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Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
19.08.2013 17:17 Forum: Das Tal

Diese Stille. Das Drücken auf seinen Gliedern. Diese finstere Umgebung. Und dann der Schnee. Wie die Körner einer Sanduhr rieselten die Flocken nach unten. Rauschen, Rinnen, immer schneller, immer höher, immer weniger Sand. Was gab es noch zu reden? Sein letzter Weg war klar. Es gab kein Zurück, seit seiner verdammten Geburt gab es kein Zurück. Früh genug war sein Schicksal bestimmt worden. Ein Dasein in der ewigen Finsternis. Kalt wie Schnee, starr wie Eis. Über die Zeit hinweg war seine dunkle Seele zu einem kahlen Baum aus Eisspitzen verkommen. So verlockend glitzernd, so tödlich scharf. Eine fragwürdige Kraft. Jeder Stoß war auf ihn zurückgekommen, jeder Schlag, den er gegen andere ausgeholt hatte, einer gegen ihn selbst. Er hatte sein Ende unterschrieben, mit seinem eigenen Blut. Aber er fühlte sich gut dabei. Er fürchtete den Tod nicht. Es war wie … wenn man nach Hause kam. Er kam aus dem ewigen Dunkel und kehrte dahin zurück. Was war schon schlimm dabei? Er hatte zu dem gehalten, was er stets geschworen hatte. Das Leiden war auf seiner Seite. Ein Mechanismus, der sich selbst zerstörte. Langsam sickerte sein tiefrotes Blut in den unschuldig weißen Schnee. Sein Fluch kroch in den Boden, machte ihm zum Nährstoff für neue Flüche. Jeder, der von dem Wasser trank, das sein Blut aufgenommen hatte, dem sollte es genauso ergehen. Er war der letzte Piagus, aber er war gewiss nicht der letzte Dämon unter den Lebenden. Das Böse hatte immer seinen Platz.

Tiefes Stöhnen. Die Winterluft, sie kühlte seine Lunge aus. Das Atmen wurde schwerer, es ging langsamer, es neigte sich dem Ende entgegen. Das unscharfe Bild seines unverletzten Auges malte den trauernden Gesichtsausdruck der Weißen aus. Wie gut es sich anfühlte, sie mitleiden zu sehen. Es war allemal mehr wert, als sie zu töten. Doch der Rest ihres Geredes ging an ihm vorbei. Die Gesichtszüge der Fähe verblassten unwiederbringlich. Stattdessen kehrte das Bild Claires zurück. Es war nicht so unscharf wie das der trauernden Witwe. Es war scharf, schärfer denn je. In seinem kranken Hirn war nie etwas so klar und schön gewesen. Ihr stechender Blick, ihr scheinbar unschuldhaftes Fell. Sie war lebendig, lebendig im Jenseits. Es war ihr gemeinsames Reich und er betrat es wie ein heimkehrender Fürst. Endlich hatte er seinen Platz zurück. Jetzt waren die Wölfe im Diesseits vor ihnen sicher … aber der Tag würde kommen, wo auch sie verdammt waren, ihre Leiber für immer zu verlassen. Und sie würden sich wiedersehen. Dann war es Zeit zu richten. Wer konnte das besser als Zwei, die ihr Leben lang bestraft waren? Die Strafe der Anderen, ihr Hass, war stets ihr Element gewesen, ihre Nahrungsquelle im ewigen Hunger nach Bösem. Mit dem Sterben seines nutzlos gewordenen Körpers, der zu schwach gewesen war, wurde er unsterblich. Sein Reich wartete auf ihn. Es war ihr beider Reich und er konnte das Wiedersehen nicht erwarten.

Dieses letzte Mal noch drang das inhaltsleere Geschwafel der Irdischen zu ihm durch. Einen kleinen Spalt weit gestattete er seinem unversehrten Auge, ihre unscharfe Gestalt einzufangen. Aber er hatte nicht die Kraft und erst recht nicht den Willen, auf ihr Reden einzugehen. Stattdessen zwang er seine trockenen Mundwinkel, ein spöttisches Grinsen zu bilden, als letztes Geschenk seiner widerwärtigen Selbst. Kein Wort war es wert!

Claire … ewige Schönheit. Hilf mir in dein Reich. Zusammen sind wir die Fürsten der Unterwelt. Die ewige Nacht erwartet uns. Nichts kann uns mehr trennen.


„Claire...“


Ein leises Hauchen drang noch durch seine schwarzen Lefzen. Sie war alles, wofür er seine letzten Herzschläge aufbringen würde. Doch, was war das? Eine unglaubliche Hitze breitete sich von seinem Innern her aus. Aus der Hitze wurde ein Schmerz in seiner Brust. Er spürte seine aufgerissene Wunde wieder und öffnete das verletzte und das unversehrte Auge weit. Statt Luft zu atmen, spürte er eine Verstopfung in seinem Hals. Er musste den Verletzungen erliegen! Er hatte ein Abkommen geleistet. Tihar wurde von der ewigen Welt im Jenseits erwartet. Das Wiedersehen mit ihr duldete keinen Aufschub. Dieses Mal konnte ihn der böseste Fluch nicht zurück ins sogenannte Leben holen. Er war zu oft am Leben geblieben. Die Wachheit, die in ihn zurückkehrte, ließ ihn nichts Gutes erahnen. Verdammt, woher diese Schmerzen?! Sie brannten ihm ein Loch ins Fell. Es fühlte sich so an, als braute sich Lava in seiner Lunge zusammen. Nur dass er keine Luft bekam, ließ ihn versichert sein, dass er es gleich überstanden haben musste. Ihr Dämonen, was habt ihr vor?! Tihar war nicht mehr in der Lage, seinem Leib Befehle zu geben. Sein Körper wurde von Verletzungen und Schmerzen durchgeschüttelt. Seine Muskeln zuckten unweigerlich und heftig. Er schob seine Pfote nach vorn und spreizte die Zehen. Er hatte nicht geglaubt, dass er noch zu solchen Bewegungen im Stande war. Was hatte das zu bedeuten? War der wahre Dämon, der ihn erwartete, am Ende einer wie Takata? Nicht einmal er hatte eine Strafe wie diese verdient. Seine Augen rollten auf das Gesicht des weißen Monsters. Sie konnte nicht … war sie Schuld an seinem letzten Aufbäumen? Ruckartig zog er den Kopf in die Höhe und spuckte all seine Schmerzen, den gesamten Druck aus sich heraus und drückte ihn von sich weg. Ein Schwall von Blut platschte gegen Takatas Pfoten und färbte den weißen Schnee vor sich tiefrot. Zweifelsohne hätte er verärgert oder erfreut sein müssen. Sein Blut war wie eine letzte Spur, die er auf dieser vermaledeiten Welt hinterließ. Aber er verspürte nicht die Macht, noch etwas tun zu können, dass seinem missratenen Willen entsprach. Die körperlichen Leiden und das verenden seiner Gliedmaßen befehligten sein letztes Tun. Wie ein weggeworfener Klumpen fiel sein Kopf auf den Boden, die Augen weit aufgerissen, die Läufe gestreckt mit gespreizten Zehen. Sein letztes Blut floss zwischen seinen scharfen und wenig abgenutzten Zähnen hindurch nach draußen, vermengt mit Speichel. Das verstopfende Gefühl war weg, atmen nicht mehr möglich. Nur die Hitze hielt weiter an. Dann ging auch sie. Langsam. Wie ein Komet nach der Landung. Die Glut erlosch, sein tausend Grad heißes Herz verglomm. Schlaff sackten die Beine auf den eiskalten Boden und sein regungsloser Leib nahm die Schneeflocken unfreiwillig entgegen. Auf seinen aufgerissenen Augen sollte sich bald die erste Schicht Eis bilden. Die Hitze eines lebenslangen Hasses kühlte ab und wurde eins mit dem ewigen Eis. Die Erbin Satans, seine auf ewig verdammte Schwester, hatte ihm unter gnadenloser Gewalt seine verstümmelte Seele entrissen.

[so alone]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
17.08.2013 09:24 Forum: Das Tal

« F.a.l.c.o »

Diese Fähe war nichts weiter als eine kleine, weiße Maus, die er unter seinen Pfoten zertreten konnte. Das Beste war, er musste kein Bisschen Gewalt anwenden, um sie fertig zu machen. Sie war so schwach, er konnte sie viel besser von innen heraus zerstören. Es gab unzählige Möglichkeiten, sie mit ihren eigenen Emotionen zu schlagen. Und sie schaffte es seine alten Reize wiederzubeleben. Selbst nach dieser Niederlage frohlockte es den Schwarzen, Takata mit ihren eigenen „Waffen“ zu schlagen. Wie naiv sie doch war! Immer wieder pflanzte sie ihr Vertrauen in sein schwarzes Herz, immer wieder entwickelte sich keine schöne Blume, sondern eine stechende Distel, ja sogar eine fleischfressende Pflanze, die ihr den Kopf abbiss! Speichel triefte sein schwarzes Maul herab, in seinem verbliebenen Auge blitzte der Schalk auf. Armes Wesen! Du hast dir den Falschen ausgesucht.

„Die Anderen!“ wiederholte er spöttisch. „Tot! Sie sind alle tot. Ich habe sie sterben sehen“ Tihar riss den Kopf in die Höhe und knurrte. „Und ich habe daneben gestanden und es genossen!“

Niemals erkannte sie seine Lüge. Ihr Herz sollte zerspringen wie ein gefrorener Rentierkopf. Was für eine beschämende Enttäuschung! Schande über dich, böser Tihar. Er kannte seine weißfellige Freundin. Sie würde ihm genau das geben, nach was er verlangte. Enttäuschung, Zweifel, ja der ewige Missmut. Takata würde sich den Kopf einschlagen bei dem Versuch, aus ihm ein ehrliches Fell zu machen. Irgendwann ging sie daran zu Grunde. Irgendwann.

„Teyjen … er hat gewinselt, als es geschah!“

Er spann seinen gefälschten Bericht weiter, steigerte die Abartigkeit ins Absurde. Sie würde es glauben. Wieso, weshalb nur, warum das alles?! Kein Wort mehr! Er wollte sehen, wie sie an Enttäuschung starb. Oh welch glorreiches Gefühl ihn überkam. Sein Körper überschüttete ihn mit Adrenalin. Noch ein letztes Mal kratzte er seine verbliebene Kraft zusammen, um es ihr zu geben. Sie hielt ihm die Pfote hin und er biss ohne zu zögern hinein.
Auch ihre wertvollen Ratschläge würde er in den Wind schlagen. Es gefiel ihm, ihr Vertrauen zu missbrauchen oder zumindest so zu tun. Das Einzige was ihn störte war, dass sie die Wahrheit erfahren würde. Das ging nicht, das war verboten! Niemals nicht … sie durfte nicht erfahren, dass Teyjen und die Anderen am Leben waren. Sie sollte mit der Enttäuschung über ihn sterben, es war schließlich das Einzige, was er noch hatte. Den schwachen Anschein des starken Bösen. Hassen musste sie ihn, sie musste es einfach, es ging gar nicht anders. Und nachdem sie ihr trauriges Gesicht gemacht hatte, ihre Wut über sein „unsoziales Verhalten“, würde er dafür sorgen, dass es dabei blieb. Sie sollte ihr Bedauern mit ins Grab nehmen. Dafür würde er sorgen. Sei enttäuscht, sei verbittert so wie ich es bin! Und dann gehen wir gemeinsam ins Jenseits.

„Deine klugen Ideen interessieren mich nicht, Ta-ka-ta!“,

raunte er und verschleppte dabei seinen Speichelfaden. Geh dort lang! Tu dies! Sei ein guter Wolf! – Schweig!

