas machen? Wenn ja..was? Wie würde Niyol die Worte aufnehmen? Und was hatte das für ihn selbst zu bedeuten? Würde er sie nun doch nicht zum Rudel führen? Was er bei letzterer Frage fühlen sollte wusste er nicht mal, hatte er sich doch gerade erst dazu überwinden können. Natürlich würde er diese Chance aber gern ergreifen, so viel stand fest. Aber wie sollte es jetzt weiter gehen? Was war, wenn er nun von ihm verlangen würde, sich von Karasu zu trennen, wenn er das Rudel kennenlernen wollte? Nein..daran wollte er lieber gar nicht denken. Auch, oder vielleicht gerade weil er nicht lange darüber nachdenken müsste, um sich in diesem Fall zu entscheiden.

[Niyol | Zwischen Kristall- und Mondscheinsee]
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