„Ich werde niemals machen, was du mir sagst.“

Er peilte die Stelle an, vor der sie stand. Wenn er vor sie sprang, dass nur noch ein hauchdünner Abstand zwischen ihrer beider Schnauzen bestand, dann würde sie verstehen, in welcher aussichtslosen Lage sie sich befanden. Er war verflucht und sie würde mit ihm ins Verderben stürzen. Sie hatte sich ein Mal zu viel auf ihn eingelassen. Er war kein Spielzeug, sondern umgekehrt! Sein blutendes Auge war ihm keine Hilfe, aber mit dem verbliebenen, unversehrten Auge konnte er es schaffen. Der Hüne sprang von seinem Fels ab. Der massige Körper verließ die Stelle, auf der er bis eben balanciert war und nahm Kurs auf Takatas Stelle. Doch er hatte sich verschätzt. Und schon im ersten Bruchteil eines Augenblicks wusste er, dass er sein Ende besiegelt hatte. Nun, während er hoffnungslos fiel, spürte er, wie der Adrenalinausstoß seinen Höhepunkt erreichte. Welch erregendes Gefühl! Was konnte schöner sein?!
Die Flugbahn hatte keinen nennenswerten Abstand zur Felswand. Schon auf der Hälfte seines Weges machte er gnadenlose Bekanntschaft mit einem herausragenden Granitkopf. Die scharfen Kanten des Felsens rissen ihm eine tiefe Wunde in seinen Leib und seine Lunge füllte sich mit Blut. Wie ein abstürzender Stern kam er auf dem Boden auf. Ohne den zweiten Schlag auf dem Granit hätte er Takatas Stelle nicht erreicht. Sein Körper überschlug sich erbarmungslos mit dem Kopf voran. Schlussendlich blieb er auf der Flanke liegen und betrachtete die Eiskristalle am Boden.
Stille.
Doch, da war es wieder! Das anregende Gefühl, das die Schmerzen bei ihm auslösten. Tihar spürte die Eiseskälte des Todes. Kälte zu spüren hieß, Wärme abzugeben. Etwas, das er nicht mehr zu besitzen geglaubt hatte. Er konnte kein Blut sehen, aber unter ihm war die klaffende Wunde, die den Boden mit selbigem tränkte. Nur beim Versuch, die Hinterläufe zu bewegen oder sogar aufzustehen, versagte er. Er konnte nicht einmal mehr seine Rute schlagen. Es war aus. Endlich! Sein unverletztes Auge gab jetzt auch nur noch ein verschwommenes Bild ab, in dem er die kümmerliche Figur Takatas erkennen konnte. Wie er sich freute, dass es nun geschehen war. Ein bittersüßes Grinsen breitete sich über seine Lefzen aus.
Anschließend versuchte er seinen Blick noch einmal auf den Felsen zu richten, welcher königlich über ihnen thronte. Er war es, der ihn besiegt hatte. Doch war auch er nur ein Handlanger seines lebenslangen Fluches. Der einsetzende Schnee besiegelte die Übermacht der unbarmherzigen Natur! Tihar konnte sich der Schwäche nicht erwehren, die sich auf seine Gliedmaßen drückte. Auch den Kopf konnte er nicht länger aufrecht erhalten. Schnaufend, röchelnd und schwer atmend legte er seine Schnauze auf dem kalten Schnee ab. Der Atemdunst, der seine Nase verließ, war das Letzte, was noch von seinem verdorbenen Leben zeugte. Der Fluch, den seine Eltern ihm mitgegeben hatten – nun also hatte er obsiegt! Und er bereute nicht, nicht auf Takatas dummes Geschwätz gehört zu haben, ganz im Gegenteil. Er fühlte sich ihr gegenüber so oder so als der Überlegene, selbst dann noch, wenn er kraftlos und ohne Regungsfähigkeit am Boden lag und sein letztes, armseliges Leben aushauchte.

[Takata – Eisschlucht]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
12.08.2013 22:07 Forum: Das Tal

Als gestürzter Dämon hatte er sich vom Ort des Geschehens geschleppt. Seine Unbesiegbarkeit war nicht länger unangefochten. Er war den Entschlossenen gewichen, zu denen er sich sicher nicht hatte zählen dürfen. Hinter wem hatte er schon entschlossen gestanden? Er hatte sich immer als das Böseste gesehen, aber am Ende hatten seine unfreiwilligen Schüler ihn sogar noch übertrumpft. Weshalb war er den Schritt gegangen? Er hatte es drauf ankommen lassen und sein Selbst verspielt wie eine billige Wette. Passte zu ihm. Volle Kraft voraus – gegen die Wand. Entweder sie bricht oder du stirbst. Und jetzt zog er schon seit einer halben Ewigkeit diese Spur seines Blutes hinter sich her und zertrat den Schnee mit seinen kraftlosen Pfoten. Es war aus. Es war so was von aus. Und irgendwie ärgerte er sich nicht einmal darüber. Skadi die Gewinnerin? Er hätte weiter kämpfen können, wenn nicht jetzt, dann in Zukunft. Aber das war's nicht, was er gewollt hatte. Im Grunde hatte sie sein Verlangen erfüllt und ihn erlöst. Seine verdammte Aufgabe, der böse Kerl zu sein, war durch ihr lebensmüdes Eingreifen abgelöst worden. Zum Dank hatte er es ihr noch mal gegeben. Genau genommen waren sie also quitt. Früher, ja da hätte er erst richtig angefangen. Aber als finstere Unterweltengestalt wusste er, dass seine Macht am Ende ja doch nur begrenzt war. Trauern war was für Jammerlappen. Ihm war es egal, wie sie über ihn dachten, redeten, tuschelten! Er hatte nie etwas von Oberflächlichkeiten gehalten. Was scherte ihn irgendein Ruf? Der einzige Ruf, den er besessen hatte, war den eines miesen Übeltäters. Ein Ruf, den er immer genossen hatte, in vollen Zügen. Doch hatte es ihm seine Claire zurückgebracht? So nicht. Ziellos aber nicht ohne Sehnsucht zog es ihn durchs kalte Gebirge. Er kletterte auf einen Felsvorsprung am Fuß der Berge. Die Wälle ließen ihm das widerwärtige Gefühl geben, klein zu sein. Ein ziemlich kleiner Dämon war er. Vielleicht ja nur ein Giftzwerg, verglichen mit den Urgewalten der Natur, deren Abhärtung er stets angepriesen hatte. Und sein Fluch … der war ihm stets treu geblieben wie ein finsterer Schatten. Er lastete auf ihm wie die tiefe Wunde um den Tod der Weißen. Der Schmerz war so gut und zerberstend in einem. Er wurde zerrissen von seinen Gegensätzen. Mechanisch arbeiteten sich seine Läufe voran, ohne dass er noch Kraft verspürte. Ihr sturer Gehorsam langweilte ihn. Er spürte eine gähnende Leere. Die anderen Wölfe in seinem Leben zu drangsalieren, fertig zu machen und ihnen ihre Schwäche vor Augen zu halten, war seine Art gewesen, sozial zu sein. Und sie hatten es ihm noch nicht einmal gedankt!
Doch … was war das?! Während seines Marsches auf schmalem Grat erhielt er einen ihm wohl bekannten Geruch. Seine Lefzen zuckten angewidert, als er die Anwesenheit Takatas feststellte! Die war auch nicht tot zu kriegen. Er folgte dem Felsvorsprung weiter, ohne sich im Klaren zu sein, dass er die Gesteinsbrocken, die ihre magerere Gruppe getrennt hatten, bereits hinter sich gelassen hatte. Diesen Weg beschritt nur ein Wahnsinniger! Kaum breiter als seine Schnauze lang war, war der Weg, auf dem er voranschritt. Aber die Eisbrocken, die sich durch sein Laufen lösten, fielen lange, bis sie endlich mit einem tock tock auf dem harten Untergrund ankamen und zerschellten.

„Takata!“, zischte er verärgert und überrascht zu gleich, als er sie in Sichtweite hatte. Da unten stand sie, verlorenes Kind. Wiedermal waren sie in trauter Zweisamkeit vereint. Sein blutendes Auge musste ein recht herrlich grausames Abbild vor steiniger Kulisse abgeben. Viel sah er nicht damit, er hatte auch keine Wasserstelle gefunden, mit der er sich das Blut hätte ausspülen können. Und irgendwie reizte es ihn auch nicht, seine Wunden zu lecken. Das taten nur Weicheier. Jede Narbe – eine Trophäe. Und was einen nicht umhaute, machte einen bekanntlich stärker. Doch stark fühlte er sich nicht. Trotzdem spornte ihn die verlorene Gestalt seiner ungeliebten Patentante an, wieder zu lästern, zu beschimpfen, wie es in seiner Natur lag.

„Du kommst zu spät. Viel zu spät.“

Um aus ihm einen kleinen, braven Bengel zu machen, hätte sie bedeutend früher vor ihn treten müssen. Sie hätte ihn auffangen müssen, bevor seine Eltern versucht hatten ihn zu töten, sie hätte seine Schwester vom Hinarbeiten auf ihren eigenen, indirekten Suizid abhalten müssen und sie hätte sehr, sehr gute Worte finden müssen, um ihm glaubhaft zu erklären, wieso die Welt so stink ungerecht war.

„Wärst du an meiner Stelle gewesen … wär' es dir genauso ergangen. Zwei rabenhafte Eltern, die dir jegliches Gute aus der Seele saugen!“

Sein Grinsen wirkte unecht. Seine Freude war gespielt. Es war doch nur seine Art und Weise, mit der er ihr erklärte, sich rechtfertigte für all sein Tun. Sie sollte herhalten für sein einziges Klagen. Aber es war ja nicht einmal ein echtes Klagen. Er hatte sich doch nur gewünscht, sie hätte verstanden. Und wäre sie an seiner Stelle gewesen, hätte sie verstanden gehabt. Oder sie wäre zu Grunde gegangen. Wahrscheinlich hätte sie mit der bitteren Wahrheit nicht leben können, die eigenen Eltern hatten versucht einen umzubringen. Noch immer ergötzte er sich an der ehrfürchtigen Miene der Weißen. Sie war sein Spielzeug, immer gewesen. Sie durfte ihm glauben: Es war weit besser für sie, ihn als Feind zu haben, statt als Freund. Als Feind konnte er noch Mitleid mit ihr haben und sie verschonen, als Freund hätte er sie von jeglicher Demütigung erlösen müssen. Und in seinen finsteren Augen war ihre Dasein bereits die größte Erniedrigung für ein Lebewesen, die er sich vorstellen konnte. Lieb, viel zu lieb! Wer war hier verflucht?!

[Takata – Eisschlucht]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
08.08.2013 10:12 Forum: Das Tal

Von einem kleinen Würmling zu einem echten Feindbild hatte er es geschafft. Verhasst hatte der schwarze Leib auf den Wurmwolf zugesteuert, mit dem Ziel, Matsch aus ihm zu machen. Doch just in dem Augenblick geriet etwas in die Bahn. Ein unbekannter Schatten versperrte ihm die Sicht auf sein Zielobjekt. Ein unsichtbarer Schatten? Kokolores! Das war der hellbraune Körper seiner ewigen Widersacherin. Wo kam die her? Was machte die hier?! Dies war sein Augenblick, seine Chance und seine Aufgabe, einen Wolf zu zerstören, der ihn lächerlich gemacht hatte. Er hatte einem Versager wie Teyjen die Pfote gereicht. Zum Dank für seine grenzenlose Großzügigkeit hatte er ihm förmlich ins Gesicht gespuckt. Nur eine Strafe wurde dem gerecht. Wäre nur nicht seine alte Erzfeindin gewesen, die sich in diese Angelegenheit einmischte. War sie denn lebensmüde? So viel irrationales Handeln passte einfach nicht zu seiner Widersacherin. Jedoch noch bevor er im Stande war, sie abzublocken, brachte sie ihn aus der Schussbahn. Wie eine Wahnsinnige warf sie sich vor ihn und seine schwere Wut. Er konnte nicht mehr anhalten. Eine Umkehr war unmöglich, das letzte was er sah, war die Silhouette eines langen Eckzahnes, dann stach der Schmerz durch seinen Kopf. Wie ein abgelenkter Komet fiel er zur Seite, landete mit einem dumpfen Schlag auf der Stelle, die eben noch von Teyjens zerbrechbaren Pfoten plattgedrückt worden war. Der gefallene Riese schlitterte noch einige Längen über den Schnee, um ihn anschließend mit seinem Blut um sein unschuldiges Aussehen zu bringen. Ein tiefer Ächtzlaut begleitete seine unfreiwilliges Vorankommen. Erst das letzte Stück vor den besagten Pfoten kam er zum Stehen. Sie zitterten. Angst. Blut. Schwärze. Er war nicht bewusstlos. Aber er wünschte, er wäre es gewesen. Sein Brustkorb ging auf und ab. Er war nicht blind, er sah nur nichts. Ein Fakt, den er schnell ausmachen konnte. Aber viel wichtiger war noch die Tatsache, dass sich eine innere Kraft in ihm ausbreitete, die der Mattigkeit seines entstellten Körpers zu trotzen versuchte. Und so kam es, dass sich der Riese noch ein weiteres, womöglich ein letztes Mal vom schmutzigen Boden Tierhob und blitzartig hochfuhr. Ein Amok laufender Irrer, das war er. Aber kein Überlegener, dafür handelte er viel zu irrational. Es galt nicht mehr, Ehre und Würde zu retten. Es galt nur noch, kurzlebige Emotionen und Verlangen zu stillen. Die! Die war schuld. Die war an allem schuld. Seit je her war dieses scheinbar unschuldige Biest schuld. Sie war doch die wahre Gefühllose! Sie war der Zombie, sie war der Böse!

„Niemals kriegst du Yuka!“,

raunte er und fuhr wie von einer unsichtbaren Macht gezogen zu ihr herüber, stolperte am Ende mehr als dass er schoss, vermochte es dennoch sie im letzten Moment zu erwischen, bevor sie ganz ausweichen konnte. Er konnte sie nicht besiegen, das war ein erschütternder Fakt, dessen er sich bewusst geworden war. Viel zu skrupellos war sie, viel zu weit abseits stand sie. Sie hielt sich aus allem raus? Jetzt nicht mehr! Jetzt war sie mittendrin und sollte den Hass zu spüren bekommen, den sie sich verdient gemacht hatte. Sie! Überlegen und doch hilflos. Sein Reißzahn ritzte ihren Schnauzenrücken, bevor seine letzte Kraft verbraucht war. Wie zur Strafe für sein Tun versagte ihm sein Leib seine letzte Energiereserve und er fiel wie ein Stein zu Boden. Da lag er. War das also sein letzter Akt? Zerstören hatte er sie wollen. Sie alle. Aber eigentlich, das wusste er jetzt, war es immer diese Braune gewesen, die er hatte fertig machen wollen.

Teyjen! Komm her!
Zeig ihr, wer hier das Sagen hat.

Takata …
Zeig ihnen, wen du bevorzugst!

Yuka … es gibt nur einen, den du brauchst.
Sie wird mit mir kommen
Niemand kriegt dich, eher werden wir beide sterben.


Heiße Luft brannte in seiner Nase. Das Blut schlich sich langsam über sein Gesicht. Er drückte sein Auge zusammen. Der Schmerz war noch das Wenigste. Die Gewissheit über sein letztes Scheitern, über sein gesamtes Scheitern, sie war das Schlimmste. Sie hatte schon damals über ihm gestanden. Er war machtlos gegen ihr perfides Auftreten. Wer war hier das Monster.
Nachdem sich sein hastiger Atem gelegt hatte und sein schwarzer Leib nur noch aus Mitleid die nötigsten Lebensfunktionen aufrecht erhielt, entschied er, seinen letzten Weg anzutreten. Er wollte ihr Getuschel nicht hören. Er wollte ihr Lachen nicht hören. Aber den Mut… den Mut, noch einmal ihr ins Gesicht zu blicken, den musste er aufbringen, andernfalls wäre er nicht weniger Schwächling gewesen als der Welpe. Langsam und mit einem unscheinbaren Zittern stemmten seine Läufe seinen schweren Körper wieder hoch. Schwerfällig kämpfte sich der Besiegte zurück auf seine Beine. Sein Ächzten ließ erahnen, wie schwer es ihm fiel. Er hatte seine letzte Kraft gegeben um sie zu zerstören. Aber er hatte verloren.
Bevor er überhaupt im Stande war, seinen Kopf umzudrehen und sich den letzten Schlag zu verpassen, in dem er ihren siegreichen Blick erntete, musste er feststellen, dass sich sein Sichtfeld auf sein rechtes Auge beschränkte. Von dem Linken gingen nur noch stechende Schmerzen aus, während sein dunkles Blut herabrann und zu Boden tropfte. O welch hässlicher Anblick! Sieh her, Monster. Du hast einen Toten getötet, seiner letzten Kraft beraubt.
Der letzte Blick zurück, er galt einzig und allein seiner alten Feindin. Zwei Mal schloss und öffnete er sein verbliebenes, heiles Auge, bis er im Stande war, einigermaßen scharf zu sehen. Was erblickte er da! Ein hässlicher, blutiger Kratzer zierte ihre Schnauze. Seine Lefzen zuckten zu einem hämischen Grinsen. Aber tief in sich fühlte er Betroffenheit, ja gar Schrecken. War sie also doch verletzlich! Er war sich nie sicher über diese Tatsache gewesen. Stand ihr nicht … überhaupt nicht. Skadi war keine Kämpferin, nicht auf physischen Wegen. Fast war es, als blickte er seiner Schwester in ihr Antlitz. Seit je her war von dieser Wölfin, die dort vor ihm stand, ein nichts aussagender Blick ausgegangen. Kalt wie Eis. Aber jetzt konnte sie nicht anders, als beinahe mitleiderregend auszusehen. Ein Spiegelbild seiner selbst, der er nicht weniger am Ende war. Welch eine Schande, diese Beschädigung ihres sonst so nüchternen Antlitz' festzustellen. Doch die Freude blieb aus. Was nur fand er an ihr, dass er sich nicht mal an diesem kleinen Kratzer freuen konnte. Er selbst war entstellt, verletzt, blutverschmiert am ganzen Leib, auch wenn nicht alle Wunden auf ihren Angriff zurückzufahren waren. Aber das Bedauern um ihre kleine Entstellung war nicht zu leugnen. Er hatte eine Siegerin angegriffen, dabei wusste er genau, wie nutzlos es war. Sie hatte gewonnen und er musste es anerkennen. Das fiel ihm nicht schwer, weil sein böser Geist in ihm nicht länger gegen sie rebellierte. War es doch so, dass sie ihren großen Worten zum ersten Mal auch Taten hatte folgen lassen. Sie hatte ihm gedroht, jetzt hatte sie endlich bewiesen, dass sie auch mehr konnte. Und er wäre der Letzte gewesen, der eine böse Tat sühnte. Das Spiegelbild des Bösen. Er hatte das Böse wie einen Tumor in die Gruppe verpflanzt und alle hatten etwas davon gehabt. Das war sein Trumpf, sein Trost, sein Erbe. Ohne ein weiteres Wort drehte er um, vergoss weitere drei Tropfen seines nun unwerten Blutes, bevor seine Läufe ihn monoton von hier fort führten. Eine Ruine war er, ein Wrack im Abendlicht, über dem die Aasgeier kreisten. Nur die schwere seines geschundenen Körpers gaben noch das Gefühl von Kraft. Kraft, die er nicht mehr besaß. Er hatte alles auf eine Karte gesetzt und verloren. Skadi aber hatte alles bekommen und war trotzdem bestraft worden. Er mochte nicht, dass es so ausgegangen war. Er hatte die Spannung zwischen ihr und ihm so gern gehabt, so gehegt und gepflegt. Jetzt war es aus. Ein erloschener Vulkan trieb langsam ab. Und niemand hatte das Recht ihm zu folgen. Den Weg der er ging, es war der eines Wolfs, der nicht länger die Verkörperung des Bösen beanspruchen durfte. Aber die Überraschung, die Achtung vor ihrer sinnlosen, lebensmüden und bösen Tat, die konnte selbst er nicht länger leugnen. Die Wut war Anerkennung gewichen. Eine Anerkennung als Tochter nackter Tatsachen, nicht aus Zuneigung.

[Skadi, Teyjen, Lynx – läuft weg!]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
16.07.2013 18:23 Forum: Das Tal

Es war im Grunde eine pure Unmöglichkeit, dass ausgerechnet dieser Wurm als erstes fressen sollte. Doch er tat das nicht ohne Hintergedanken. Er selbst war längst dabei, zu köstigen, zu laben und seinen Hunger nach neuen Bosheiten zu sättigen. Er warf Skadi provokative Blicke zu, während er darauf wartete, dass diese kleine, unwerte Kreatur endlich kam und vor ihren Augen fraß. Welch Demütigung! Sie wollte nur das Beste für den Kleinen? Mal sehen, ob sie das noch wollte wenn er fressen durfte und sie nicht. Niemand hier konnte ihn daran hindern, seinen Plan auszuführen. Niemand hatte den Mumm gegen seinen Willen zu handeln. Sie konnten ihn hassen, ihn beschimpfen und sich von ihrer Wut zerreißen lassen. Aber sie konnten nichts dagegen ausrichten. Sie waren allesamt machtlos. Am Ende waren sie alle gleich – ohnmächtig vor dem Herrn. Und der Herr, das war er. Er war ein gottgleicher Wolf, der nur zucken brauchte, wenn die anderen Angst bekommen sollten. Seine Worte ließ Skadis Herz einen Aussetzer machen. Er bestimmte, wer fürchtete und wer nicht. Aber Gott war gnädig gewesen. Er hatte dem Schwächsten unter ihnen zugesagt, als erster vom Fleisch zu fressen. Also fuhr sein alles urteilender Blick zurück auf die wurmhafte Gestalt. Was zögerte er? Als der Kleine näherkam, sah er sich bestätigt. Er zog die Fäden in diesem miesen Spiel, in dem, was andere das reale Leben nannten. Ein finsteres Grinsen, geformt von Gehässigkeit und Hohn, ging in ihre Richtung. Welch spannendes Drama! Die selbsternannte Anführerin und der Wolf, der ihr Mitleid bekommen hatte. Doch diese niedliche Freundschaft hatte nicht den Segen des Gottes der Unterwelt. Also musste sie geschieden werden, mit aller Gewalt. Als Teyjen näher gekommen war und seine weiche Stimme zum Reden ansetzte, spitzte er die dunklen Ohren voller Erwartungsfreude. Niemals zuvor hatte ihn eine Antwort von diesem Winzling interessiert. Jetzt war alles anders. Er wartete auf das alles besiegelnde Danke. Wenn er sich vor ihm niederkniete, war es seine Bestätigung als machthabender Wolf. Er bestimmte, wer seine Gunst hatte und nur wer sie hatte, konnte ohne Sorge leben. Ein Spiel, das ihm gefiel.
Noch einmal hob er den Kopf ein Stück, als die lang ersehnten Worte endlich kamen.
Aber das schwache Nein, das er stotterte, ließ seine Pupillen schlagartig verengen. Sein Danke wirkte dagegen wie Hohn … nein viel mehr wie Gotteslästerung! Was nein danke?!? Er glaubte sich verhört zu haben, wollte den Kleinen schütteln, bis die erwartete Antwort kam, unter Angst und Tränen! Wagte er es ihn anzulügen und spielte den Satten vor? Er sah doch, wie er Hunger hatte. Die ganze Zeit hatte dieser Welpe sabbernd nach dem Fleisch geschielt. Erstarrt folgte er den Bewegungen seiner schmalen Gestalt. Da stand er. Gott und sein Fleisch. Was hatte das zu bedeuten? Was tat er ihm an? Konnte er nicht einmal was richtig machen?! Je mehr er begriff, dass die Spielfiguren nicht taten, was er befohlen hatte, desto mehr wurde ihm klar, dass das hier nicht das gewünschte Ende nahm.
Doch der nächste Satz besiegelte alles. Seine Miene war erstarrt, aber seine Nase stieß verächtlich Luft aus den Tiefen seiner schmutzigen Lunge. Krampfhaft standen seine Pfoten noch am alten Fleck. Er wusste doch zu genau, dass er nur zu ihm wollte, um ihn zu zerstören. Dieser … dieser Wurm hatte seine Ehre beschmutzt. Er hatte ihn bloßgestellt, gedemütigt und sein Vorhaben ins Gegenteil umgekehrt. Schon sehr lange nicht mehr hatte ihn etwas so in Rage versetzt. Das war nicht dasselbe wie wenn seine alte Erzfeindin ihn beleidigte oder hilflos versuchte, aus dem „Rudel“ zu verbannen. Der kleine Winzling bewies eine Standhaftigkeit, eine Entschlossenheit, die ihm das Leben kosten sollte. Es vergingen nur Augenblicke nach seiner kümmerlichen Rede, da begann der Vulkan, zu seiner alten Aktivität zurückzufinden.

„Du … wagst es … meine Großzügigkeit abzuschlagen?!!“

In seinem Maul begann der Speichel zu brodeln, seine Augen wurden zu scharfen Waffen und seine kräftigen Pfoten wollten nicht länger nur stehen bleiben. Er richtete die Rute instinktiv auf und begann die Zähne in ihrer ganzen, tödlichen Schönheit zu präsentieren. Kein Bär, kein Wildschwein konnte ihn so wütend machen wie dieser Wicht. Er war ihm entgegengekommen, auch wenn nicht aus Mitleid, doch der kleine Wolf hatte sein Glück mit Füßen getreten. Er verweigerte sich seiner Chance. Er nutzt die einzige Gelegenheit nicht, sich auf die richtige Seite zu stellen – auf die Seite des Starken. Er hatte gegen … Gott aufbegehrt! Ja, er konnte über sein Leben und Sterben entscheiden und hatte das getan. Das Urteil war eindeutig: Er musste dahingehen!

„Ich werde dich in Stücke reißen, du Wurm!“

Aus einem Zähnefletschen war ein offensives Drohen geworden. Aber dieses Mal ging es ihm nicht darum, sich an der Angst dieses femininen Rüdenwelpen zu erheitern! Er wollte seinen gefürchteten Namen wieder herstellen! Die Chance eines Tihar LeNuit lehnte man nicht ab!
Der Hüne überlegte nicht länger. Der Kleine hatte die Linie übertreten. Er war dabei ein Wolf zu werden. Aber was er gebrauchen konnte war kein Wolf, sondern Sklaven seiner Aggression – verängstigte, hassgesteuerte Kreaturen, die doch nichts gegen ihn ausrichten konnten. Alles andere ausblendend sprang er mit geöffneter Schnauze zielsicher auf Teyjens Hals vor, um die Revolte im Keim zu ersticken!

[Skadi, Teyjen, Lynx | Gebirge]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
06.07.2013 11:20 Forum: Das Tal

Mit seinem provokanten Auftritt und dem Befehl, die anderen sollten ihn gefälligst um etwas Nahrung anbetteln, hatte er wieder einen hübschen Sturm der Empörung ausgelöst. Er badete sich im Zorn der anderen und genoss es. Das war sein Element, seit er denken konnte. Den Hass war er seit seinen Welpentagen gewohnt. Nur Takata war zu naiv ihn zu hassen, aber daran hatte er sich gewöhnt. Takata war ihm am sympathischsten, wenn sie sich nicht in seinem Blickfeld aufhielt!
Aber hier war das anders. Die anderen Wölfe konnten nämlich sehr schön erregte Gefühle zeigen, Wut, Erhitzung. Es war das, was er so liebte. So wie er seine alte Erzfeindin eingeschätzt hatte, sprang sie sofort drauf an. Sie stellte sich allerdings ungewohnterweise als große Retterin dar, obwohl sie ja sonst kaltschnäuzig war wie kein anderer. Liebend gern hätte er ihr erklärt, dass er schon seit je her tot war, merkte sie das nicht? Sein Geist war tot, sein Herz kalt und still schweigend. Kein lebendes Gewissen, dass ihn bei seinem Handeln dreinredete. Er war frei von dem, was andere Gefühle nannten.
Aber Skadi wurde noch viel gönnerhafter! Sie gestattete ihm, seinen Teil zu fressen! Das war wirklich zu gütig. Er grinste verächtlich und peitschte die Rute zwei oder drei Mal amüsiert. Seine Drohgebärden konnten ihr nichts anhaben – aber das hatte er mit einkalkuliert. Die Frage war aber viel mehr, was sie tun würde, wenn er sie partout nicht an das Fleisch heranließ. Und überhaupt: wie wollte sie ihn denn loswerden? Ach – sie wollten einfach weiterziehen. Vorher wollte sie ihn noch töten, oder wie dachte sie sich das? Sie wurde ihn nicht so ohne weiteres los. Er war ein Fluch, ein Schatten. Sie konnte vielleicht wegrennen, dann hatte er sie für eine Weile aus den Augen verloren, denn er war geschwächt und fühlte sich nicht im Stande, jemandem nachzurennen. Obwohl ihm der Gedanke gefiel, sie wie ein Reh durchs Land zu scheuchen. Andererseits auch wieder nicht, denn er musste niemandem nachgehen. Doch das kam ohnehin nicht in Frage, weil der Winzling und vielleicht auch sein Freund nicht so schnell sein würden. Würde sie sie zurücklassen? Wie gern hatte sie den Kleinen, oder war es nur Mitleid? Er wollte es liebend gern herausfinden. Vorausgesetzt, sie fand etwas an dem Kleinen – auch wenn's nur Mitleid war – dann musste er das sofort zerbrechen. Niemand knüpfte hier so etwas wie … Freundschaften! Das war abartig und wurde von ihm nicht toleriert. Reflexartig wandte er seinen Blick auf den Wurm, als dieser gerade seine Sprache wiedergefunden hatte.

„… sagt der Welpe“,

ergänzte er mit Schabernack und überlaufender Gehässigkeit. Das Reden von dem Weißen ignorierte er gekonnt. Er hätte ihm vielleicht sagen können, dass seine „ehrwürdigen“ Eltern ihm nichts beigebracht hatten, sondern ihn in jüngsten Tagen opfern hatten wollen. Aber das ging den Wurmfreund einen feuchten Kehricht an! Er interessierte sich nicht für diesen uninteressanten Wolf.
Im Focus standen jetzt seine Lieblingsfeindin und dieses Würmchen – nur als Mittel zum Zweck, denn er wollte schließlich wissen, in welchem Licht sie diese bemitleidenswerte, kleine Welpenkreatur sah.

„Teyjen!“, rief er und sah voller Ernst auf den Winzling. „So heißt du doch, oder nicht?! Komm her!“

Er musste sich sein Grinsen verkneifen, sonst nahm ihn der Kleine nicht ernst. Aber das hier war sein voller Ernst. Er musste den Welpen dazu bewegen, als aller Erstes von dem Schwein zu fressen. Es gab kein besseres Mittel, die aufkommende Sympathie zwischen den Beiden aufzubrechen und die mögliche Freundschaft zu unterwandern.

„Lass es dir schmecken. Friss und werde groß und stark!“

Entgegen seiner Idee, nicht hämisch erscheinen zu wollen, ging ihm trotzdem dieser ironische Satz über die Zähne. Groß und stark! Im Leben nicht. Er war und blieb ein Winzling. Er wollte doch nur sehen, wie die Gelbbraune reagierte, wenn er zusammen mit Teyjen genüsslich von dem Fleische fraß, während die anderen zusehen durften. So machte er einen Schritt zur Seite und gab das Wildschwein frei, ein abschätzender, provokanter Blick galt der Fähe weiter drüben.

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Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
12.06.2013 16:57 Forum: Das Tal

Wer erdrosselte hier eigentlich wen?! Man musste einfach das Gefühl haben, dass dieses dumme Schwein nicht sterben wollte. Um sein Maul herum war so viel borstiges Fell, dass er selbst kaum noch Luft bekam. Aber das Tier wollte nicht zugrunde gehen. Aber schön auf ihm herumtrampeln konnte es. Wenn er das Gefühl hatte gedemütigt zu werden, irrte er nicht. Das Wildschwein erlaubte sich einen derben Spaß mit ihnen. Erst hatte es sie angegriffen und jetzt war es drauf und dran ihm die Luft zu rauben. Nur aus seinem Instinkt heraus wusste er, dass er nicht loslassen durfte. Wenn er jetzt losließ, konnte das Wildschwein seine Bolzen umgehend in seine Kehle rammen und es war aus. Das musste er nicht haben. Kämpfe wie ein Rüde! Willst du so eine Mimose sein, wie der Welpe weiter ab?! Durchhalten war angesagt! Die Worte der anderen bekam er nur unterschwellig mit. Es war belanglos. Er war der Einzige, der dem Wildschwein wirklich schaden konnte. Wenn er jetzt losließ, tötete es ihn und anschließend alle anderen … einschließlich dem Riesenwurm. Eigentlich ein verlockender Gedanke. Aber was hatte er davon, wenn er den Untergang der anderen nicht einmal mehr mitbekam? Das ging nicht! Das durfte nicht sein. Das Wildschwein musste sterben und zwar sofort. Die anderen Wölfe machten ihn viel mehr nervös. Irgendwann, als ihm selbst schon die Luft ausgegangen war, sank der riesige Pflanzenfresser endlich zu Bo- Zu Boden? Es sank doch nicht etwa auf ihn!? Zu spät. Er konnte es nicht mehr verhindern. Es gelang ihm gerade noch so, seinen Kopf zur Seite zu drehen, um nicht wirklich noch zu ersticken. Welch erbärmliches Ende wäre ihm widerfahren, hätte er nicht sofort reagiert! Er war und blieb ein Meister im Töten. Leider war das eine sehr unpraktische Kunst. Die, die er tötete, konnten ihm nicht mehr gratulieren und die, die er am Leben ließ, glaubten nicht, dass er fähig dazu war. Schande über sie!
Das Wildschwein rührte sich noch? Das konnte nicht … das durfte doch nicht! Nein. Das waren die anderen. Skadi und ihre wunderbaren Freunde, ihre kleinen Rudeluntertanen. Sie zogen das Wildschwein von ihm weg. Ja hatten sie sie noch alle? Nachdem der Brocken ab war, rappelte er sich umgehend auf und stellte fest, dass er – einem großen Jäger gerecht geworden – keine Blessuren hatte. Aber da bot sich ihm schon das nächste Bild voller Lächerlichkeit und Empörung zugleich. Skadi, wie sie ihr gieriges Maul in das Fleisch des Wildschweins gerammt und das Vieh an sich gezogen hatte. Der Schwarze knurrte und präsentierte seine Zähne. Leider klebte kein Blut daran, weil er das Beutetier erdrosselt hatte. Ja, er hatte das Wildschwein erlegt. Er!

„Nimm deine triefende Schnauze von meinem Beutetier weg, du alte Gewitterziege!“

Fast wie ihn jungen Jahren. Nicht schlecht. Leider war das Problem damit nicht ausgestanden, denn eine wie die fürchtete sich schon lange nicht mehr vor seinen Drohgebärden. Also machte er einen Satz zu ihr und dem toten Wildschwein – nach wie vor außer Puste – und biss in das noch warme Fleisch der Beute. Mit einem tödlichen Blick und ohne jede Gönnerhaftigkeit zog er das Wildschwein an sich. Tauziehen war angesagt! Und er würde gewinnen, ohne Mühe, denn das konnte er gut. Er war ihr körperlich überlegen. Wurde Zeit, dass sie das begriff. Und wenn es nur mit Hilfe eines Wildschweinaases geschah! Er legte seine schwarze Pfote auf den Hals des Viehs und leckte sein rabenschwarzes Maul.

„Ich habe das Wildschwein erlegt. Ihr bekommt höchstens etwas ab, wenn ihr mich darum bittet.“

Sonne. Oder ein Gewittersturm. Je nach dem, aus welchem Blickwinkel man es betrachtete. Aber für ihn war das das Rückerlangen seiner alten Kräfte. Sein Brustkorb ging auf und ab. Alte Wunden mussten Furcht erregen. Aber in seinem Innern ahnte er, dass er am Ende seiner Kräfte war, nicht am Anfang.

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Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
16.05.2013 23:27 Forum: Das Tal

Was zum Teufel wurde das hier eigentlich – Rodeoreiten?! Er wollte das Biest töten, mit einem gezielten Biss in den Hals. Aber erstens kam er da nicht ran und zweitens hatte das Vieh eine Matte, die selbst das Zottelmonster von einem Bären alt aussehen ließ. Er hatte keine Möglichkeit, das graue Monster zur Strecke zu bringen. Dafür machte es ihn hier lächerlich und das vor den Augen seiner Erzfeindin und denen des Wurms. Schmerzhaft lernte er den harten Untergrund kennen. Er flog mit der Schnauze auf das Eis und spürte ein Knacken in seinem Maul. Das war sein Zahn gewesen! Wie zum Teufel konnte es sein, dass ein einfaches Schwein ihm solche Verluste zufügte?! Außerdem war er hilflos. In den winzigen Momenten, während der er mit seinem Gebiss beschäftigt war und der Kontrolle, welche seiner Messer noch unbeschädigt waren, hätte der Schwarzrücken kurzen Prozess mit ihm machen können. Oh was wäre das für ein glorreiches Ende gewesen! Vor den Augen der anderen kleingehäckselt. Es hatte umgekehrt sein sollen, aber das Wildschwein tat nicht so wie er es wollte.
Er rappelte sich auf und bereitete einen erneuten Angriff vor. Nur leider musste er feststellen, dass das nicht länger ein Zweikampf war. Diese Skadi hatte es mit SEINEM Wildschwein aufgenommen. Und sie war die Erste, die dem Tier wirklich einen Schaden zufügte. Als er Blut aus dem Lauf des Schweins fließen sah, traf es ihn wie einen Schlag. Sein Wildschwein! Sie war dabei SEIN Schwein zu erledigen. Jetzt sollte sich der Hufenträger aber auch angemessen revanchieren für so viel Dreistigkeit. Es hatte ihn zu Boden geschleudert wie ein Stück Dreck, also würde es einer wie der mit absoluter Sicherheit das Leben kosten. Also, worauf wartete dieses Schwein noch?! Der Schwarze lauerte auf das Ende seiner alten Feindin. Es triefte aus seinem Maul wie bei einem liebestollen Hengst. Jetzt war es so weit! Ein Tritt mit der Hufe und es war aus. Er würde brüllen vor Lachen. Außerdem war dann der Weg frei für weitere Schandtaten. Wer war denn noch da, der ihn abhalten sollte von neuen Untaten? Tihar trippelte unruhig hin und her und wechselte zwischen Grinsen und Zähnefletschen hin und her. Von einer Zielscheibe war er zum Zuschauer geworden.
Aber ein kampferfahrener Wolf wie er – auch wenn er es noch nicht hatte unter Beweis stellen können vor ihren Augen – erkannte sehr bald, dass das Schwein so keine Chance hatte für den finalen Schlag. Sie stand viel zu weit weg, um mal eben schnell getroffen zu werden. Er konnte ihr etwas zurufen, sie ablenken durch Rufen ihres Namens. Und dann kam der entscheidende Schlag, der ihn zum König des Bösen machte. Nur so wie er seine Lieblingsrivalin einschätzte, hatte sie unverschämtes Glück und überstand auch das. Oder sie überblickte das perfide Spiel und hörte gar nicht erst auf sein Geschrei. Nicht gut! Dann gab es nur eines, wenn er sich nicht ganz die Show stehlen lassen wollte. Er musste sich wieder an die Front begeben und einem Schwein geben, was ein Schwein verdient hatte. Ohne noch länger zu warten sprang er vor und packte das Wildschwein endlich am Kopf, als die Wölfin es mit dem Biss ins Bein ablenkte. Dass aus seinem finsteren Plan am Ende eine verhasste Zusammenarbeit mit seiner alten Feindin wurde, wollte er so besser nicht sehen. Am Ende war er der Abgelenkte, der den tödlichen Hieb in die Brust bekam. Er versuchte seine Du-siehst-nix-mehr-Methode von früher, bei der er dem beinahe übermächtigen Gegner einfach das Augenlicht nahm. Aber Wildschweine hatten lange Schnauzen und die Augen standen viel zu seitlich, er hätte maximal eines erhaschen können. Dann hatte er wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit des Pflanzenfressers und alles war umsonst gewesen. Tihar warf sich notgedrungen auf den Rücken und „bearbeitete“ das Wildschwein von unten. Vor seinem nächsten Ansatz warf er Skadi noch ein

„Das ist nichts für Fähen!“, zu, falls er nicht mehr dazu kam, noch etwas in dieser Art zu äußern.

Unter den Titten der Hufen versuchte er die Kehle des Wildschweins zu erwischen. Aber das Tier war außerordentlich wendig. Tritte auf seine Brust. Stampfen auf seinem Hals. Er musste dem Wildschwein den tödlichen Biss versetzen, sonst machte er sich zum Vollidiot. Leider war auch an dieser Stelle das Fell äußerst dicht, die Haut zäh. Er schnappte nach der Gurgel und drückte zu. An Durchbeißen war nicht zu denken, so blieb ihm nur die Hoffnung, dass dem Wildschwein irgendwann die Piste ausging – und zwar für immer. Das war die späte Rache dafür, dass das Tier ihn so gedemütigt hatte vor den Augen so vieler unfähiger Wölfe.

[Skadi, Teyjen, Lynx & das Schwein | Gebirge]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
21.04.2013 11:54 Forum: Das Tal

Er war schon ganz entkräftet vom vielen Lachen! Der Winzling war noch weit mehr als nur ein gefundenes Fressen für eine kaputte Seele wie die seine. Er war in aller erster Linie eine Lachnummer. Dieser Riesenwelpe begriff gar nichts! Es war schon schlimm genug, dass Kämpfernaturen wie seine edle Schwester zu früh aus dem Leben getreten wurden, während einer wie der da von allen beschützt und umsorgt wurde. Dann wollte er sich wenigstens seiner Gestalt annehmen und ihn ausgiebig niedermachen, bis es nicht mehr ging. Das Schönste, das allerschönste für ihn war aber, wie er seiner Erzfeindin Skadi die Show stahl! Sie war die Anführerin und doch bestimmte er wo es langging. Er entschied wann gelacht und geweint wurde, er entschied über wen die anderen nachdachten und wen sie zu hassen hatten. Er spaltete die Gruppe und fühlte sich gut dabei. Er hatte die absolute Macht. Das ging viel einfacher als irgendwelche Herzen zu erobern, nur um im nächsten Moment wieder enttäuscht zu sein. Firlefanz! Mit so was gab er sich nicht ab. Sein Leben bestand aus Hass und Bösem, damit hatte er seit je her gelebt. Er hatte den Tod früh in die Wiege gelegt bekommen und es nie mehr bereut. Er war der Sohn der Verdammnis und obendrein noch stolz darauf. Wölfe wie der Kleine dort bestätigten seine perverse Lebensüberzeugung jeden Tag aufs Neue. Herrlich. Im Wahrsten Sinne des Wortes. Herr der Finsternis, das war er.
Dummerweise wurde seine Show von einem dreistdämlichen Pflanzenfresser unterbrochen. Vor lauter Gelächter hatte er nicht mitbekommen, dass da dieses Vieh angeschossen kam. Als er das graue Geschoss im Blickfeld hatte, war´s schon fast zu spät. Ausweichen? Wozu? Vor einem Schwein? Darüber hätte er fast wieder lachen können. Aber zu spät. Das Tier hatte es wirklich gewagt ihn anzugreifen. Es warf ihn um als war er nichts anderes als eine Wurzel am Boden. Der Druck presste die Luft aus seinen Lungenflügeln und ein erregender Schmerz zuckte durch seinen ganzen Leib, der Blitz leuchtete vor seinem geistigen Auge auf. Ein ächzender Laut und dann der kalte Schnee an seiner warmen Nase. Konnte es sein, dass er dank eines außer Rand und Band geratenen Wildschweins im Dreck gelandet war?! Mit einem tödlichen Blick starrte er auf diesen vermaledeit unschuldig weißen Schnee, bevor sich in seinem Geist genug Wut angesammelt hatte, die nach Vergeltung schrie. Was war das für ein hirnloses Schwein? Das musste die Reinkarnation dieses Großmauls sein, das schon einmal gemeint hatte, man konnte ihn derart zum Narren halten! Nichts da! Das schrie nach Vergeltung. Er ließ sich seinen wölfischen Stolz – er, der Canis Lupus Piagus! – nicht von einem Wildschwein nehmen! Mit weiteren Ächz-Lauten kämpfte er sich wieder auf seine Beine, die so zittrig waren wie in frühen Welpentagen. Er begutachtete sie mit einem forschen Blick. Wollt ihr wohl standhalten?! Es gibt Arbeit. Je länger er sich mit dem Gegenschlag Zeit ließ, desto tiefer fraß sich die Narbe in seinen verletzten Stolz. Ein Wildschwein! Sapperlot! Was waren das für Zeiten, in denen ein Rüde von diesen Dreck liebenden Pflanzenfressern umgerannt wurde?!? Ohne weiter zu warten drehte er sich um und zwang seine vor Schmerzen brennenden Läufe, die Distanz zu dem Tier rückgängig zu machen. Es war ja nicht so, dass er dem Wurmwolf diese kleine Beinfolter nicht auch gegönnt hätte. Nur leider hatte er keine Geduld, abzuwarten, bis es ihm die stöckchendünnen Läufe brach, denn ein Gegenschlag musste her – sofort!
Tihar schnaufte vor Wut und warf sich blind auf das Schwein. Ungeachtet jeder Kampfregel verbiss er sich im Rücken des Wildschweins und wartete ab, welches nette neue Leid das Schicksal diesmal für ihn bereithielt. Vielleicht rammte es seine Stoßzähne in seinen Hals und er erstickte an seinem eigenen Blut. Netter Gedanke. Aber nicht ohne dass das provokante Tier in tausend Stücke gerissen worden war – von einem lebensmüden, von Stolz und Selbstzerstörungssucht zerrissenen Piagus-Wolf, der nichts mehr zu verlieren hatte!

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Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
02.04.2013 14:26 Forum: Das Tal

Seine kleine Brandstiftung hatte vollen Erfolg gehabt. Er hatte seine werten Mitwölfe verunsichert, verängstigt und ihre Gutmütigkeit in Wut umgekehrt. Konnte es für ihn besser kommen? Der Höhepunkt wäre gewesen, sie hätten sich gleich auf ihn geworfen und ihn aus seinem schmutzigen Lebensrest geworfen. Aber so viel konnte man selbst von einem aufgebrachten Wurm und einer vermaledeiten Hexe nicht erwarten. Sie waren und blieben Feiglinge, die ihn zwar hassten und mit Worten beschmutzten, aber keiner von ihnen hatte genug Mumm, ihm eine zu verpassen. Er war freilich genauso wenig bereit den Schritt darauf zu gehen, schließlich wäre das keine Kunst gewesen. Die Kunst der Zerstörung war es, die zerstören zu lassen, die eigentlich mal genau das Gegenteil vorgehabt hatten. Und wenn sie ihn am Ende lynchten wie es Claire ergangen war, würden sie merken, dass sie sich schuldig gemacht hatten. Mit seinem Blut an ihren Zähnen luden sie den Fluch auf sich, der ihn sein ganzes Leben schon wie ein finsterer Schatten begleitete.Doch nichts sehnte er mehr herbei, als sie alle zu verderben, auf den Weg der Qualen und der Selbstzerstörung zu schicken.
Aber geschockt hielt er inne, als er die an ihn gerichteten Worte vom Wurm hörte. Ja lernte der Winzling etwa nicht dazu? Eben hatte er noch erzittert vor seinen Worten und jetzt fuhr er ihn an, ganz als war er nichts anderes als sein bester Kumpel, der etwa nur Witze machte?! Ein abfälliger Blick im Schatten seines Leibs. Ganz offensichtlich war die Tour bei dem Kleinen schwerer als gedacht. Der war einfach zu dämlich um zu kapieren. Tihar wollte ihn anspringen und ihm alle Knochen durchschütteln, bis er sich freiwillig vom Berg stürzte vor Furcht. Enttäuscht über diese schier grenzenlose Naivität, die seiner Befürchtung nach fast noch die von Takata übertrumpfte, grummelte er in sich. Aber Skadis Gerede ließ ihn wissen, dass seine Saat des Hasses nicht ganz umsonst gewesen war. Und so lachte Tihar wieder finster und grausam, wie es ihm gefiel. Auslachen! Was für ein gutes Stichwort. Leider war der Wurm selbst zum Auslachen nicht zu gebrauchen, weil der nicht mal mitbekam, wenn man ihn auslachte. Der glaubte noch, er forderte ihn zum Spielen auf, oder was?! Doch wie gut, dass seine Erzfeindin noch da war. Ihr kindischer Versuch, sie alle ins gelobte Himmelreich zu führen, veranlasste ihn zu neuem Hohn.

„Kleiner Wurm … Krähenfraß!“

Ja der Gedanke gefiel ihm. Sie alle waren nichts als Aas. Bis auf ihn, er war der Aasgeier, der sich an ihren sensiblen Gemütern labte. Köstlich.
Trotzdem war er der Erste, der sich jetzt auf den Weg machte. Vielleicht hatte er Glück und es kam ein weiterer Steinschlag. Der Weg durch diese Berge war das reinste Russisch Roulette. Ein Stein für den Wurm, einen für seinen Freund. Sein schwerer Schritt zermalte den viel zu sanften Schnee. Aber mit jedem Schritt, mit jeder bösen Idee verbrauchte sich seine kranke Seele wie eine gute Pfeife. Ein Genuss, zum Sterben schön.

[Skadi, Teyjen, Lynx | Gebirge]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
13.03.2013 15:58 Forum: Das Tal

Wie sie zappelten und krächzten! Wie sie schrien und zeterten!
Wie sie ihn hassten! Sie wollten ihn brennen sehen, doch ihr Hass auf ihn war seine Stärke, sein Quell des Lebens. Er war erst wenige Schritte von Skadi entfernt, als auch schon eine blühende Reaktion von ihr erfolgte. Sie drohte ihm, ihn aus dem Rudel zu schmeißen. Rudel? Ja welches Rudel denn?! Dies war – wenn überhaupt! – nur noch ein halbes Rudel. Tihar hustete ein finsteres Lachen, so böse wie die Dämonen selbst. Er war ein Dämon, nun mehr erst recht. Er war zu dem geworden, was seinen Fluch ausmachte. Jetzt, nachdem alle zugrunde gegangen waren, die er für wichtig und nützlich befunden hatte, konnte er sich alles erlauben. Trotzdem verspürte er den beißenden Drang, das große Finale aufzuschieben. Nur ein Stück anstoßen und sehen was passierte. Sein letztes Anstoßen – wie immer ohne jede physische Gewalt – hatte eine Lawine ausgelöst, die den Steinschlag der Berge um Längen übertraf! Sogar ein kleiner Wurm wie der dort drüben, Bruderherz!, wurde vom Bösen befleckt und ließ sich zu Gesten, verhassten, schlechten Gedanken verleiten, die er ohne ihn niemals erlangt hätte. Was war besser als ein toter Wurm? Ein veränderter, manipulierter und in seinem Wesen verdorbener Wurm. Sollte er jemals wieder mit seinem Bruder vereint sein, so würde dieser seinen kleinen Schwächling nicht wiedererkennen. Tihar tat alles daran, sie zu lenken, sie zu manipulieren und ihr Bewusstsein auf das zu lenken, das er für wichtig befand. Sie sprangen darauf an und merkten es nicht mal. Sie hassten ihn und begriffen nicht, was sie dabei mit sich selbst anstellten. Aber Tihars scheußliches Gelächter wurde lauter, als in ihm die nächste, böse Idee geboren wurde. Welch glorreicher Gedanke! Was für ein Einfall … sein ganzer, schwarzer Leib schüttelte sich aus dunkler Freude, nach diesem einen Gedanken. O nein, er würde dem Kleinen kein Härchen krümmen. Auch sein weißfelliger Freund sollte verschont werden, seine Lieblingsfeindin erst recht – vorausgesetzt sie griff ihn nicht doch noch leibhaftig an – . Er würde seinen alten Kämpferleib nicht mit ihrem unwerten Blut beflecken. Das würden sie für ihn selbst übernehmen, früher oder später. Doch wohl eher früher. Fürs Erste hatte er genug in die Wege geleitet. Er schlich sich wie ein finsterer Schatten vom Platz und suchte einen Ort des Rückzugs am Rand. Dort nährte er seine kranken Gedanken bis zum nächsten Schlag.

http://www.myvideo.de/watch/3526730/Falco_Out_of_the_dark

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Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
16.02.2013 17:41 Forum: Das Tal

O wie sie ihm Nahrung gaben! Tihar spürte sehr genau, wie seine Kräfte wiederkehrten. Auch wenn sein Leib geschwächt war, innerlich war er wieder vollauf, nach Yukas Tod. Wie ihn der Würmling anblickte, in seiner gleißenden Hilflosigkeit! Mehr, mehr mehr!
Tihar grinste, seine Lefzen zuckten, zum Lachen bereit. Sehr schön. Sie litten und er hatte was davon. Genau so musste es sein. Endlich war dieses Heile-Welt-Spiel vorbei und die große Klappe des kleinen Wolfs war verstummt. Und wie niedlich der weiße Wolf dem Winzling Trost schenkte, aber doch keinen Halt fand. Stattdessen … gipfelte das Meisterwerk eines realen Dramas darin, dass sich der Welpe zu den Steinen begab und vor ihnen niedersank wie ein nasser Sack. Herrlich und schön mit anzusehen. Nur wie kam es, dass der Kleine so wunderbares Leid erfuhr, wo er doch überhaupt nicht zu den Wölfen gehörte, die im Schatten seines Fluchs standen? Sonst hatte es immer nur diejenigen getroffen, die Tihar für irgendwas brauchte. Selbst Takata war platt, im wahrsten Sinne des Wortes. Das Schicksal hatte grausam zugeschlagen und er durfte sich daran erfreuen.
Tihar hielt inne. Was stotterte der Würmling da? Er? Er verstand nicht. Wie konnte er ihn dafür verantwortlich machen, dass Steine vom Berg kullerten? Hatte er, ja er selbst, der er ihm nichts sehnlicher als das größte Seelenunheil gewünscht hatte, ihn nicht gar aus purer Ironie heraus vor diesem Unglück gewarnt? Er konnte nur auf sich selbst sauer sein. Wie er ihn, so böse er auch war, schon wieder dafür verantwortlichen machen konnte, verstand er nicht. Diese Guten hatten einen Hang dazu, immer auf ein- und dieselben einzuhauen. Im Grunde tat er ja nichts anderes, nur umgekehrt.
Doch das ganze war ja noch viel verrückter als er geglaubt hatte. Der Welpe schimpfte die Steine an! Tihars Lachen wurde hörbar. Das war so unfassbar albern, dass es selbst bei einem wie dem da schon hohl wirkte.
Du hast mir meinen Bruder genommen.
Da war der Knackpunkt. Jetzt konnte der Tiefschwarze nicht anders, als mit einem lauten Gelächter herauszubrechen und sich ausgiebig darüber auszulassen. Leid, Leid, nichts als Leid!

„Seht her! Sein übermächtiger Bruder Kevin ist tot und er schimpft mit den Steinen!“

Er stieß die Schnauze in Richtung Himmel und lachte aus voller Kehle, wie schon lange nicht mehr. Die schmerzenden Wunden an seinem Körper ließ er dabei außer Acht. Zu herrlich war das niedliche Drama, dass sich vor seinen finsteren Augen abspielte. Seit Ewigkeiten hatte er sich nicht mehr so gut gefühlt, wie in diesem Augenblick. Er war in seinem Element: dem Bösen!
Endlich war dem großschnäuzigen Würmling genau dasselbe widerfahren, das er damals durchgemacht hatte. Erst verlor er seine Eltern, dann seinen Geschwisterwolf. Das alles war so schön mit anzusehen. Wie hatte er persönlich gelitten, als er die beiden gesehen hatte, wie der Große den Kleinen vor seinen bitterbösen Worten getröstet hatte. Keine Angst, Kleiner, ich bin für dich da. Doch jetzt, da hatte er niemanden mehr. Er hatte die kalte Kralle der Realität in seinem Nacken und Tihar freute es. Und das alles hatte sein hässlicher Fluch bewirkt. Nicht zu glauben, dass der noch mal was zunutze sein – was zum Teufel war denn das?!?! Tihars Lachen endete abrupt und er riss den Kopf in Richtung der Steine. Der dumme Beschützerwolf heulte noch, wenn er schon Matsch unter den Steinen lag?! Wie konnte denn so was möglich sein! Tihar trat näher an die Steine heran. Von wegen unter den Steinen … auch Takata war quicklebendig. Die ganze Bande! Verfluchtes Gutwolfpack! Ein tiefes Grollen verließ seine Kehle. Der kleine Wurm hatte so unverschämtes … unglaubliches … verfluchtes Glück gehabt! Das durfte nicht wahr sein! Tihar zitterte vor Wut. Aber noch waren die Zwei nicht vereint. Es war nicht schwierig, das Ganze einfach umzudrehen. Er konnte dem Beschützer auch seinen Bruder wegnehmen … nur … waren da noch die anderen beiden. Wieso um alles in dieser verdammten Welt war sein elender Beschützerbruder nicht draufgegangen? Wieso nicht mal wenigstens er? Wieso sollte er sich jetzt die Pfoten schmutzig machen und diesem Winzling den Hals umdrehen, wenn das doch die Steine hätten erledigen können. Er biss sich fast auf die Zunge vor Hass über so viel Glück. Rasch entfernte er sich von dem wimmernden Etwas, bevor er sich doch noch auf ihn stürzte, aus puren Instinkten heraus! Was würde nur seine holde Freundin Takata dazu sagen, wenn er doch noch zum Mörder wurde. Würde sie enttäuscht sein? Niemals. Die war so naiv, die würde ihn selbst dann noch vor dem Beschützer verteidigen.
Dicht zog er an seiner alten Erzfeindin vorbei.

„Besser, du lässt dir was einfallen, sonst schubse ich den Kleinen über die Kante!“

Dazu ein weiteres Grollen. Ja wenn es hier noch jemanden gab, der ihn wirklich überraschen konnte, dann sie da. Er wollte mal sehen, wie eine wie Skadi so eine Ansammlung von Wölfen zurück zu den anderen führte. Sie war jetzt quasi die Leitfähe und hatte die wunderschöne Aufgabe, einen Jammerlappen, einen nutzlosen Weißen und einen verhassten Piagus-Wolf, ihn, der er sicher auf keinen ihrer Befehle hören würde, zusammenzuhalten. Eigentlich ein niedlicher Gedanke.

[Skadi, Teyjen, Lynx | bei den Bergen]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
05.02.2013 18:20 Forum: Das Tal

Amüsiert hustete der Schwarze sein Lachen. Das Gequackel des Jungwolfs amüsierte ihn nach langer Zeit. Eigentlich musste er dem Würmchen dankbar sein. Ohne ihn hätte er sich zu Tode gelangweilt. Er hätte gar keinen Grund gehabt, dieser Gruppe weiter zu folgen. Takatas Scheitern beizuwohnen für sich allein war langweilig. Sie war gar nicht mehr so hübsch naiv und kindisch wie noch vor einiger Zeit. Sie war viel eher schon ein bisschen pessimistisch geworden, er hatte abgefärbt.
Ein bisschen stolz über die Wirkung seines an und für sich sinnlosen Geredes schritt er weiter voran. Wenn jetzt irgendwo auch nur eine Fliege hustete, würde er zusammenklappen. Er konnte drauf warten. Er konnte die Angst sogar riechen, die von dem Winzling ausging. Da konnte sein Beschützer noch so reden.
Die „Fliege“ hustete sogar äußerst laut und jagte sogar ihm einen Schrecken ein. Von Reflexen getrieben, aber wirklich nur von denen, warf er sich zu Boden und hielt den Kopf unter seine Brust, um schlimmere Verletzungen zu verhindern. Es war nicht so, dass er Angst hatte, reine Reflexe zwangen ihn dazu, in Deckung zu gehen. Er war damit nicht allein, weil die anderen mit Sicherheit das Gleiche taten. Außer der Winzling und sein weißer Freund, die starben sicher bereits vor Angst. Kein Wunder auch, denn die monströsen Gesteinsbrocken hagelten über ihren Köpfen hinweg. Die Schneebriese war wie die eiskalte Ankündigung für das, was folgen konnte. Wenn sie jetzt begraben wurden, waren die Karten neu gemischt. Am Ende lag er unter einem Stein, röchelnd und einer der Schwächlinge unversehrt vor ihm mit einem hämischen Grinsen im Gesicht. Aber auch das wäre ihm recht gewesen. Er nahm die Natur so wie sie kam, ohne Jammern und Betteln!
Getroffen wurde er nicht, nur den Schnee musste er sich aus dem Pelz schütteln. Der Krach war vorüber, das Blickfeld anhaltend gestört. Tihar wankte leicht auf seinen Läufen. Jetzt galt es erst mal, wieder Herr der Lage zu werden. Er war nicht getroffen worden, aber das hatte er gewusst. Er besaß den Fluch und das bedeutete, dass nicht er starb sondern nur jene, die ihm entfernt nützlich waren, egal in welcher Form. Dazu gehörte natürlich nicht … igitt! Fast wäre er gegen die widerspenstige Hexe gestoßen. Dass eine wie die überlebte, war genauso klar gewesen. Kühl warf er einen Blick in das Gesicht dieser hustenden Skadi. Er hätte sie schon mögen müssen, damit sie jetzt ums Leben gekommen wäre. Vielleicht ein andermal.
Er sah weiter. Was hatte sich denn da für eine Geröll- und Schuttmauer aufgetürmt? War das nicht die Richtung gewesen, in die sie reisen wollten? Oh wie schockierend! Dann hatten die Steine scheinbar die Hälfte dieses niedlichen Rudels aus dem Leben geschnippt. Ein finsteres Grinsen legte sich auf seiner von Wunden gezierten Visage nieder. Sehr schön. Mal schauen, wer noch übrig ist. Oh Gott! Seine um alles in der Welt geliebte Takata war nicht mehr! Jetzt war aber drei Tage Trauer angeordnet! Sehr schön. Und sonst? Der Winzling. Unglaublich, auch der hatte überlebt. Mehr Glück als Verstand hatte dieser Wurm. Das Gleiche galt für seinen Freund. Immer die Nutzlosesten überlebten. Aber wo war eigentlich der Bruder von Freund Zittrige Pfote? Sein Grinsen verwandelte sich in ein erregtes, lautloses Fletschen. Goldig! Der Winzling hatte seinen Bruder verloren. Wenn das nicht ein Grund zum Lachen war. Eben noch hatte er große Töne gespuckt und wollte seine (zugegebenermaßen eher unsinnigen) Warnungen nicht annehmen und kaum dass er zu Ende getönt hatte, war sein großer Bruder plattgemacht worden. Wie ein Aasgeier schlich er in die Richtung des Jünglings und setzte gute Miene zum bösen Spiel auf.

„Na, kleiner Freund? Ist dir auch … kein Haar gekrümmt worden?“

Mit der unbändigen Wut eines schuldigen Bruders und dem nicht zu zügelnden Hohn eines Sadisten spielte er den tollkühnen Retter, der so tat, als hatte er ernsthaft Interesse an der Unversehrtheit eines kleinen/großen Sprücheklopfers.

[Skadi, Teyjen, Lynx | bei den Bergen]
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
25.01.2013 11:03 Forum: Das Tal

Dieser vermaledeiten Hexe konnte man nichts vormachen! Takata scheint von deinem Fluch aber relativ unberührt zu sein! Der Schein trügt, wie so oft! Und er hatte gute Lust, ihr das zu beweisen. Nur hätte sie sich dafür auf ihn verlassen müssen und das tat sie im Leben nicht. Wenn er selbst sich je auf etwas hatte verlassen können, dann auf seinen Fluch. Erkannte sie denn nicht? Er hatte ihr mehr Wissen gegeben, als sie verdient hatte. Viel zu viel wusste sie schon über ihn, als seine alte Erzrivalin. Aber sie wollte partout keinen Fluch sehen! Dass Takata davon unberührt schien, war nur ein weiterer Fehleindruck. Sie hätte ihre weiße Freundin vielleicht mal hören sollen, als sie ein Anfall von Pessimismus und Missmutigkeit überkommen hatte, oder wie sie vor ihm gekrochen war, als zwischen ihrer Kehle und seinen Zähnen nur noch eine Kralle breit gestanden hatte. Am Ende wurde sie noch genauso zu einer gutgläubigen Blumenzählerin wie Takata. Nur weil einmal für ein paar Augenblicke lang kein Unglück über sie hereingebrochen war, begann sie gleich an das Gute zu glauben. Er war enttäuscht von ihrer Haltung, hatte sie doch weder an das Gute, noch an das Böse geglaubt, wie sie ihm mitgeteilt hatte. Auf eine Skadi konnte man sich auch nicht mehr verlassen.
Abwesend sah er zur Seite. Was kümmerte ihn, wie sie über ihn dachte. Obwohl. So ein bisschen hatte er seinen schlechten Ruf schon immer gepflegt. Nicht, dass er jetzt verkam! Wer war er denn noch, wenn selbst die Schwärze seiner Seele verblasste. Wuchs ihm etwa schon ein erstes, weißes Takata-Haar im Pelz? Schütteln!
Aber er musste sich jetzt nicht weiter den ohnehin schon angeschlagenen Kopf darüber zerbrechen. Seine weiße Freundin hatte etwas Wichtiges zu vermelden. Berge! Großartig. Als ob er das nicht auch selbst gesehen hätte, vorausgesetzt er hätte sich nicht gerade über die Pflege seines schlechten Rufes Gedanken gemacht. Tihar schnaufte verächtlich. Skadi und Takata konnte er nicht mehr beeindrucken, zu sehr schon war seine Schwärze verblasst. Aber wie stand es um den kleinen Grashüpfer weiter hinten? Er konnte ihn etwas entmutigen. Wenn er Glück hatte, würde er wieder große Reden schwingen und sich vor versammelter Mannschaft lächerlich machen. Er drehte den Kopf etwas nach hinten, bevor er lauthals sprach.

„Wir können auch umdrehen. In den Bergen gibt es ohnehin nur langweiliges Zeug. Übergroße Greifvögel, Eisblitze und weiße Bergbären, die mit Vorliebe junges Rüdenfleisch verzehren, langweilen mich nur.“

Ein gezielter Blick auf den unsicheren Stotterer.

„Gehen wir ruhig zurück.“

Sehr gut. Vielleicht drehten sie wirklich um und liefen direkt zurück in ihr Verderben. Und wenn nicht, dann war sein stetes Schlottern und Bibbern vor nicht realen Gefahren reine Musik in seinen schwarzen Ohren. Armer Jungwolf! So viele böse Gestalten um dich herum. Alle wollen dir nichts Gutes. Er hingegen fürchtete sich nicht, er hatte nichts mehr zu verlieren. Das einzige, was ihn noch bei der Gruppe hielt, ihm neue Kraft verlieh, war die Schadenfreude gegenüber den Schwächsten. Er konnte die Angst schon riechen!

( Takata & Skadi ; Teyjen, Lynx, Kyevjen, Shiro entfernt )
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
04.01.2013 12:33 Forum: Das Tal

Nix Lügen, Skadi wusste ja alles! Schade, konnte er sich keine schöne Geschichte mehr ausdenken! Er versuchte ein schwaches Grinsen , aber es klappte nicht so recht. Natürlich war er abgehauen! Was hatte er mit dieser leichtsinnigen, leichtfüßigen Fähe am Hut gehabt! Wer hatte ernsthaft von ihm erwartet, dass er seinen Allerwertesten für dieses naive Ding aufs Spiel setzte? Zu dem Zeitpunkt wusste er ja noch nicht, dass der Bär nur auf Stress aus war. Zum Kräftemessen war er jederzeit bereit – gewesen. Jetzt war das Zottelmonster tot und er hatte überall schmerzende Wunden und sah aus wie ein gerupfter Vogel. Aber er konnte stolz sein. Im Töten war er gut, im Sterben-Lassen allerdings genauso. Und warum sollte Larka überleben, wenn seine eigene Schwester und dieses vermaledeite Patenkind Yuka unter seinen Pfoten weggestorben waren?

„Niemand entkommt meinem Fluch!“, raunte er. „Wer sich auf mich verlässt, ist selbst verlassen!“ Ein bisschen Hohn und Spott dazu und fertig war seine Hasssuppe.

Wenn Zita geglaubt hatte, er warf sich lebensmüde vor ihre Freundin, nur weil sie ihre Freundin war, hatte sie sich geschnitten. Was kümmerten ihn die Sorgen anderer?! Er hatte selbst so viel Mist durchgemacht. Wer hatte seine Schwester gerettet? Niemand! Nicht mal er selbst. Sollte Zita trauern, weinen und ihn dafür hassen. Hatten sie wenigstens etwas gemein. Mit dem kleinen Unterschied, dass er seit dem Vorfall genau wusste, wie viel Mitschuld er am Tod Claires trug.
Aber Yuka würde niemals den Platz seiner Schwester einnehmen. Das hätte sie nicht gekonnt, wenn sie groß geworden wäre und das tat sie auch jetzt nicht. Sein Gedanke war nur bei ihr, bei seiner stolzen, fiesen, unartigen Schwester, die ebenfalls als Märtyrerin gestorben war. Sie war für ihren gehässigen und verfaulten Charakter draufgegangen. Prost!

( Takata & Skadi ; Teyjen, Lynx, Kyevjen, Shiro entfernt )
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
19.12.2012 18:41 Forum: Das Tal

Wie sie ihn alle unablässig hassten, verabscheuten, verfluchten! Er genoss es in vollen Zügen. Bis auf Takata hatten längst alle Wölfe erkannt, wie verabscheuenswürdig er war. Innerlich wollte er kichern, es war Morphium für seine blutenden Wunden. Das tat ihm viel besser als jeder Trost der Welt es je gekonnt hätte.
Jetzt hatte er die beiden Fähen genau im Blick, aus seinen düsteren Augen. Sie unterhielten sich wie zwei alte Waschweiber. Aber ihm entging nicht, dass sich der Schleier des Missmuts über seine weiße Unschuldsfreundin gelegt hatte. Seine schlechte Haltung dem Leben gegenüber hatte angesteckt. Vielleicht war sie jetzt auch von seinem Fluch besessen.
Aber so ganz wirksam war seine gehässige Haltung vielleicht doch nicht mehr. Angst hatte bis auf die üblichen Jammerlappen im Rudel, der kleine Wurm zum Beispiel und vielleicht auch sein weißer Freund, keiner mehr vor ihm. Aber das war auch egal. Es gab noch mehr, was ihm eine Genugtuung war, als die bloße Angst der anderen vor ihm. Der Hass zum Beispiel.
Wurde er doch aus seinen missgünstigen Gedanken gerufen, als Takata seinen Namen nannte. Er schnaufte. Um was ging es denn überhaupt? Was, Freundin, wer?!
Ganz entfernt dämmerte es wieder in ihm. Freundin … Zita … oh natürlich! Das war die zum Leben nicht fähige Wölfin gewesen, die so fürchterlich schön um Hilfe gejammert hatte, um dann doch vom Schlund des Todes zerquetscht zu werden. Ein Drama auf höchster Ebene! Leid, Leid, nichts als Leid!
Die Wahrheit bitte … hatte er denn jemals was anderes gesagt als die Wahrheit? Doch. Er hatte doch tatsächlich einmal behauptet, der Anführer dieses Rudels zu sein. Dabei war das doch gar kein Rudel.
Was interessierte ihn diese Geschichte noch. Er konnte Takata jetzt irgendwas wunderbar Falsches auftischen und versuchen, endlich das Feuer des Hasses in ihr auf ihn zu entfachen. Aber leider war diese Wölfin total unbrennbar. Wenn er jetzt aber ganz unverblümt die Wahrheit ausspuckte, dachte sie am Ende noch, er hatte gezielt sie vor dem Bären bewahrt, der ironischer weise derselbe gewesen war wie der damals bei Zitas liebreizender Freundin, während ihm die andere Fähe egal gewesen war. Ach Tihar ich habe es doch immer gewusst. Du liiiiiebst mich!
Leck mich.
Vor seinem geistigen Auge lief noch einmal ab, was sich zugetragen hatte. Bei Larka, ja das war ihr Name gewesen, selbst daran erinnerte er sich noch, da war das ganze ratzfatz vorüber gewesen. Ein Biss und sie war tot. Ein trauriges Schicksal für Zitalein. Kurz und schmerzlos für ihre Freundin. Und bei Takata … da hatte er echt was abbekommen, noch immer zeugten seine Wunden davon, obwohl sein Gegner längst nicht mehr am Leben war. Stolz. Ihm fiel ein, dass er den Sieg über den Bären vielleicht nicht errungen hätte, hätte sich im geeigneten Moment nicht Takata eingemischt. Und einmischen, das tat sie ja für ihr Leben gern. Dadurch hatte sie das Zottelmonster abgelenkt und er konnte dem Bären an seine lebensbedrohende Stelle gehen. Schnaufen.

„Larka, diese sogenannte Freundin … war nicht im Stande gewesen ihr Leben zu verteidigen. Ihr Schicksal hat sie eingeholt“, ließ er mit finsterer Stimme hören. Das war die Wahrheit, bitte sehr, hässlich wie immer.
„Nur die Furchtlosen sind im Stande, eine Übermacht zu besiegen. So wie wir.“

Furchtlos … war ganz sicher kein Adjektiv, dass seine weiße Freundin Takata verdient hatte. Er trug dick auf, aber es war noch gerade so die Wahrheit, mit Hang zum Übertreiben. Keine Frage. Aber wie er es genoss, die Unfähigkeit dieser Freundin zu umschreiben, das war schon ein Erlebnis. Selbst eine Takata konnte etwas Nützliches tun. Was also musste diese Larka für ein Wolf gewesen sein, wenn sie sich vor lauter Angst in ihren eigenen Schatten geflüchtet hatte. Nur er war bereit gewesen, als Märtyrer für seine radikale Schwarz-Weiß-Menatilität zu sterben!

( Takata & Skadi ; Teyjen, Lynx, Kyevjen, Shiro entfernt )
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
29.11.2012 21:36 Forum: Das Tal

Seine Kräfte kehrten zurück, immerhin die geistigen. Er fühlte sich stark und mächtig wie in seinen besten Tagen, ungeachtet seiner Wunden und Narben an seinem Leib. Was er mit seinem Satz ausgelöst hatte! Er hatte kein einziges Schimpfwort in die Welt gesetzt und doch eine Lawine der Empörung ausgelöst. Was war er doch nur für ein hochrangiger Unruhestifter, der nur seine scheußliche Stimme erheben musste, um alle anderen um sich herum in Angst beziehungsweise Kampfbereitschaft zu versetzen. Tihars schmutzige Rute fuhr langsam höher. Rehabilitation in Hochgeschwindigkeit. Das hatte ihm Takata während ihrer gesamten Bekanntschaft noch nicht geben können, was er allein von diesem Würmchen hier bekam. Yukas Tod war längst vergessen. Yuka. Wer war denn Yuka! Es blühte in ihm auf. Die schwarze Wölfin gab zu, überhaupt keinem in dieser mickrigen Gruppe aus Wölfen zu vertrauen. Damit hatte sie alle gegen sich, bravo! Der große Kerl, Kyevjen hieß er, so wie er es der zittrigen Würmchenstimme entnahm, hatte sich längst eingemischt und sich schützend vor seinen kleinen Freund geworfen. Er warf ihm vor, mit seiner Art nur Hass zu schüren. Bravo! Er begriff schnell. Shiro und Kyevjen gehörten zu den Kämpfern und waren interessante Gegenspieler. Das Würmchen und der weiße Rüde allerdings waren viel mehr so etwas wie Lockvögel. Wenn er einen der beiden Kämpfer aufscheuchen wollte wie der Mäusebussard die kleinen Nager, dann musste er sich nur im Nacken einer der zwei Schwächlinge verbeißen.
Noch immer nicht hatte er Klarheit, wie Kyevjen und das Würmchen zusammenpassten. Waren sie auch so ein nettes Pärchen? Aber aus welchem Grund sollte sich ein Riese wie Kyevjen mit einem wie dem da zusammentun, der kaum als Rüde durchging? Wer war er schon? Pilgrim in jungen Jahren? Niemals! Da musste es eine andere Verbindung geben. Blieb nur noch, dass sie Brüder waren, einige Ähnlichkeit besaß ihr Fell schließlich. Er nickte leicht, als er sich sicher war, den Schlüssel zu haben. Wie unüberlegt Kyevjen doch gehandelt hatte. Wäre er er so klug wie stark, hätte er sich nicht bei der erstbesten Provokation vor sein Brüderchen geworfen und ihn gegen ihn verteidigt, sondern eher unwichtig getan. So wusste Tihar genau, wie er ihn beeinflussen konnte. Ein paar kleine Worte veranlassten schnell eine große Wunde in der guten Seele des Rüden. Bezichtigte er das Würmchen als das was er war, als einen Schwächling, dann riss es Kyevjen das Herz heraus. Der Schwarze sog die Luft durch seine Nase und kostete das Gefühl wiedergewonnener Macht. Herrlich. Adé Pimbim, adé Nuyol. Er hatte neue „Freunde“ gefunden.
Er grinste siegreich, als das namenlose Würmchen seine Niederlage sofort und ohne Umwege eingestand. Dazu ein Nicken. Kyevjens mächtige Worte spülte der Kleine runter wie nichts. Alles umsonst. Einfach herrlich.
Aber im nächsten Moment sprach der Würmling zu ihm persönlich. Tihar hielt seinen finsteren Blick genau auf sein Gesicht, auch wenn Kyevjen wie eine Wand zwischen ihnen stand. Der Kleine bestätigte seine Vermutung. Sie mussten Brüder sein. Aber was er zum Schluss sagte, war wie ein Dolch in seinem Herzen. Der Kleine hatte es geschafft, ihn zu treffen und das ohne es zu wollen. Tihars Grinsen verschwand im Nichts und ein betroffenes Entsetzen zeichnete seine eben noch so hochmütige Miene. Wer sein Leben für ihn riskieren würde? Die Frage war eher, für wen er sein Leben riskieren hätte müssen! Jetzt spürte er auch wieder die brennenden Wunden vom Kampf mit dem Bären, sogar die alten Narben, die als Andenken seiner Eltern ewig auf ihm liegen sollten. Das war ein reiner Zufallstreffer! Der Kleine hatte keine Ahnung, wie er ihn getroffen hatte. Zähneknirschend warf er ihm noch rasch etwas zu, doch er konnte seine vorläufige Niederlage nicht verbergen.

„Du hast keinen Schimmer. Dafür bist du viel zu klein, Welpe!“

Anschließend beschleunigte er und lief weiter vor. Er rechnete mit Empörung seitens seines Bruders. Aus der Lust, ihn zu verletzen, war die Furcht geworden, dass man auf dem herumtrampelte, was er bereits durchgemacht hatte. Egal. War alles egal. Ablenkung musste her.

( Nähe Teyjen, Kyevjen, Kuroshiro, Lynx; nähert sich Takata & Skadi )
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
20.11.2012 18:55 Forum: Das Tal

Diese schwarze Fähe war viel zu nachsichtig mit dem Welpen. Sie hätte ihn abservieren sollen – eiskalt! Er hatte Lust das zu sehen. Er hatte Lust zu sehen, wie anderen genau solch ein Unglück wiederfuhr. Aber zu ihm waren sie wieder herzlich und gutmütig, weil er ein kleiner Jammerlappen war. Er wollte sehen, wie die Fähe Gebraucht machte von ihrem Stolz. Sie machte nicht den Eindruck so eine Kümmergestalt zu sein wie der Kleine. Niemals, niemals würde sie diesen Zwerg attraktiv finden! Das ließ er auf keinen Fall zu. Vielleicht musste er dem Schauspiel etwas nachhelfen. Wenn er schon mal hier war, konnte er auch ein bisschen mitmischen.

„Verstehe ich dich also richtig. Du willst dich auf einen Wolf verlassen, der noch die Splitter seiner Eischale am Leib trägt?“
Er schlurfte mit den Läufen, es sollte einen kriegerischen Eindruck machen, ungeachtet seiner Wunden und Verletzungen, die ihn anhaltend schwächten.
„Dann bist du selbst verlassen, Wölfin!“

Ein Funkeln aus seinen finsteren Augen. Eigentlich hatte er noch ein böses Grinsen zu dem Kleinen herüberschicken wollen, aber dann wäre seine Rede nur unglaubwürdig geworden. Der Dunkle wollte es lieber etwas dramatisch halten. Er war älter als dieser Zwerg hier, vermutlich auch als sie. Sie sollte seine Ratschläge besser ernst nehmen, sonst stand sie mit einem Lauf im Dreck.
Ups! Hatte er jetzt etwa die Turteltour seines kleinen Freundes vermasselt?! Dass er auch immer so schlecht sein musste. Nein, den Jungwolf würdigte er keines Blickes. Aber ihm war der Oberlehrerblick von seinem großen Freund aufgefallen. Es kitzelte ihn, den Kerl mit in die Sache hineinzuziehen. Am Ende würde Takata herbeispringen und sich zwischen sie stellen. Herrlich. Aber besser nicht. Er brauchte noch etwas Ruhe. Außerdem ärgerte es ihn nach wie vor, dass er schon zu viel seiner Kraft in die unnötigen Aufziehversuche einer dummen kleinen Welpin investiert hatte.



( bei Teyjen & Shiro )
Thema: Kapitel VII – Neubeginn
15.11.2012 21:55 Forum: Das Tal

[Der Organisation zuliebe roll´ ich Skadis Aussagen von hinten auf.]

Tihar spielte den Desinteressierten. Musste ihn doch nicht kümmern, was die Alte für Opern quatschte. Die Wahrheit war, dass sein krankes Inneres sich haargenau für das Interessierte, was seine alte Erzfeindin zu ihm sagte. So viel Aufmerksamkeit hatte sie ihm noch nie geschenkt. Er richtete sich auf, mit dem Rücken zu ihr, sie sollte sein Mienenspiel nicht sehen und auf keine Art konnte er es besser verstecken als so. Oh um nichts in der Welt hätte er der alten Hexe ein Haar gekrümmt. Er hatte längst erkannt, dass er sie nicht auf physischem Wege besiegen konnte, durfte! Er musste sie mit anderen Waffen schlagen. Mit den Waffen des Intellekts. Leider war das nicht so einfach. Stellte er sich ihre geistige Stärke körperlich vor … war sie ein wahres Monster von einem Wolf! Ja, ja. Sie hatte es drauf. Gerade deshalb musste er jetzt aufpassen, was er sagte. Sie tat alles, um ihn auszubooten. Sie wollte ihn nicht mit Zähnen totbeißen, weil alle anderen sofort gewusst hätten, wer schuld war an seinem physischen Tod. Sie wollte ihn auf diese Weise zerquetschen, langsam und qualvoll. Das bereitete einer wie ihr auf perverse Art und Weise Freude. Wer war hier wirklich böse?!

„Du kannst mir nichts beweisen …“, grollte das Gewitter finster aus seinem mächtigen und doch so geschundenen Leib, den Kopf leicht nach hinten gedreht. Er konnte ihr den Rücken zuwenden. In den Abgrund stoßen würde eine wie sie ihn nicht. Sie machte sich nicht ihr feines Fell schmutzig!
„… weil ich dir nichts glaube!“

Wäre das nur so einfach gewesen. Was war das bloß für eine widerwärtige Kraft in seinem Innern, die nicht einfach erstarb, sondern jedes Zucken ausführte, dass die hinterlistige Fähe mit ihrer Folter ausübte.
Ihr kindisches „es gibt kein Gut und Böse“, erinnerte ihn furchtbar an Takatas Naivität. Bemerkte die das nicht? Aber auf ihr grau musste er anspringen, wenn auch mit wenig Motivation.

„Ich nicht“, grummelte er, beharrte auf sein Recht, böse zu sein! Außerdem stimmte es. Er war nicht grau, sondern schwarz! So schwarz wie böse! Öffne die Augen. Er konnte sie jetzt trotzdem schon gut genug einordnen und wusste, dass sie das nicht so dumm meinte, wie es klang. Takata hätte rosarote Blümchen verteilt, die eh immer aus ihrem Maul kamen, wenn sie sprach und sie alle mit ihrem Optimismus vollmanschte. Aber nicht Skadi. Die hatte anderes im Sinn und er machte es sich zur Aufgabe, mehr herauszufinden.

Schon dass er nicht einfach hinterhergesprungen war, um sich zu vergewissern, das dieser Freund von dem falschen Rüden auch wirklich tot war, dass sie ihn davon abhielt mit ihrem Geschwätz, war ein Punkt, der ohne einen Zweifel an sie ging. Und das machte ihn grimmig.
Und ob er mehr gesehen hatte als sie!

„Dämonen!“ Sollte sie es ja-a nicht wagen, ihn zu unterbrechen. Glaubte sie halt nicht an Gut und Böse. Er war das Böse und seine Dämonen waren es auch. „Behaupte nicht, es gibt keine Dämonen“, sprach er verärgert in Anspielung auf ihr Gut-und-Böse-Argument. „Ich wurde von zwei Dämonen zum Leben verdammt – geboren, wie ihr es nennt! Es war schon immer meine Bestimmung, zu hassen und gehasst zu werden. Ich ernähre mich von der Schwäche anderer. Ihr liebt die Blumen“, säuselte er und versuchte Schmerzen und Schwäche zu verdrängen, „ich liebe die Zerstörungskraft des Feuers.“ Er tat den Kopf etwas zur Seite, hoffentlich hörte sie ihm aufmerksam zu. Das waren Sachen, die konnte er Takata nicht in die Ohren quetschen, weil sie völlig resistent dagegen war. Nur Skadi hatte kapiert, dass von ihm Gefahr ausging. Sie glaubte ihm am ehesten. „Ich kann nur das … und das kann ich gut.“ Endlich einmal wieder konnte er ein finsteres Grinsen in die Welt entsenden. Aber es tat weh, sehr sogar. Und es war nicht aus Überzeugung entstanden. Ja, konnte er halt nichts anderes. Für die Guten war er nutzlos, weniger sogar. Ein Störenfried, ein unkalkulierbares Risiko. Was hatte er schon, wenn nicht den Hass? Die kindliche Liebe einer, die sowieso jedem ihr Herz schenkte? Das war nichts wert. Der Hass von Wölfen wie Zita bedeutete ihm weit mehr. Ein weiterer Grund, weshalb er Wölfe wie sie nicht einfach kaltstellte. Viel zu schade drum. Hatte man weit mehr von. Man musste sich seine Ration gut einteilen.

„Kümmergestalten wie Pilbim können nichts.“ Erneutes Feuer flackerte auf, es schenkte ihm Wärme, die er hier draußen verloren hatte. „Sie liegen nur herum und warten darauf, dass ihnen jemand Liebe in Form von Mitleid schenkt. Und ewige Blümchenzähler wie Takata springen drauf an. Ich aber habe mir euren Hass redlich verdient. Besonders deine Verachtung stärkt mich. Hab Dank dafür!“

Ein abwertendes Zischen. Ja, ausgelacht wirst du! Das hast du von deinem Hass. Entweder ganz oder gar nicht. Aber ließ sie ihn am Leben, dann würde sie sich selbst dafür verantwortlich machen müssen, dass es ihm besser ging. Er glaubte nicht, dass sie damit zurecht kam. Er war ein Störfaktor im Rudel. Genau das Gegenteil ihrer sorgsamen Planung. Oh wie er es liebte, ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen.

„Dämoneneltern, tote Geschwister … verlorene Herzen … tote Welpen. Mich könnt ihr nicht kleinkriegen. Ich habe alles schon durchgemacht. Schön war's nicht. Viel mehr abgrundtief … böse!“

Genug Futter für seine Feindin. Er hatte sich den Hass verdient gemacht. Er wollte jetzt endlich erleben, wie sie ihren Akt der Wut gegen ihn ausführte. Vielleicht stieß sie ihn vor lauter Abscheu ja doch noch den Abgrund hinunter. Aber selbst das war unwahrscheinlich. Außerdem war sein Körper zwar geschwächt und verletzt, aber immer noch nicht federleicht. Er ächzte leise und ließ seine Gliedmaßen erschlaffen, so gut es ging. Das hatte ihn beinahe schon wieder zu viel Kraft gekostet. Ohne Kraft ließ es sich schwerlich böse sein. Nein … so leicht kam er gegen eine wie Skadi nicht an, wenn er ihr nicht einfach den Kopf abreißen durfte … oder konnte.
Thema: Kapitel VIII – Gefahrenwege
01.11.2012 14:02 Forum: Das Tal

Schnaufen. Eigentlich Lachen. Aber nicht jetzt und nicht so.
„Wir folgen den Störchen, kommt mit!“
„Wir brauchen deine Hilfe, Takata!“
„Du bist so gut, du schaffst das auch allein, liebe Skadi!“

Glückwunsch. Skadi hatte es geschafft, seine weiße Freundin zu ihrem blinden Optimismus zurückzuführen. Als nächstes folgte die Naivität. Er stöhnte tief und ließ den Kopf über dem Boden hängen. Wenn sie nicht bald das große Storchenland erreichten oder sonst was geschah, setzte er wirklich einen Schlussstrich unter dem Ganzen. Dieses Geschleime ging ihm tierisch auf den Geist. Er wäre ja gar nicht mitgekommen. Aber so lange er sich nicht mehr angucken musste, wie der alte Lappen von allen bemitleidet und bemuttert wurde, ging es halbwegs. Und Takata hatte endlich aufgehört, ihn zu bemuttern. Vorerst. Sie hatte sogar etwas Pessimismus raushängen lassen. Doch Skadi arbeitete gegen ihn. Sie baute die Weiße wieder auf. Das wollte er gar nicht! Er musste sich überlegen, wie er ihr einreden konnte, dass sie besser gleich aufgeben sollte. Immerhin wollte er doch nur noch rasch das Finale sehen und dann selbst aus dem Leben treten, wobei ihm Skadi nicht hatte helfen wollen. Schade. Sie hätte so schön als Mörderin dagestanden und ihre Unschuld vernichtet. Takatas Weltbild wäre zerbrochen und alles hätte wieder in Scherben gelegen. Doch jetzt waren die beiden Weiber dabei, das ganze wieder zusammenzusetzen, nur damit es dann eh wieder zerbrach.
Der Dunkle schüttelte sich. Dabei spürte er wieder die Schmerzen an seinem Leib. Mit einem leisen Ächzen ließ er sich zurückfallen und fing ganz anderes Gerede auf.

Er warf ein Auge auf den weißen Rüden, der irgendwelche großen Reden spuckte, nur um im nächsten Moment mit dem Stottern anzufangen. Kaum dass er die Möglichkeit hatte überhaut zu begreifen, wem sein Genuschel galt, da sah er, dass der Begleiter von dem Großen rumstotterte. Aber der konnte ja auch gar nichts anderes. Er sprach offenbar diese schwarze Fähe an, die Fremde. Shiro hieß das Biest also. Machte den Eindruck, relativ selbstbewusst zu sein. Aber der Jungwolf war ein leichtes Opfer, selbst für einen geschwächten Kämpfer wie ihn. Um seine eigene Stärke wieder herzustellen, studierte er den Jungen, um zu sehen, wie er auf keinen Fall dastehen durfte. Immer länger sah er auf den Kleinen zurück, lief irgendwann fast neben ihm, etwas Distanz dazwischen, so ließ er sich besser beobachten. Fast machte er den Eindruck, die Fähe anbaggern zu wollen. Das war so herzerwärmend, dass er sich entschied, das als seine vorläufige Unterhaltung zu genießen. Tihar hatte die zwei Wölfe genau im Auge, besonders lag sein Augenmerk auf dem Jungen. Wie gern er ihm ein paar Turteltipps gegeben hätte. Am Ende hätte Shiro ihm die Augen ausgebissen. Schließlich war er der unangefochtene Meister des Hasses und nicht der Liebe.
Nur weiter so, Würmchen. Blamiere dich vor Shiro und deinem großen Freund. Gib mir einen Grund, bei euch zu bleiben. Einen lustigen Grund.

( erst bei Takata & Skadi, als nächstes bei Lynx, dann bei Teyjen & Shiro )
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